Karin Steinebrunner

Görwihl – Mit einem Lied über den badischen Großherzog Leopold, begleitet von dumpfen Trommelschlägen, stimmte Roland Kroell sein Publikum im Nestorhof in Rotzingen stimmungsvoll ein auf einen Abend mit Freiheitsliedern der Revolution von 1848, gefolgt von einem kurzen Exkurs zu den Salpeterern sowie einem Film über den Loch Heiri, einen unbeugsamen Blasiwalder Bauern, der zum Wilderer und schließlich von Amtmann und Forstaufseher erschossen wurde.

Es war Jacob Bannwarth, ein Urahn von Nestorhofwirt Herbert Brugger, der den badischen Revolutionär Georg Herwegh und seine Frau Emma vor dem Zugriff der Obrigkeit gerettet und ins schweizerische Rheinfelden gebracht hatte, wusste Kroell zu berichten. Immer wieder ergänzte der alemannische Barde seinen Vortrag von Revolutionsliedern durch den Einwurf von historischen Fakten und ließ so die aufregende Zeit um 1848 lebendig werden.

Friedrich Hecker, die große Symbolgestalt der Badischen Revolution, von dem etliche der vorgetragenen Liedtexte handelten, feierte zunächst auf der Zweiten Offenburger Volksversammlung einen großen Erfolg, der in der Verabschiedung eines revolutionären Programms gipfelte. Vom Reichstag in Frankfurt aber wurde er enttäuscht und beschloss, von Konstanz ausgehend einen revolutionären Aufstand zu organisieren. Im Verlauf dieses sogenannten Heckerzugs sammelten sich immer mehr Getreue um ihn, deren Weg über den Feldberg nach Schopfheim und schließlich bis Kandern führte. Auch die Herweghs wollten sich ihm mit einer Gruppe von Gleichgesinnten anschließen, aber sie kamen zu spät, die Schlacht gegen die dort aufmarschierten hessischen Soldaten war bereits verloren. In diesem Zusammenhang steht die schon erwähnte Flucht des Ehepaares Herwegh.

Der Dichter Georg Herwegh, 1817 geboren, war, wie Kroell berichtete, quasi ein Superstar. Mit seinen polemischen Gedichten über die Obrigkeit machte er Furore, etwa seinem Schmähgedicht über den neuen Reichstag, dessen Refrain „Im Parla-Parlament das Reden nimmt kein End“ Kroell vom Publikum im Nestorhof gleich mitsingen ließ. Herwegh geißelte auch weiterhin den Machthunger er zahlreichen Regenten und die damit verbundene Zersplitterung Deutschlands, griff aber nie wieder aktiv in die Politik ein.

Er machte aber dem Volk auch Mut, beispielsweise mit seinem als das Arbeiterlied schlechthin bekannt gewordenen Vers „Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will“. Kroell indes stimmte mit den Gästen zusammen ein anderes wohl nahezu jedem bekanntes Freiheitslied an, „Die Gedanken sind frei“, sang aber auch provokante Stücke wie „Hallo zum wilden Jagen auf jedes Kronentier“.

Nach der Niederschlagung der Revolution wanderten viele demokratisch Gesinnte nach Amerika aus, und auch die allgemeine Verarmung auf dem Wald bewegte viele Bauern dazu auszuwandern, was Kroell mit einem Werbungslied kommentierte, das die Neue Welt in verheißungsvollen Sätzen schildert. Für seinen Vortrag von „Amazing Grace“ auf einem Irischen Dudelsack schließlich erntete er Bravorufe aus dem Publikum.

Nach einer kurzen Pause erzählte Roland Kroell in wenigen Sätzen die Geschichte der Salpetereraufstände im Hotzenwald als einer weiteren großen Freiheitsbewegung, die mit der Zwangsaussiedlung der Salpeterer und ihrer Familien ins Banat endete und stimmte das „Halunkenlied“ über die Salpeterer in Herrischried an, bevor er den Film des freiheitsliebenden Heinrich Isele aus dem Blasiwalder Ortsteil Loch, genannt Loch Heiri, zeigte.

In den von Kroell 2014 verfassten Zusammenschnitt flossen ein 1984 gedrehter Film, in dem er den Titelhelden verkörperte, ein Hörspiel von 1991 und Interviews mit Bürgern von Blasiwald ein, sowie die aktuell nochmals neu aufgezeichnete Ballade, die er über den Loch Heiri geschrieben hatte und zu deren Melodie er sich auf einem Hexenscheit begleitete. Auch Loch Heiri hatte seine Gefährten um sich geschart, um zu Hecker nach Kandern zu stoßen.

Nach dem Scheitern des Heckeraufstandes wurden ihm Hof und Äcker gepfändet, um ihn zum Auswandern zu bewegen. Er aber blieb, brachte seine Familie über 20 lange Jahre hinweg mit Wildern durch, nachdem seine eigene Jagd leergeschossen war, und wurde schließlich am Zweiten Weihnachtstag 1867 gestellt und erschossen.