Ein dreiviertel Jahrhundert ist nach Ende des Zweiten Weltkrieges vergangen. Der 8. Mai 1945, der Zeitpunkt der Kapitulation der deutschen Wehrmacht, beendete einen mörderischen Krieg, der in aussichtsloser Situation bis zur letzten Sekunde mit unerbittlicher Härte geführt wurde. Zu Hitlers letztem Aufgebot gehörte der 17-jährige Franz Baumgartner, geboren am 21. Juli 1927, gefallen am 22. April 1945 in Krauchenwies bei Sigmaringen.
Obwohl der Krieg verloren war, wurde er als Kanonenfutter sinnlos und voller Menschenverachtung für die nationalsozialistische Ideologie geopfert und in den Tod geschickt. Er ist ein Gefallener unter vielen Millionen, doch für die Eltern und Angehörigen war er ihr Sohn, den sie geliebt haben und dessen sinnloser Tod unbegreiflich bleibt. Die Tragik des Todes dieses jungen Menschen wird lebendig, wenn Max Baumgartner über das kurze Leben seines Bruders berichtet.
Franz Baumgartner besuchte, wie die übrigen Kinder des Dorfes in Harpolingen die Volksschule. Da viele Männer im Krieg waren, half er in der elterlichen Landwirtschaft mit. Nach der Schulentlassung an Ostern 1941 absolvierte er eine dreijährige Lehre als Kaufmann beim Sägewerk Karl Rügner in Murg.
Natürlich war er, wie alle seiner Alterskameraden während der Schulzeit Mitglied des Jungvolks und anschließend der Hitlerjugend. Die Teilnahme am Wehrertüchtigungslager in der Nähe von Appenweier rundete die vormilitärische und ideologische Ausbildung des Jugendlichen durch die Nazis ab.
Zwei Monate vor Kriegsende
Bis dahin entspricht der private und berufliche Lebensweg von Franz Baumgartner den Lebensumständen und dem Geist jener Zeit. Das Datum, das sein Leben grundlegend verändern sollte, war der Februar 1945, zwei Monate vor Kriegsende. Franz Baumgartner wurde in die Jägerkaserne nach Konstanz eingezogen. Zwei Tage vor seinem Tod, am 20. April, besuchten der Vater Josef Baumgartner und der Fuhrunternehmer Franz Huber aus Murg, den 17-jährigen Soldaten. „Franz hat wie ein kleiner Junge geweint, wie wenn er den nahen Tod geahnt hätte“, so deutete Josef Baumgartner die Tränen seines Sohnes bei seinem Besuch in Konstanz.
Von der Überlegung seinem Sohn Zivilkleider mitzubringen und ihn auf dem Laster zwischen der Ladung zu verstecken, nahm der Vater Abstand, weil der militärische Vorgesetzte einen Einsatz zu diesem Zeitpunkt ausschloss. Außerdem war das Gebiet am Randen von Angehörigen der SS stark bewacht, so dass bei einer Kontrolle entdeckt zu werden, den sicheren Tod bedeutet hätte.
Zeit der Ungewissheit
Bis September 1945 mussten Eltern und Geschwister die Ungewissheit ertragen, ob ihr Sohn/Bruder noch lebt oder ob er sich in französischer Kriegsgefangenschaft befindet. Anfragen bei Kirche, Rathaus oder Militär blieben ohne Antwort. Erst ein Laufenburger erfuhr durch Zufall bei einem Verwandtschaftsbesuch in Krauchenwies vom Tod des Harpolingers und teilte diese traurige Nachricht dem Harpolinger Bürgermeister Anton Vökt mit. Die Kunde verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Dorf und jetzt wussten auch die Angehörigen: Franz ist gefallen.
Wie er gefallen ist berichteten Augenzeugen aus Krauchenwies. Zwei Tage war der 17-Jährige im Einsatz. Als Wachposten im Park des Fürsten von Fürstenberg suchte er beim Einmarsch der Franzosen hinter einem einzelnen Baum Deckung. Als diese ihn bemerkten, mähten sie mit MG-Salven das Gebiet ab und Franz Baumgartner und ein Kamerad wurden tödlich getroffen. Mangelhafte Ausbildung sowie Gehorsam bis zur letzten Sekunde kosteten diesen jungen Menschen das Leben. Deckung in dem Flüsschen Ablach oder in einem Graben, hätten vielleicht die Rettung bedeutet.
Die Eltern wollten das Gedächtnis auf dem Heimatfriedhof in Obersäckingen pflegen. Nach Erteilung der Genehmigung durch die französische Besatzungsmacht und nachdem ein Lieferwagen gefunden war, damals noch mit Holzvergaser, wurde der Leichnam im November 1945 überführt. Der Sarg befand sich nach sieben Monaten in einem so schlechten Zustand, dass er auseinanderbrach und ersetzt werden musste.