Abend für Abend werden kurz nach 20 Uhr Kisten um Kisten durch das kleine Tor bei der früheren Minigolfanlage im Schlosspark geschleppt. Ziel: Ein kleiner abgeteilter, blau gestrichener Bereich neben dem Kinderspielplatz. Wer sich hier zu später Stunde zu schaffen macht, befüllt den Schlössli Fairteiler mit Lebensmitteln, die in Lebensmittelmärkten am nächsten Tag nicht mehr verkauft werden können. Sie würden im Müll landen, obwohl sie nicht verdorben sind. Darunter sind Brot und andere Backwaren, Obst, Gemüse und Milchprodukte.

Domenica Kundel, Koordinator Bernhard Stehle und Stefan Meier, Vorsitzender der StadtOasen (von links) aus dem Fairteiler Team, vor dem ...
Domenica Kundel, Koordinator Bernhard Stehle und Stefan Meier, Vorsitzender der StadtOasen (von links) aus dem Fairteiler Team, vor dem gut gefüllten Trockenschrank und Kühlschrank im Schlosspark. Die ersten Neugierigen warten an diesem Sonntagmorgen bereits darauf, sich mit Lebensmitteln für ein verspätetes Frühstück, Mittag- oder Abendessen einzudecken. Eine gute Stunde später haben die meisten Lebensmittel in den hier noch gut gefüllten Kisten bereits neue Abnehmer gefunden, denn die Ware von Alnatura ist unter den Stammgästen, die den Fairteiler regelmäßig besuchen, beliebt. | Bild: Marion Rank

Im Juni 2018 richteten der Bad Säckinger Verein Stadtoasen und die Stadt Bad Säckingen für das Projekt Fairteiler einen öffentlichen Kühlschrank für Lebensmittel im Schlosspark ein. Das Ziel: der Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung. Jeder, der Lebensmittel hat und sie nicht braucht, kann sie abgeben. Etwa weil er in den Urlaub geht oder mit dem Überschuss an Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten überfordert ist. Wer diese Lebensmittel brauchen kann und verzehren will, darf sie sich nehmen. Kostenlos. Denn teilen statt wegwerfen heißt die Devise beim Fairteiler. Nehmen, nicht nur geben, ist ausdrücklich erwünscht.

Es kann auch passieren, dass Trocken- und Kühlschrank leer sind, besonders an Feiertagen oder wenn keine Ware von den ...
Es kann auch passieren, dass Trocken- und Kühlschrank leer sind, besonders an Feiertagen oder wenn keine Ware von den Lebensmittelgeschäften kam. Cornelia Kammerlander, im Stadtoasen-Vorstand, und Stefan Meier, Vorsitzender der Stadtoasen, kümmern sich um die Anlage. | Bild: Marion Rank

Abend für Abend holt jemand aus dem rund 15 Personen umfassenden Verteilerteam Lebensmittel bei Alnatura in Bad Säckingen ab. Das geht erst spät am Abend, wenn die Ware aussortiert ist, die nicht mehr verkauft werden darf. Die Ware wird umgepackt und zum Schlosspark gebracht. Um kurz nach 20 Uhr treffen an diesem Montagabend der Koordinator des Fairteilers, Bernhard Stehle, und Marius Mayer ein. Sie freuen sich, ihre Kisten sind voll mit Lebensmitteln: Bananen, Ananas, Orangen, Äpfel, Brokkoli, Auberginen, Salat, Kartoffeln, Brot oder Brötchen.

So präsentiert sich die neue Nutzung des ehemaligen Minigolfplatzes im Schlosspark: Oben der Kinderspielplatz und unten der Fairteiler.
So präsentiert sich die neue Nutzung des ehemaligen Minigolfplatzes im Schlosspark: Oben der Kinderspielplatz und unten der Fairteiler. | Bild: Marion Rank

Bernhard Stehle erklärt seinem Kollegen Marius Mayer, der zum ersten Mal dabei ist, das Prozedere. Sie überprüfen, ob alles für den Trocken- oder Kühlschrank geeignet ist, verteilen die Ware und richten sie ansprechend an. Ein Foto von der Ware wird für die WhatsApp-Gruppe gemacht, damit jeder sieht, was da ist.

So „circa eine Stunde“ dauere das Ganze täglich, erklärt Bernhard Stehle. Jeden Tag, außer Sonntag, egal wie das Wetter ist. Kühlschrank und Trockenschrank werden täglich gereinigt. Was nicht mehr für die Verwertung taugt, wird aussortiert für Biotonne oder Müll. Alkohol darf nicht in den Fairteiler, da er für jeden, auch für Kinder und Jugendliche zugänglich ist, erklärt Stefan Meier, Initiator des Fairteilers und Vorsitzender der Stadtoasen, der die Beiden erwartet hat.

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„Der Fairteiler wird super angenommen“, so Meier. Speziell samstags, zwei Stunden später sei alle Ware weg. Samstags gibt es auch Ware vom Lebensmittelgeschäft Mutter aus Görwihl, darum kümmert sich die Murgerin Cornelia Kammerlander, die sich im Vorstand der Stadtoasen und bei Murg im Wandel engagiert. Sie holt die Ware in Görwihl mit einem my-e-car Stadtmobil von CarSharing Südbaden, das die Initiative FoodSharing unterstützt und bringt sie gegen 13 Uhr in den Schlosspark. Auch sonntags werde der Fairteiler rege besucht, so Meier. „Die Leute warten schon, wenn wir öffnen.“

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Am beliebtesten seien Milchprodukte von Alnatura, erzählt Meier. „Joghurt und Milchprodukte sind schnell weg.“ Das muss auch eine Rentnerin feststellen, sie nimmt daher nur Brot und Obst mit. „Ich komme einmal pro Woche, meist sonntags, vorbei. Die 81-Jährige kommt aus finanziellen Gründen hierher, hat keine große Rente. „Über Alnatura Lebensmittel, vor allem Milchprodukte, freue ich mich besonders.“

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Kaum ist sie weg, kommt eine Frau mit E-Bike, sucht sich einen Salat, zwei Orangen und einen kleinen Radicchio aus. „Das Überraschende und Spielerische gefällt mir“, sagt die 62-Jährige aus Obersäckingen lächelnd, „wie beim Bücherschrank. Wenn man eh in der Stadt ist, ist es ein netter Anlass, hier vorbeizuschauen. Ich finde die Idee der Tauschbörse gut. Wenn man beispielsweise Obstbäume hat, ist das eine Alternative, anstatt alles wegzuschmeißen. Mir gefällt, dass jeder hierherkommen kann, anders als bei der Tafel.“ Sie komme ein- bis zweimal in der Woche vorbei, erklärt sie.

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Schon steht der Nächste da, sieht sich um. Der 60-Jährige kommt oft am Wochenende zum Fairteiler, holt sich hauptsächlich Gemüse, Milchprodukte und Salat. Doch er hole nicht nur Lebensmittel, sondern er bringe auch welche, erzählt er. Bernhard Stehle und Stefan Meier freuen sich über den regen Zuspruch, auch wenn das Ganze mit einem „großen logistischen Aufwand“ verbunden sei, wie Meier sagt. Er hofft auf ein Lastenfahrrad, mit dem die Ware künftig anstatt mit dem Auto abgeholt werden könne.

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Wichtig ist Meier, dass der Fairteiler keinesfalls eine Konkurrenz zum Tafelladen sein soll. Aber es würden viele Leute kommen, die nicht viel Geld zur Verfügung haben, weiß Meier. Mit dem Bad Säckinger Tafelladen habe man sich im Übrigen abgesprochen. Zudem gebe es eine offizielle Kooperation mit den Tafelläden Deutschland und FoodSharing, sagt Meier.

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Den Standort für den Fairteiler im Schlosspark findet er ideal, nur der Verteilerdienst habe einen Schlüssel, verschließe nach der Anlieferung das Tor zur Straße hin. Die Öffnungszeiten sind denen des Schlossparks angepasst. Erst morgens wird wieder geöffnet, um Zerstörungen entgegenzuwirken. Da der Schlosspark nur zu Fuß erreichbar ist, werde Hamsterei verhindert.

Das ist bei der Nutzung zu beachten

  1. Was darf in den Fairteiler? Obst, Gemüse, Brot, Brötchen, verpackte trockene Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Nudeln, Reis, Konserven und Gläser, Lebensmittel nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums, aber nicht nach Ablauf des Verbrauchsdatums.
  2. Was darf nicht in den Fairteiler? Angebrochene Lebensmittel oder Reste von Selbstgekochtem, angefaultes Gemüse oder Obst, Schimmelbefallenes, Alkohol, kein Geschirr, keine Kochgegenstände oder andere Küchenutensilien.
  3. Was darf in den Kühlschrank? Original verpackte (verschweißte) Lebensmittel, die gekühlt werden müssen, Joghurt und Milchprodukte, ungeöffnete Getränke. Fertiggerichte wie Nudel- oder Kartoffelsalate, Kuchen mit nicht durchgebackener Füllung wie Bienenstich, Creme- oder Sahnetorten, dürfen nur gekühlt in den FairTeiler.
  4. Was darf nicht in den Kühlschrank? Alkohol, Hackfleisch, Schweinemett, offenes Fleisch oder Wurst, Produkte aus nicht erhitzter Rohmilch, frisch Zubereitetes mit Ei, Cremes und Pudding sowie Produkte mit Mayonnaise.
  5. Wie erfahre ich, was im Fairteiler zu finden ist? In der WhatsApp-Gruppe Fairteiler Bad Säckingen kann jeder sehen, welche Lebensmittel am Abend angeliefert wurden. Den aktuellen Stand sieht man erst vor Ort.