Künftig müssen die Gaststätten in der Färberstraße am Wochenende um drei Uhr und unter der Woche um ein Uhr schließen, der Gemeinderat hat dies am 1. Februar mehrheitlich beschlossen.
Die Stadträte haben sich damit für eine etwas liberale Linie entschieden, als es die Stadtverwaltung vorgegeben hat: Weil die Ruhestörungen und andere Delikte in den vergangenen Jahren stark angestiegen sind, sollten unter der Woche die Kneipen und Gaststätten ab 1 Uhr (bisher 3 Uhr), in der Nacht zu Samstag und Sonntag um 2 Uhr (bisher 5 Uhr) schließen.
Auch vor einem Feiertag gilt die Regel
Die Freien Wähler haben beantragt, dass die 3-Uhr-Regel auch vor gesetzlichen Feiertagen gilt – dieser Antrag ist mit großer Mehrheit (25 Ja- und elf Nein-Stimmen) angenommen worden.
Es war das Aufreger-Thema gleich zu Beginn des neuen Jahres: Soll die Sperrzeit in der Färberstraße in Villingen verlängert werden und die Wirte ihre Kneipen damit früher schließen? Eine schwierige Gratwanderung zwischen dem Schutz der Anwohner vor Lärm, dem Bedürfnis der Bürger abends auszugehen und der Existenz der Gaststätten.
Stadt hat auch Konzessionen entzogen
Eingangs der Debatte betonte Oberbürgermeister Jürgen Roth, dass man mit der Färberstraße einen ganz besonderen Bereich in der Stadt habe, der viel und oft besucht werde. „Wir haben Schank- und Speisewirtschaften, die eine tolle Arbeit machen.“ Aufgrund der vielen Besucher entstehe oft eine Situation, in der Lärm nicht eindeutig zuzuordnen sei. „Nichts ist einfacher, als zu sagen, dann schafft doch Ordnung“, so Roth, aber genau das sei enorm schwierig. Roth betonte, dass es nur Gaststätten gebe, die Speise und Getränke ausgeben.

Keine Musikkneipen
„Wir haben keine explizite Musikkneipe oder gar eine Disco“. Der Gesetzgeber habe den Kommunen vorgeschrieben, wie viele Dezibel sie ab 22 Uhr zulassen dürfen. Wo kein Kläger sei, könne das gut gehen – in der Färberstraße aber seien 50 Anlieger auf die Stadt zugekommen und hätten sich beschwert. „Da müssen wir reagieren.“
Die Stadt habe auch Kneipen geschlossen und Konzessionen entzogen. Im Verwaltungsausschuss habe man jetzt versucht, einen Kompromiss auszutarieren. Roth betonte, dass man auch mit diesem Kompromiss keine Garantie habe, dass dies vor Gericht Bestand hat. „Aber wir glauben, dass wir so gut aufgestellt sind.“
Letzte Möglichkeit der Befriedung
Klaus Martin (CDU) wies nochmals auf die schwierige Situation hin: Wir werden zwischen den unterschiedlichen Standpunkte zerrieben.“ Er sieht in der Verlängerung der Sperrzeit die letzte Möglichkeit, die Färberstraße zu befrieden. „Wir wollen das nicht als Gängelung sehen, wir wollen die Leute auch nicht ärgern.“
Oskar Hahn von den Grünen betonte, wie wichtig es sei, die ganze Sache in einem Jahr nochmals zu überprüfen. Er stellte einen Antrag, für eine Sperrzeit ab zwei Uhr, dieser Antrag fand aber keine Mehrheit.
Färberstraße hat Tradition
Tobias Kratt von den Freien Wählern erklärte, dass die Hintergrundsituation bekannt sei: „Wohnen, schlafen, erholen und gleichzeitig Party machen ist schwierig unter einen Hut zu bekommen.“ Die Färberstraße gebe es aber nicht erst seit gestern, „das hat Tradition“. Durch den Kompromiss zeige man Anwohnern und Gastronomen, dass man sie ernst nehme. Er stellte dann noch den Antrag, die 3-Uhr-Regel auch vor gesetzlichen Feiertagen anzuwenden. Man müsse sorgfältig schauen, ob sich die Szene dorthin verlagere, wo Kneipen bis fünf Uhr geöffnet haben.
Alle an einen Tisch
Nicola Schurr von der SPD fand auch, dass es ein schwieriges Thema sei. Hilfreich seien zumindest detailliertere Informationen für das Gremium gewesen, um zu wissen, von wo die Ruhestörungen tatsächlich ausgehen und was der Kommunale Ordnungsdienst und die Polizei geahndet hätten.
Sein Wunsch: Alle an einen runden Tisch, Konzepte zur Befriedung erarbeiten, mehr zu tun, als nur an der Sperrzeitenschraube zu drehen. Dem Kompromissvorschlag aus dem Verwaltungsausschuss und dem Antrag der Freien Wähler, diese Lösung auch auf Wochentage vor Feiertagen auszuweiten, unterstütze die SPD.

Sperrzeitverlängerung als Kollateralschaden
Für Frank Bonath von der FDP verursache die Sperrzeitverlängerung einen hohen „Kollateralschaden“. Es stehe außer Frage, dass Villingen-Schwenningen „eine Institution“ wie die Färberstraße in Zeiten des Fachkräftemangels auch als Standortfaktor dringend benötige. Der Gemeinderat zerstöre eine gewachsene Struktur und: „Wir lösen das Problem nicht, wenn wir so entscheiden.“ Das Problem werde sich verlagern und dann müsse man die Debatte erneut führen.
Jugend will auch mal länger weggehen
Jugendgemeinderat Jakob Swietlik sagte während der Sitzung über die Färberstraße: „Das ist ein Ort, wo man sich auch mal treffen kann mit seinen Freunden.“ Eine Stadt solle die Möglichkeit bieten, dass man auch mal etwas länger unterwegs sei.
Interessensgegensätze ausgleichen
Die AfD hörte sich, so Olaf Barth, bei einigen Wirten um – demnach könnten sie mit einer Sperrzeit am Wochenende ab 3 Uhr leben, keineswegs aber mit einem Sperrzeitbeginn um 2 Uhr. Das spreche für den Kompromiss aus dem Ausschuss. Er betonte: „Wir müssen die Interessensgegensätze ausgleichen.“