Der Traum vom Museumsquartier: Dort wo das Unternehmen Bürk Weltgeschichte schrieb soll im ehemaligen Fabrikgebäude nicht nur das Uhrenindustriemuseum zu finden sein, sondern auch die städtische Galerie und das Schwenninger Heimatmuseum. Ein Traum, der einst mit 11,5 Millionen Euro veranschlagt war.

Doch diese Zahl stammt aus dem Herbst 2021 und seither sind die Kosten nicht nur ein bisschen gestiegen, sondern sie haben sich beinahe verdoppelt. „Die immensen Kostensteigerung treiben uns mehr als nur Schweißperlen auf die Stirn“, sagt Dirk Sautter (CDU) in der Sondersitzung des Gemeinderates.

An diesem Abend soll es eigentlich um die Zukunft des ehemaligen Einkaufszentrum Rössle gehen, in dem Verwaltung, Volkshochschule und eine große Bibliothek wieder für Leben sorgen sollen. Das Bürk-Areal ist eigentlich kein Thema.

Doch in der Kommunalpolitik sollten nicht nur einzelne Leuchtturmprojekte betrachtet werden, sondern auch das große Ganze – besonders vor der wichtigsten Frage: Wie soll das alles bezahlt werden?

Rössle: Großes Projekt, große Kosten

Denn obwohl das Rössle-Projekt erst ganz am Beginn steht und es noch nicht einmal eine Hausnummer für die Kosten gibt, ist klar: „Das bekommen wir nicht für 5,50 Euro“, wie es Klaus Martin (CDU) ausdrückt.

Das leerstehende Rössle-Areal in Schwenningen.
Das leerstehende Rössle-Areal in Schwenningen. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Stellt sich also die Frage: Kann sich die Stadt derartige zwei Großprojekte in Schwenningen leisten, wenn es doch noch so viel anderes zu tun gibt? Das Theater am Ring, das Beethovenhaus ...

Oder der Kindergarten Wilhelmspflege. „Ich habe schon vor 17 Jahren zum Verantwortlichen gesagt, dass er den Kindergarten schließen muss, weil die Stadt sonst gar nichts tut“, sagt Frank Banse (SPD). Beispielsweise dürfe man nicht mehr in den Keller – Schimmelpilz. Der Kindergarten ist nicht bald abgängig, sondern schon lange.

Doch nun wird die Kita aufgrund des baufälligen Gebäudes geschlossen, weitere 50 Plätze fehlen. Neue Betreuungsmöglichkeiten sollen in der Bürkstraße 1 geschaffen werden, wo ein fünfgruppiger Kindergarten geplant ist.

Oder vielleicht doch lieber im Rössle, wo die Stadt ja auch 18 Plätze für die Tagespflege unterbringen will. Oder die Wiese hinter dem Rössle, wo noch Platz wäre und der Mauthepark nicht angetastet werden müsste.

Jeder will das Bürk-Areal, doch nicht um jeden Preis

Doch zurück zum Bürk-Areal: Dass es ein wünschenswertes Projekt ist, daran zweifelt auch im Gemeinderat niemand. Aber das Problem sind eben die Kosten. „Wir haben keine großen Änderungen im Konzept oder irgendwelche Nice-to-have-Dinge“, sagt OB Jürgen Roth. Doch die Baupreisentwicklungen machen auch vor dem Museumsquartier nicht halt.

OB Jürgen Roth
OB Jürgen Roth | Bild: Hans-Jürgen Götz

Die Wohnungsbaugesellschaft (WBG) sollte eigentlich das Projekt realisieren, die Stadt über 250.000 Euro Miete die Kosten dann über Jahre hinweg zurückzahlen. „Allein die Teuerung führt zu einer Veränderung des Mietzinses“, so Roth. Aktuell gebe es auch keine Beschlussgrundlage, mit der die WBG mit dem Projekt beginnen könne.

Vieles hängt davon ab, ob das Bürk-Areal einen Zuschuss bekommt

Und es gibt noch einen offenen Punkt: Bis März soll die Entscheidung fallen, ob das Projekt mit einem bis zu 45-prozentigen Zuschuss durch das Programm „Sanierung kommunaler Einrichtungen für die Bereiche Sport, Jugend und Bildung“ gefördert wird. „Wenn wir den bekommen, ist alles gut“, sagt Roth. Wenn nicht, stellt sich eben die Frage der Finanzierung.

Auf diese Frage möchte die CDU vorbereitetet sein: „Wir glauben nicht, dass wir beide Projekte zeitgleich realisieren können“, sagt Dirk Sautter (CDU). Nein, man wolle nicht schon an diesem Abend priorisieren, aber die Grundlagen schaffen für den Tag, der seiner Meinung nach sicher kommen werde. Daher die Frage: Könnte die städtische Galerie und der Kindergarten auch im Rössle untergebracht werden?

Bürk-Areal ist die DNA von Schwenningen

Doch nicht alle teilen diese Gedanken: „Wir sind beim Bürk-Areal schon so weit gekommen“, sagt Ulrike Salat (Grüne). Die städtische Galerie aus dem Konzept herauszulösen, sei eine schlechte Idee. „Wir glauben an das Gesamtkonzept. Das ist die DNA von Schwenningen.“ Ihrer Meinung nach sei es zu früh, um Anträge zu stellen.

Blick auf das Bürk-Areal in Schwenningen im Oktober 2020.
Blick auf das Bürk-Areal in Schwenningen im Oktober 2020.

Ähnliche Stimmen kommen aus der SPD-Fraktion: „Beim Bürk-Areal geht es um die kulturelle Identität eines Stadtteils“, sagt Nicola Schurr. Man könne keinen Beschluss kippen, weil man glaubt, dass es vielleicht billiger werde. Für die SPD gelte: „Wir wollen nicht einfach das eine machen und das andere lassen.“

Die Sache mit den Wünschen und dem lieben Geld

Doch das kann man auch ganz anderes sehen: „Wenn wir genug Geld hätten, würden wir alles machen“, sagt Andreas Flöß (Freie Wähler) und fügt hinzu: „Aber wir haben nicht genug Geld.“ Man könne sich viel wünschen, aber eben nicht alles leisten.

Und er wüsste auch nicht, ob die WBG sich überhaupt noch das Bürk-Areal leisten könne. „Irgendwann kommt der Wirtschaftsprüfer der WBG und dann hätten wir für die Städtische Galerie wenigstens einen Plan B.“

Man müsse mit dem städtischen Geld so umgehen, als sei es das eigene. „Jeder will doch alles, aber wir können das Geld nicht so rausschmeißen.“

Das könnte Sie auch interessieren

So geht es weiter

OB Jürgen Roth wird nun in Verhandlungen mit der HBB, dem Eigentümer des Rössle-Einkaufszentrums gehen. Das Projekt soll mit Fakten und Zahlen versehen werden. Die Verwaltung wird prüfen, ob sich sowohl die städtische Galerie als auch der Kindergarten im Rössle unterbringen lassen.

Wobei die Entscheidung, einen Kindergarten neu zu bauen, nicht auf Eis gelegt wird. Die Planungen sind so weit fortgeschritten, dass die Arbeiten bald ausgeschrieben werden können. Aber es ist auch denkbar, dass der Kindergarten anstatt in der Bürkstraße auf der Wiese hinter dem Rössle realisiert werden könnte.

Und beim Bürk-Areal? Da heißt es warten, bis die Frage mit dem Zuschuss geklärt ist.