Ein Leitmotiv – und ausnahmsweise kein musikalisches – bestimmte das mobile Wunschkonzert, das sich von Sonntagvormittag bis zum Abend durch die ganze Stadt Wehr, beginnend in Brennet über Öflingen bis in die Kernstadt hinein, zog: „Halten Sie durch, Corona ist bald überstanden“, gab Kulturamtsleiter Frank Johannes Wölfl in jeder Anmoderation den Zuhörern mit auf den Weg. Diese blieben, wie vorgeschrieben, brav am Fenster und durften sich über zahlreiche musikalische Muntermacher freuen.

Wenn die Witterung ein Omen für die Bewältigung der Corona-Krise ist, darf man in der Tat guten Mutes sein. In der vergangenen Woche sah es noch ziemlich düster aus, und bis Samstag stand keineswegs fest, ob das Konzert stattfinden konnte. Doch rechtzeitig am Sonntagmorgen erstrahlte der Himmel in Blau, die Vögel zwitscherten, und die Temperaturen blieben im angenehmen Bereich. Eigens aus Frankfurt am Main angereist waren der Pianist Georgi Mundrov – eine Konstante im Wehrer Kulturleben – sowie der Klarinettist und Saxophonist Roman Kuperschmidt, die ein wahres Mammutprogramm zu bewältigen hatten, das zum Teil auch eher prosaischer Natur war: Ständig galt es, die Bühne auf- und abzubauen, Stromkabel in die Häuser zu legen und den Soundcheck vorzunehmen.

Unterstützung erhielten sie von dem Fahrer des Traktors, Andreas Schlachter, seines Zeichens Mitarbeiter des Technischen Dienstes und Stellvertretender Vorsitzender der Stadtmusik: „Das Wunschkonzert ist eine gute Idee, das unterstütze ich gerne, vor allem, weil auch wir Stadtmusiker die Konzertauftritte sehr vermissen“.
Frank Johannes Wölfl hatte im Vorfeld zahlreiche Musikwünsche eingesammelt. Insgesamt waren mehr als drei Dutzend Konzertauftritte vorgesehen, doch man musste am Nachmittag die Route ein wenig abkürzen, da sich die vorangegangenen Auftritte etwas in die Länge gezogen hatten. Daher sah sich der Kulturamtsleiter gegen Mittag gezwungen, Wünsche nach Zugaben freundlich, aber bestimmt abzulehnen: „Nix Zugabe, wir müssen weiter.“ Die klassisch ausgebildeten Musiker bereiteten ihren Zuhörern nicht nur mit ihrem Können, dem beschwingten Spiel und dem breit gefächerten Repertoire Freude, sondern auch mit Witz und Charme.

„Wir beginnen in d-moll, weil in Corona-Zeiten vieles de-moliert ist“, so Kuperschmidt. Als sich eine Zuhörerin „etwas Klassisches“ wünschte, erwiderte das Duo prompt: „Ihretwegen mussten wir üben“, bevor sie einen bunten Strauß von Johann Strauss-Walzern in der ungewöhnlichen Klangkombination Synthesizer und Klarinette/Saxophon ablieferten.
Im Öflinger Wohngebiet sorgten sie mit „Rock around the clock“ für Stimmung und gaben einem Geburtstagskind spontan ein Ständchen, während in der Wehratalstraße auf Wunsch der Bewohner Klezmer-Musik erklang, die auch dem Geschmack der Musiker hörbar entgegen kam. In der Hauptstraße von Öflingen musste Wölfl nicht nur als Animateur (“Tanzen und singen Sie mit, machen Sie Fotos, teilen Sie diese in den sozialen Netzwerken“) auftreten, sondern auch als Hüter der öffentlichen Ordnung, da sich bei Kaiserwetter doch einige Radfahrer und Fußgänger eingefunden hatten, so dass er an die Abstandsregeln erinnern musste.
Neben den Auftritten vor privaten Wohnhäusern waren den Organisatoren vor allem die Besuche vor der Seniorenresidenz Adler, der Bürgerstiftung und dem Haus der Diakonie in Öflingen wichtig, denn deren Bewohner leiden besonders unter dem Besuchsverbot. Schon eine geraume Zeit, bevor der Musiktross ankam, hatten sie sich auf der Dachterrasse versammelt, und es bedurfte nicht vieler aufmunternder Worte, um sie zum Klatschen und Mitsingen zu bewegen.

Temperamentvolle Rockmusik, einen Ausschnitt aus „Cats“ und den sicher nicht ohne Hintersinn gespielten Hit „What a wonderful world“ brachte das Duo zu Gehör, und Frank Wölfl verabschiedete sich wie bei jedem Auftritt mit dem Wunsch: „Bleiben Sie gesund.“