Wehr – Als berühmter Spross einer aus dem Aargau stammenden Adelsfamilie ist Rudolf von Habsburg in der Region hinlänglich bekannt. Oder etwa doch nicht? Im Rahmen ihrer Reihe „Museumsgeflüster“ widmete sich Inge Hemberger nicht nur dem Leben und Wirken des Römisch-deutschen Königs, sondern auch den Spuren, die Rudolf in der Sagenwelt und der hohen Literatur hinterlassen hatte – etwa in Schillers Ballade „Der Graf von Habsburg“.

Die Wertschätzung der Geschichte und der Literatur liegt der Stadtführerin sehr am Herzen. „Das Mittelalter mag uns zunächst fremd erscheinen, aber wir verstehen die Gegenwart viel besser, wenn wir die Geschichte kennen“, erklärte sie den 15 Gästen und fügte hinzu: „Es wäre schön, wenn wir wieder anfangen würden, mehr Balladen zu lesen und auswendig zu lernen.“ Im Unterschied zu Märchen seien Sagen oft an einen konkreten Ort gebunden und enthielten ein Körnchen Wahrheit, so Inge Hemberger. So befindet sich im Wehratal die „Kaisertanne“, in deren Schatten Graf Rudolf IV. von Habsburg geträumt hatte, wie er bekrönt vor einer Volksmenge stand. Kaiser wurde er zwar nie, aber als Römisch-deutscher König beendete er die Zeit des Interregnums.

Zuvor hatte Graf Rudolf nach einer Vergrößerung und Arrondierung seines Herrschaftsgebietes gestrebt. Inge Hemberger räumte mit der Vorstellung auf, Rudolf habe 1253 die Burg Werrach zerstört. „Zu diesem Zeitpunkt hielt er sich nämlich in Italien auf.“ Es gelang ihm später, die Burg in seinen Besitz zu bringen, aber eigentlich war Wehr nur eine Zwischenstation bei seinem Kampf um Basel. Rudolf wollte die Stadt zu seiner Residenz machen, weil sie ideal zwischen den Stammlanden im Aargau und seinem Besitz im Elsass lag. Um den Zustand der Rechtlosigkeit zu beenden, wählten die sieben Kurfürsten auf Druck des Papstes 1273 Graf Rudolf IV. zum Römisch-deutschen König, der sich fortan Rudolf I. nannte. Er sollte ein Übergangskandidat sein, „aber da haben sich die Kurfürsten gründlich getäuscht“, erklärte die Stadtführerin. So brutal er bei seinem Kampf gegen den Bischof von Basel vorgegangen war – er ließ 1272 die St.-Johann-Vorstadt niederbrennen – so schloss er nach der Wahl einen Waffenstillstand mit dem Basler Bischof, stellte die Königswürde wieder her und baute nach dem Sieg über den König von Böhmen in Österreich eine Hausmacht auf. Vor allem seine Gattin Anna von Habsburg blieb Basel verbunden: Nicht nur, dass sie oft auf der Burg Rheinfelden, wo die Reichskleinodien aufbewahrt wurden, residierte, sie wollte auch im Basler Münster bestattet werden. Nach ihrem Tod in Wien wurde ihr Leichnam überführt, und ihre Grabplatte ist heute im Münster zu besichtigen. Rudolf wollte im Kaiserdom zu Speyer begraben werden, weil er den Anspruch der Habsburger, die Nachfolge der Salier und Staufer anzutreten, untermauern wollte. Todtmoos verdankt Rudolf den Kirchenbau, und der Legende nach soll er jener Graf gewesen sein, der einem Priester, der auf dem Weg zu einem Kranken war, sein Pferd geliehen hatte, damit dieser beim heutigen „Pfaffensteg“ die Murg durchqueren konnte. Darauf nimmt Schiller in seiner Ballade Bezug.