Seit fast zehn Jahren betreibt der Wehrer Fluglehrer Christoph Nägele mit seiner Frau Marion auf dem Dinkelberg eine Start- und Landebahn für Ultraleicht-Flugtrikes, der er für seine Flugschule nutzt. Nun entschied das Regierungspräsidium in Stuttgart, dass das Areal offiziell als Ultraleicht-Sonderlandeplatz für leichte Luftsportgeräte ausgewiesen wird. Ein sieben Jahre andauerndes Verfahren geht damit auf seine Zielgerade.
Vor sieben Jahren schon ein Politikum
Zur Erinnerung: Es war das Politikum des Jahres 2017. Innerhalb weniger Wochen fasste der Wehrer Gemeinderat zwei völlig unterschiedliche und einander widersprechende Beschlüsse, ob die Flugschule von Christoph Nägele eine 270 Meter lange und etwa 50 Meter breite Wiese auf dem Dinkelberg dauerhaft als Fluggelände nutzen darf.
Bis zu diesem Zeitpunkt nutzte Nägele den Landeplatz bereits mit einer Sondererlaubnis, die er aber jährlich erneuern musste. Weil dies rechtlich aber nicht mehr möglich war, und um die Existenz seiner Flugschule auf sichere Beine zu stellen, beantragte Nägele die dauerhafte Ausweisung des Areals als Ultraleicht-Sonderlandeplatz.
Gemeinderat mal hü, mal hott
Was nach einer Formsache klingt, entwickelte sich im Gemeinderat zu einer kuriosen kommunalpolitischen Diskussion mit giftigen Zwischentönen: Zunächst stimmten die Räte dem Antrag mehrheitlich zu, wollten sogar ein von der Stadtverwaltung vorgeschlagenes Flugverbot an Sonn- und Feiertagen streichen.
Weil aber bei der Abstimmung ein Stadtrat befangen war, musste sie wenige Woche später wiederholt werden. Dabei gab sich aber ein komplett anderes Bild: Nun verweigerte der Gemeinderat dem Antrag die Zustimmung und lehnten das Fluggelände komplett ab – zum Entsetzen von Christoph Nägele, der um seine Flugschule fürchtete.
Sonn- und feiertags kein Flugbetrieb
Die Entscheidung über die Genehmigung liegt allerdings nicht beim Gemeinderat, sondern bei der zuständigen Aufsichtsbehörde im Regierungspräsidium Stuttgart. Und die ließ sich Zeit mit der Prüfung. So lange lief die bis dahin geltende Regelung weiter, Nägele und seine Flugschüler konnten also vorerst weiter fliegen.
Am 2. Februar 2024 hat das Regierungspräsidium nun seine Entscheidung veröffentlicht und die Anlage und den Betrieb eines Sonderlandeplatzes für besondere Zwecke genehmigt. Unbefristet, allerdings mit Auflagen: Auf 48 Seiten wurde „verfügt, dass an Sonn- und Feiertagen kein Flugbetrieb stattfindet. Eine Einschränkung hinsichtlich der Anzahl von Flugbewegungen wurde nicht verfügt“, teilt die Pressesprecherin des RP Lisa Schmidt mit. Der Landeplatz dürfe ausschließlich von leichten Motorschirmen (fußstart und -landbar), schweren Motorschirm-Trikes und Hängegleiter-Trikes benutzt werden.
Mit Erleichterung nimmt Christoph Nägele die Nachricht aus Stuttgart zur Kenntnis. „Nun haben wir wieder Planungssicherheit für unsere Flugschule.“ Mit dem Kompromiss des Sonntagsflugverbots könne er leben, auch wenn das Wochenende für angehende Hobbypiloten ideal sei. „Uns ist viel an einem einvernehmlichen Miteinader gelegen“, betont Nägele.
RP überstimmt Votum der Stadt Wehr
Dass sich die Behörde über das damalige Votum der Stadt Wehr hinwegsetzt, ist zumindest ungewöhnlich. „Eine Zustimmung durch den Gemeinderat ist keine notwendige Voraussetzung für die Erteilung einer luftrechtlichen Genehmigung war. Die Planungshoheit der Stadt Wehr ist hiervon nicht beeinträchtigt“, teilt das RP mit. Einwendungen und Anregungen der Stadt Wehr seien soweit möglich berücksichtigt worden. So sei der Bitte des Gemeinderates entsprochen und die Auflage eines Flugverbots an Sonn- und Feiertagen in die Genehmigung aufgenommen worden.
Zugunsten des Antragstellers sprach, dass diese bisherige „Nutzung ohne Beeinträchtigungen und weitestgehend beschwerdefrei verlaufen ist“, so die Behördensprecherin. „Mit dem nun genehmigten Sonderlandeplatz wird der bisherige Flugbetrieb weitergeführt, der bisher auf Basis der temporären Außenstart- und Außenlandeerlaubnisse zulässig war und auch durchgeführt wurde.“
Auch der Wehrer Ordnungsamtsleiter Stefan Schmitz bestätigt, dass in den vergangenen Jahren „so gut wie keine Beschwerden“ über den Flugbetrieb auf dem Dinkelberg gegeben habe.