Hatten die Räte dem Antrag von Flugschulenbetreiber Christoph Nägele im Juni noch zugestimmt und sogar ein Flugverbot an Sonn- und Feiertagen abgelehnt, verweigerten sie nun dem Projekt die grundsätzliche Zustimmung. Und das mit deutlicher Mehrheit: Elf zu sechs endete die Abstimmung. Die erneute Diskussion war nötig geworden, weil in der Juni-Sitzung ein Stadtrat mitgestimmt hatte, der befangen war. Damit war der alte Beschluss nichtig und musste wiederholt werden.

Dass die Mehrheit im Rat in den vergangenen acht Wochen gekippt ist, deutete sich schon im ersten Redebeitrag an: Bernhard Stockmar (CDU), im Juni noch einer der Befürworter einer uneingeschränkten Betriebserlaubnis, machte deutlich, dass seine Fraktion nun geschlossen gegen den Start- und Landeplatz sei. Seit Juni seien seiner Fraktion Informationen zugetragen worden, die "nicht geeignet sind, die Glaubwürdigkeit des Antragstellers zu untermauern. Manche von uns fühlen sich regelrecht verschaukelt", wetterte Stockmar. Zum einen habe Nägele behauptet, das Amt für Flurneuordnung habe ihm Flächen bereits zugesichert. Gegenüber den Teilnehmern der Flurbereinigung habe das Amt diese Behauptung allerdings bestritten, so Stockmar. Auch dass Nägele schon jetzt den Flugplatz an Sonntagen nutze, kritisierte des CDU-Fraktionssprecher. Wie Ordnungsamtsleiter Stefan Schmitz erklärte, sei dies aber rechtmäßig, da die bisherige – und noch geltende – Genehmigung auch Sonn- und Feiertage abdecke.

Eingermaßen erstaunt über den allgemeinen Stimmungswechsel zeigte sich Bürgermeister Michael Thater. Natürlich habe jeder Gemeinderat das Recht, seine Meinung zu ändern. Er warnte jedoch davor, von einem Extrem ins andere zu fallen und "eine Entscheidung zu treffen, die ich für genauso falsch halte, wie die im Juni". "Ich bin der Auffassung, dass der Dinkelberg diese Nutzung verkraftet", warb Thater für einen Kompromiss: Grundsätzliche Zustimmung zum Landeplatz, allerdings mit Sonn- und Feiertagsverbot und dem Vorbehalt, weitere Auflagen erteilen zu können. "Es ist ein Unterschied, ob an einem Montag- oder Mittwochabend geflogen wird oder am frühen Sonntag", begründete er die vorgeschlagenen Einschränkungen. Grundsätzlich solle der Dinkelberg vielen Gruppen zur Verfügung stehen, hierbei müssten aber alle auch mit Einschränkungen und Auflagen leben.

Fluggelände
Fluggelände

SPD-Fraktionssprecherin Karin Gallmann nannte den Beschlussvorschlag der Verwaltung einen "guten Kompromiss". Die Flugschule sei kein Hobby, sondern ein Gewerbebetrieb, der als Gewerbesteuerzahler auch eine Unterstützung der Stadt verdiene. Genau andersherum argumentierte hingegen Eugen Mulflur (Freie Wähler): Als Hobby könne er den Flugbetrieb auf dem Dinkelberg tolerieren, als Gewerbe könne man es nicht zulassen. Mulflur sieht durch das Fluggelände auch die Landwirte beeinträchtigt. Wolfgang Meier (Rep) hält den Dinkelberg grundsätzlich für den falschen Standort für einen Ultraleicht-Flugplatz. Grundsätzliche Ablehnung signalisierte auch Claudia Arnold für die Grünen, was Bürgermeister Michael Thater dazu veranlasste, nicht den Kompromissvorschlag der Stadtverwaltung, sondern die Ablehnung des Antrags zur Abstimmung zu stellen. Dieser wurde deutlich angenommen.

Drei Fragen zum Flugplatzstreit

  1. Was sagt der Antragsteller? "Wir sind nicht nur enttäuscht, wir sind richtig schockiert", reagiert Antragsteller Christoph Nägele auf den Beschluss. Gemeinsam mit seiner Frau Marion-Kohl Nägele führt er die Flugschule MGS-Südschwarzwald. Durch den Beschluss fürchtet er nun um die Existenz seiner Schule. "Ohne das Fluggelände in Wehr kann ich dicht machen. Wir leben davon, das ist dramatisch", so Nägele. Unverständlich ist für ihn, dass die Räte umgekippt sind, ohne dass sich die Fakten änderten. Die Vorwürfe der CDU kann er nicht nachvollziehen. "Ich kann meine Aussagen über E-Mails der Flurneuordnungsbehörde belegen", so Nägele.
  2. Wie geht es nun weiter? Das Votum des Gemeinderates ist eine von etwa 30 Stellungnahmen, die in das Genehmigungsverfahren einfließen. "Unsere Stellungnahme hat natürlich ein besonderes Gewicht", weiß Bürgermeister Michael Thater um die Bedeutung der Ablehnung. Es ist zwar schwer vorstellbar, aber rechtlich durchaus möglich, dass das Regierungspräsidium Stuttgart als zuständige Behörde dem Antrag dennoch stattgibt. Auch die Nachbargemeinden Schopfheim und Hasel haben Stellungnahmen abgegeben. Da sie aber nicht direkt betroffen sind, fließen diese in die Wehrer Stellungnahme mit ein.
    Sowohl Schopfheim als auch Hasel plädieren dabei für einen Kompromiss und die Einschränkung der Betriebszeiten.
  3. Warum konnte nicht alles so bleiben wie bisher? Bislang hatte der Start- und Landeplatz eine befristetete Genehmigung ohne zeitliche Einschränkungen, die alle zwei Jahre neu beantragt werden musste. Da laut Stadtverwaltung in den vergangenen zehn Jahren nahezu keine Beschwerden aus der Bevölkerung laut wurden, wollte Christoph Nägele nun eine unbefristete Erlaubnis erreichen. Die Stadtverwaltung signalisierte Zustimmung, allerdings mit der Einschränkung des Sonn- und Feiertags-Flugverbots.