Bis nachts am Lagerfeuer sitzen, im Schlafsack übernachten, sich morgens am Brunnen waschen und im Freien frühstücken: Wenn Patrick Koch von den Zeltlagern des Kinderferienprogramms „Ferien zu Hause“ – kurz Fez – erzählt, kommt der heute 48-Jährige aus dem Weilheimer Ortsteil Bürgeln ins Schwärmen. „Ich bin ein Naturmensch. Die Zeltlager waren für mich das Highlight“, sagt der gelernte Kfz-Mechaniker, der mittlerweile beim städtischen Baubetriebshof arbeitet, über das Fez-Programm, das die Stadt Waldshut-Tiengen 1981, also vor genau 40 Jahren, aus der Taufe hob.

Patrick Koch 1987 als Fez-Kind im Zeltlager in Unteralpfen. Seit der ersten Veranstaltung im Sommer 1981 war er beim Waldshut-Tiengener ...
Patrick Koch 1987 als Fez-Kind im Zeltlager in Unteralpfen. Seit der ersten Veranstaltung im Sommer 1981 war er beim Waldshut-Tiengener Kinderferienprogramm regelmäßig dabei. | Bild: Patrick Koch

Patrick Koch ist von Anfang dabei. Die ersten Jahre war er „Fezling“, wie er es nennt. Als Erstklässler habe er in der Schule einen Handzettel, heute Flyer genannt, mit den Fez-Angeboten bekommen. „Ich bin mit meiner Mutter das Programm durchgegangen, habe mir Veranstaltungen ausgesucht, und dann hat sie mich angemeldet“, berichtet er. Neben den erwähnten Zeltlagern erinnert sich Patrick Koch unter anderem an Ausflüge ins Technorama nach Winterthur, an Badespaß in den Freibädern von Waldshut-Tiengen und an unzählige Wanderungen. „Es hat mir einfach Spaß gemacht“, sagt er auf die Frage, warum er Fez über so viele Jahre die Treue gehalten hat.

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Damals wie heute richtet sich das Ferienprogramm an Kinder, die mit ihren Familien nicht in den Urlaub fahren. Der langjährige Verwaltungsmitarbeiter Klaus Teufel erinnert sich im Gespräch mit dieser Zeitung, wie Fez entstand. „1980 haben wir von der Stadt Freiburg ein Programm zugesandt bekommen.“ Zwei Mitarbeiterinnen, Doris Corpus und Gertrud Falkenstein, trugen die Idee, ein ähnliches Angebot in Waldshut-Tiengen auf die Beine zu stellen, an den damaligen Sachgebietsleiter des Hauptamts, Rudolf Götz, heran, der den Vorschlag an den zu jener Zeit amtierenden Oberbürgermeister Franz-Joseph Dresen weitergab.

Patrick Koch im Jahr 2008 als Betreuer beim Mountainbikefahren bei einer Fez-Veranstaltung.
Patrick Koch im Jahr 2008 als Betreuer beim Mountainbikefahren bei einer Fez-Veranstaltung. | Bild: Patrick Koch

„Es war von Anfang an geplant, die Vereine mit ins Boot zu holen“, berichtet Eberhard Ring, der als Mann der ersten Stunde bei Fez gilt und heute Mitarbeiter des Kinder- und Jugendreferats ist, das als eigenständiges Referat seit 1997 besteht. „Viele der Gastgeber von 1981 sind heute noch dabei“, ergänzt Amtsleiterin Silke Padova und zählt unter anderem die Polizei, das Rote Kreuz und die Minigolffreunde Waldshut auf. Letztere führen mit 30 Teilnahmen die Fez-Gastgeber-Statistik an, gefolgt vom Frauenverein Tiengen.

Die Grundgedanken bei der Gestaltung von Fez haben sich laut Silke Padova in vier Jahrzehnten nicht verändert: „Den Teilnehmern zu Hause ein abwechslungsreiches Programm zu bieten, ihnen die Heimat näher zu bringen und Freude in der Gruppe zu vermitteln“, zählt sie auf.

So sah die Teilnehmerkarte für die Fezlinge im Jahr 1981 aus.
So sah die Teilnehmerkarte für die Fezlinge im Jahr 1981 aus. | Bild: Stadtverwaltung Waldshut-Tiengen
Die Farbe Gelb ist auch im Logo zum 40. Geburtstag von Fez zu sehen.
Die Farbe Gelb ist auch im Logo zum 40. Geburtstag von Fez zu sehen. | Bild: Stadtverwaltung Waldshut-Tiengen

Geändert haben sich jedoch unter anderem organisatorische Dinge und rechtliche Vorgaben. Während früher die Anmeldung über Handzettel erfolgte, besteht heutzutage die Möglichkeit der Online-Anmeldung. Auf den ersten Anmeldezetteln aus den 1980ern mussten die Eltern lediglich ankreuzen, ob ihr Kind „Schwimmer, Radfahrer und gesund“ ist. Heute müssen die Organisatoren beispielsweise abfragen, ob die Teilnehmer Allergien haben, Medikamente nehmen und sich vegetarisch oder vegan ernähren.

Auch sei es früher kein Problem gewesen, die Fez-Kinder ohne Rücksprache zu fotografieren und die Aufnahme in der Zeitung zu veröffentlichen. „Heute müssen wir die Eltern wegen des Datenschutzes um Erlaubnis bitten“, weiß der langjährige Betreuer Patrick Koch. Auch in Sachen Hygiene habe sich viel verändert. „Bei früheren Zeltlagern traten die Kinder im Wald aus und wuschen sich am Brunnen. Heute sind Toiletten vorgeschrieben“, erklärt er. Für ein Zeltlager bei Grimmelshofen habe er zwei Dixi-Klos organisieren müssen. „Eines für Mädchen, eines für Jungen“, erzählt Patrick Koch.

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Wie Eberhard Ring berichtet, müssen alle Betreuer jedes Jahr vor dem Kinderferienprogramm drei Pflichttermine absolvieren, darunter einen Erste-Hilfe-Kurs und einen pädagogischen Tag. „Dabei geht es nicht nur um rechtliche Grundlagen, sondern der pädagogische Tag macht auch Spaß“, betont Silke Padova, die stolz ist, dass aus vielen früheren Fez-Kindern wie Patrick Koch Betreuer geworden sind.

Dass die Eltern ihre Kinder während der Sommerferien in guten Händen wissen, ist einer der Erfolgsfaktoren des seit 40 Jahren bestehenden Angebots. „Fez zeigt, dass Waldshut-Tiengen eine soziale Stadt ist und bei der Kinder- und Jugendarbeit Vorreiter am Hochrhein ist“, sagt Oberbürgermeister Philipp Frank gegenüber dieser Zeitung.

Zwei Fez-Generationen: René Herklotz (links) verantwortet dieses Jahr erstmals das Programm, Eberhard Ring begleitet die Aktion von ...
Zwei Fez-Generationen: René Herklotz (links) verantwortet dieses Jahr erstmals das Programm, Eberhard Ring begleitet die Aktion von Beginn an | Bild: Juliane Schlichter

War das Waldshut-Tiengener Kinderferienprogramm anfangs noch einmalig in der Region, haben umliegende Gemeinden inzwischen nachgezogen. Für die Stadt bedeutet dies keine Konkurrenz, sondern Entlastung. „Von Jahr zu Jahr gab es immer mehr Anmeldungen aus Lauchringen, Weilheim, Dogern oder Albbruck“, erinnert sich Klaus Teufel. Abgelehnt worden sei jedoch niemand.

Auch das diesjährige Fez-Programm, das am 23. August beginnt und wegen Corona kleiner ausfällt als sonst – 2020 war es ganz ausgefallen –, stößt laut René Herklotz auf große Resonanz. Der Mitarbeiter des Kinder- und Jugendreferats verantwortet erstmals Fez. Die Anfänge in den 1980er-Jahren kennt er nur von Erzählungen der älteren Kollegen. „Ich bin Jahrgang 1990“, erzählt der gebürtige Thüringer schmunzelnd.

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