Eine Grundsatzentscheidung hat der Ortschaftsrat Grimmelshofen in der jüngsten Ortschaftsratssitzung treffen müssen. Für das alte Rathaus Grimmelshofen soll ein Konzept gefunden werden, bei dem die Vereine und die Feuerwehrabteilung weiterhin das Erdgeschoss sowie nach Möglichkeit Vorplatz, Wiese und Gerätehaus nutzen können. Die oberen stark sanierungsbedürftigen Stockwerke können dagegen gerne verkauft oder vermietet werden, darüber ist sich der Ortschaftsrat einig.

  • Ein Kaufinteressent für das alte Rathaus Grimmelshofen: Die Stadt Stühlingen musste einen Kaufinteressenten abweisen, der das alte Rathaus Grimmelshofen ins Auge gefasst hatte. Grund dafür war ein fehlender Grundsatzbeschluss. Dieser Tagesordnungspunkt stand im Zentrum der jüngsten Ortschaftsratssitzung. Ortsvorsteher Wolfgang Kaiser hatte dafür alle Vereinsvertreter sowie die Feuerwehrabteilung zur Sitzung geladen. Ihm war es wichtig, dass das Thema sachlich diskutiert wurde. Der nun gefasste Grundsatzbeschluss wird in einer der nächsten Sitzungen des Gemeinderats Stühlingen, voraussichtlich am 20. Dezember, besprochen.
Der Rathaus-Anbau wurde 2010 von der Feuerwehr mit Eigenleistung und Eigenmitteln umgebaut. Arbeiten für die Gesamtwehr werden hier ...
Der Rathaus-Anbau wurde 2010 von der Feuerwehr mit Eigenleistung und Eigenmitteln umgebaut. Arbeiten für die Gesamtwehr werden hier ausgeübt, außerdem wird hier alles gelagert, was nicht im Feuerwehrgerätehaus beim Gemeindehaus Platz findet. Falls das Rathaus verkauft wird und dieser Anbau nicht mehr zur Verfügung steht, können im Gemeindehaus keine Veranstaltungen mehr stattfinden. Hier muss eine praktikablere Lösung für den Dorfzusammenhalt gefunden werden. | Bild: Yvonne Würth
  • Gemeindeeigene Wohnung für Flüchtlinge: Die Wohnung und der zweigeschossige Speicher des alten Rathauses Grimmelshofen beschäftigten den Gemeinderat bereits in der Vergangenheit. 2005 war das Dach undicht. 2015 erbrachten die Architektenbegehung und die Kostenaufstellung von 220.000 Euro, dass das Rathaus nach einem Umbau Flüchtlingen als Anschlussunterbringung dienen könnte. 2016 wurde die Renovierung der Wohnung im Gemeinderat nach weiterer Planung aus Kostengründen gestrichen.
Aus alten Schulbänken hat Ortsvorsteher Wolfgang Kaiser eine neue gezimmert, um an die frühere Nutzung zu erinnern. Diese steht im ...
Aus alten Schulbänken hat Ortsvorsteher Wolfgang Kaiser eine neue gezimmert, um an die frühere Nutzung zu erinnern. Diese steht im ehemaligen Kindergarten, in dem der Ortschaftsrat tagt. | Bild: Yvonne Würth
  • Feuerwehr Grimmelshofen: Im Gemeindehaus ist das Gerätehaus der Feuerwehr Grimmelshofen untergebracht. Bis zum Umbau des Rathaus-Anbaus 2010 in Eigenleistung der Feuerwehrkameraden mit 1800 Arbeitsstunden und mit 15.000 Euro aus der Kameradschaftskasse waren die Fahrzeuge bei Veranstaltungen im Gemeindehaus kurzzeitig privat abgestellt worden. Außerdem wird der Anbau im alten Rathaus für diverse regelmäßige Arbeiten der Gesamtwehr Stühlingen genutzt, darunter Reparaturen der Schläuche und diverse Wartungsarbeiten an Fahrzeugen. Gesamtwehrkommandant Gerhard Pfeifer machte in der Sitzung deutlich: Ich sehe überhaupt nicht, dass das Gebäude verkauft werden kann. Die Feuerwehr Grimmelshofen hat damals auf eigene Kosten den Neubau angesetzt. Wenn die Gemeinde in Betracht zieht, das Gebäude zu verkaufen und zurück zu mieten, das ist vollkommen unlogisch.“
Der Ortschaftsrat Grimmelshofen fasste einen Grundsatzbeschluss zum alten Rathaus, da es einen Kaufinteressenten dafür gibt (von links): ...
Der Ortschaftsrat Grimmelshofen fasste einen Grundsatzbeschluss zum alten Rathaus, da es einen Kaufinteressenten dafür gibt (von links): Sabine Duttlinger, Beate Stich, Ortsvorsteher Wolfgang Kaiser, Tobias Gisy und Michael Harder. | Bild: Yvonne Würth

Im Vergleich mit dem frisch eingeweihten Gemeindehaus Wangen, welches 1,4 Millionen Euro gekostet hat, könne eine Vermietung des Rathauses Grimmelshofen noch Geld einbringen. Deutlich erklärte Gesamtwehrkommandant Gerhard Pfeifer außerdem, dass das Gemeindehaus künftig nicht mehr für Veranstaltungen genutzt werden kann, sollte das alte Rathaus nicht mehr zur Verfügung stehen.

  • Nutzung des alten Rathauses durch Vereine: Der Sportverein Grimmelshofen hat eine Umkleide mit Dusche im Erdgeschoss gebaut und sogar die Kosten für Strom und Wasser auf eigene Rechnung getragen. „Ihr wart damals auf Bürgermeister Rees zugekommen, alles wurde mündlich vereinbart, was passiert, wenn es verkauft wird?“ Ortsvorsteher Wolfgang Kaiser sprach den aktuellen Bestand, die von den Vereinen erbrachten Gelder und Aufwendungen für das Rathaus an, um eine Diskussion für den Grundsatzbeschluss zu ermöglichen. Die Landfrauen haben die Kochschule übernommen, neue Fenster eingesetzt und mit viel Eigenleistungen den Raum grundsaniert, als ein Wasserschaden vor acht Jahren eingetreten war.
Auch das Dorfarchiv befindet sich derzeit im Erdgeschoss des Alten Rathauses Grimmelshofen, im ehemaligen Kindergarten-Sanitärraum. ...
Auch das Dorfarchiv befindet sich derzeit im Erdgeschoss des Alten Rathauses Grimmelshofen, im ehemaligen Kindergarten-Sanitärraum. Nicht nur die Utensilien der Ortsverwaltung, sondern auch der Vereine und der Feuerwehr sind im Erdgeschoss des Rathaus untergebracht. Mehrere Vereine haben außerdem Geld und Zeit in den Umbau investiert, erläuterte Ortsvorsteher Wolfgang Kaiser beim Fototermin. | Bild: Yvonne Würth

Die Theaterkulissen, Erinnerungen in Form von Pokalen des Sportvereins und der Radsportabteilung, Instrumente und Uniformen des Musikvereins, das Dorfarchiv, außerdem Gerätschaften wie Streusalz, Blumenkästen der Landfrauen, Partyzelt und Sitzgarnituren des Chors sowie weitere Utensilien, welche nicht im Vereinsschopf gelagert werden können, müssten beim Verkauf des alten Rathauses privat umgelagert werden. „Im Prinzip müsste das Erdgeschoss mit Nebenfläche unbedingt in städtischer Hand bleiben. Über das Obergeschoss und das Dachgeschoss könnte man verhandeln“, wünschte sich Ortsvorsteher Wolfgang Kaiser. „Wenn der Mietvertrag gekündigt wird wegen Eigenbedarf, dann haben wir ein Problem.“ Das alte Rathaus liegt zentral im Dorf neben der Kirche, es wurden bereits viele private und öffentliche Feste gefeiert.

Die Entwicklung des Gebäudes

Das Schulgebäude wurde 1838 gebaut, ein Anbau entstand 1925. Genutzt wurde es bis 1967 beziehungsweise 1969 als Schule, Fortbildungsschule und Kochschule. Ortsvorsteher Wolfgang Kaiser war im letzten Jahrgang, der noch in Grimmelshofen zur Schule ging, seither fahren die Schüler in die Grundschule Weizen und das Schulzentrum Stühlingen. Mit der freiwilligen Eingemeindung nach Stühlingen zum Jahresbeginn 1973 endete die Rathaus-Ära, auch wenn es „keine Liebesheirat“ war, wie Gerhard Kehl, Träger der Ehrenplakette der Stadt Stühlingen und früherer Ortsvorsteher, in der Dorfchronik 2009 schreibt. Bis heute tagt der Ortschaftsrat im Erdgeschoss. Die Bücher lagerten im Speicher, bis Ortsvorsteher Wolfgang Kaiser sie ins trockene und gleichmäßig temperierte Erdgeschoss brachte. Von 1990 bis 2008 war der Kindergarten im Gebäude und damit ein wichtiger Treffpunkt für das Dorf. Wie bereits die Grabungen für die Zuleitungen der Fernsehantennenanlage im Dorf 1964 hat die Bevölkerung den Umbau zum Kindergarten 1990/1991 mit Fleiß ermöglicht. 1996 wurde das bisherige Probelokal auf der gegenüberliegenden Dorfseite mit Garagen zum Gemeindehaus umgebaut. Es sollte der Feuerwehr als Gerätehaus und den Vereinen als Proberaum dienen, auch hier wurde ein großer Anteil an Eigenleistungen erbracht. Mit dem Bau des Gemeindehauses und dem Rückgang der Gasthäuser nutzen die Grimmelshofener für ihre Vereinsaktivitäten das Gemeindehaus, das alte Rathaus und das Gasthaus „Wutachschlucht“, von allen nur „Wieler“ genannt.