Derzeit wird besonders die ältere Generation durch die Corona-Restriktionen an das Kriegsende erinnert, das sich in diesen Tagen zum 75. Mal jährt. Damals, während der Besatzungszeit, herrschte Ausgehverbot. Obwohl die Not damals viel größer war, wurde auch gelebt.
Zahlreiche Episoden kommen einem in die Erinnerung. Obwohl auf dem Land die Hungersnot durch Hausgärten und Kleintierhaltung gemildert wurde, gab es auch auf dem Land Beeinträchtigungen, die aber auszuhalten waren. Wer erinnert sich noch an Maisbrot? Das war schwer, gelb, glitschig und bitter. Aber wenn man hungrig war, wurde es gegessen.
Wir Kinder bekamen die erste Banane oder Orange erstmals zu Gesicht, als die Basler Mustermesse wieder eröffnete. Als Kind hatte man oft die Aufgabe, samstags die Tageszeitungen der Woche in Briefumschlag große Blätter zu zerschneiden. Der Stapel wurde dann in einem Karton als WC-Papier neben die häusliche Klo-Schüssel gestellt. Von wegen softweiches, blümchenbedrucktes Toilettenpapier – solchen Luxus konnte man sich gar nicht vorstellen.
Der im Garten verbuddelte Schmuck bleibt verschwunden
Als die französischen Besatzer im Mai 1945 anrückten, hat Papa schnell noch den Familienschmuck im Garten verbuddelt, der dann später nicht mehr auffindbar war. Im heutigen Vereinshaus am Stadtweg waren französische Soldaten untergebracht.
Oft waren das dunkelhäutige Männer. Viele Stühlinger sahen zum ersten Mal Afrikaner, und wir Kinder fürchteten uns. Die Furcht legte sich dann jedoch schnell, weil gerade diese Soldaten uns Kinder mit Keksen aus der Dose beschenkten und generell zu Kindern sehr freundlich waren.
Katzen bekamen kein vornehmes Futter in Form von Lachshäppchen aus der Dose, sondern mussten ihre Mahlzeiten selber fangen, und Hunde und andere Haustiere bekamen das, was vom Familientisch übrig blieb, was meist angesichts der Notlagen nicht viel war.
Oma strickte Socken und Unterwäsche aus kratziger Wolle
Aus alten Teppichen schneiderte Mama ein Kindermäntelchen, und Oma strickte aus kratziger, ungebleichter Schafwolle Socken und Unterwäsche. Man ging in den Wald, um Bucheckern zu sammeln, die dann zu Öl gepresst wurden.
Die abgeernteten Felder wurden nach Ähren abgesucht, ebenso Äcker nach Kartoffeln, die eine besondere Rarität waren. Aus den Getreidekörnen rösteten die Hausfrauen „Spitzbohnenkaffee“ – echten Kaffee gab es allenfalls auf dem Schwarzmarkt, sofern man etwas zu tauschen hatte.
Im Garten wurden oft auch für Opa Tabakpflanzen angebaut. Damals blieb im Herbst kein Apfel, keine Birne, keine Zwetschge am Boden liegen, auch der Wald war picobello aufgeräumt. Ein eigenes Schwein zu schlachten, war streng verboten. Es gab aber auch Menschen, die ihre Nachbarn denunzierten, weil diese sich nicht an die Vorschrift hielten.
Entlang der Grenze wurde geschmuggelt, was das Zeug hielt. Unsere Schweizer Nachbarn, denen es etwas besser ging, versteckten im Schinderwald (Grenzwald) in Erdlöchern dringend benötigte Dinge wie Babyschnuller, Hefe, Zucker und dergleichen. Da entlang der deutsch-schweizerischen Grenze ständig in engem Zeittakt patrouilliert wurde, war das Abholen dieser Kostbarkeiten abenteuerlich.