Im vierten Anlauf hat der Gemeinderat Stühlingen die unechte Teilortswahl abgeschafft. 17 Gemeinderäte sprachen sich in der Sitzung am Montag für eine Abschaffung aus, einer dagegen. Damit folgte das Gremium der Empfehlung der Verwaltung und der neun Ortschaftsräte, die sich in ihren Sitzungen in den vergangenen Wochen mit der Thematik beschäftigt hatten.
- .Warum kam die unechte Teilortswahl jetzt zur Abstimmung? Aktualität bekam das Thema durch ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in Mannheim, durch das die Gemeinderatswahl 2019 in Tauberbischoffsheim für ungültig erklärt wurde. Eine Gemeinderätin der Stadt hatte geklagt, weil die Sitzverteilung im Gemeinderat nicht die Verhältnisse in der Stadt abbilde. Vor diesem Urteil wurde eine Unterrepräsentation eines Ortsteil von 30 Prozent nicht beanstandet, nach dem Urteil gelten 20 Prozent Über- oder Unterrepräsentation als Orientierungsgröße. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Kommunalwahl im Jahr 2024 hat die Stadtverwaltung überprüft, ob der Anteil der Sitze eines Ortsteils noch den örtlichen Verhältnissen und dem Bevölkerungsanteil entspricht. Dabei wurde festgestellt, dass der Ortsteil Blumegg mit rund 32 Prozent überrepräsentiert ist, die Ortsteile Eberfingen und Mauchen mit rund 36 und 38 Prozent hingegen unterrepräsentiert sind. „Durch die Rechtsunsicherheit gab es eine andere Grundlage, deswegen haben wir das Thema noch einmal angepackt“, erklärt Hauptamtsleiterin Agnes Kaiser auf Nachfrage dieser Zeitung.
- .Wie war die Ausgangssituation? In der Gemeinderatssitzung Anfang Juli wurden drei Varianten vorgestellt, wie der aktuelle Missstand behoben werden kann. Variante 1: Die Erhöhung der Sitz-Anzahl im Gemeinderat von bisher 18 auf 21 (zusätzlicher Sitz für Eberfingen, Mauchen und die Kernstadt). Variante 2: Die Zusammenfassung der Ortsteile zu Wohnbezirken und die Reduzierung der Sitze von 18 auf 14. Variante 3: Die Abschaffung der unechten Teilortswahl und die Beibehaltung von 18 Sitzen. Mit diesen drei Varianten haben sich die neun Ortschaftsräte beschäftigt und in den vergangenen zwei Wochen Empfehlungen abgegeben.
- .Wie wurde das Thema in den Ortschaftsräten diskutiert? Einstimmig für die Abschaffung der unechten Teilortswahl sprachen sich die Ortschaftsräte Bettmaringen, Lausheim, Mauchen, Eberfingen und Wangen aus. Die Schwaninger Ortschaftsräte entschieden sich mit vier Ja- und einer Nein-Stimme für die Abschaffung, in Grimmelshofen stimmten vier Räte für die Abschaffung, einer dagegen, ein Rat enthielt sich. Der Ortschaftsrat Weizen gab keine Empfehlung ab. Drei Räte waren für die Verkleinerung (Variante 2), drei Räte für die Abschaffung. In Blumegg votierten drei Ortschafträte für die Erhöhung der Sitze auf 21 (Variante 1), zwei für die Beibehaltung des Status Quo.
- .Welche Empfehlung gab die Verwaltung ab? Laut Verwaltung bestehen bei der Reduzierung der Sitze auf 14 (Variante 2) und die Abschaffung der unechten Teilortswahl (Variante 3) keine Risiken einer Wahlanfechtung. Da der Zweck der unechten Teilortswahl (die garantierte Repräsentation jedes Ortsteils im Gemeinderat) durch die Zusammenlegung von Ortsteilen zu Wohnbezirken nicht mehr gegeben ist, hat die Verwaltung in Abstimmung mit dem Kommunalamt die Abschaffung der unechten Teilortswahl empfohlen. Es stand noch die Frage im Raum, ob die Anzahl der Sitze auf 14 reduziert werden soll. Hier waren sich die Gemeinderäte einig, dass die 18 Sitze beibehalten werden sollen.
- .Ändert die Abschaffung etwas an der Ortschaftsverfassung? Die Abschaffung hat keinen Einfluss auf die vorhandenen Ortschaftsräte und Ortsvorsteher. Die Ortschaften werden durch die Ortschaftsverfassung weiterhin mit allen bisherigen Rechten und Pflichten beteiligt.
- .Welche Konsequenzen hatte die Entscheidung? Die Entscheidung zur Abschaffung machte eine Änderung der Hauptsatzung der Stadt Stühlingen notwendig, die neue Satzung trat zum 25. Juli in Kraft.
- .Wie schätzt die Verwaltung die Lage ein? „Wir sind wieder rechtssicher unterwegs und es erleichtert uns bei der Wahl das ganze Prozedere“, erläutert Bürgermeister Joachim Burger auf Anfrage. Allerdings habe ihn das mangelnde Interesse am Thema überrascht: „Es war kein Bürger in der entscheidenden Sitzung, das hat sich auch in den Sitzungen der Ortschaftsräte durchgezogen“, so Burger. Hauptamtsleiterin Agnes Kaiser war von der Deutlichkeit der Entscheidung überrascht, schließlich war es bereits der vierte Anlauf, die unechte Teilortswahl abzuschaffen.