Während der inzwischen fast sechs erlebnisreiche Monaten, die Nico Richter inzwischen mit seinem Freiwilligendienst in Israel verbringt waren die vergangenen Wochen außergewöhnlich ruhig. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Arbeit im Kibbuz und auf der Dattelplantage als auch bezüglich des sozialen Lebens, wie Richter in seinem Bericht darstellt.
Zwischen neuen Projekten und Corona-Infektionen
Die Arbeit sei mit Beginn des neuen Jahres insgesamt ruhiger geworden: „Nachdem wir die Blätter der Dattelpalmen geschnitten und am Boden in Reihen sortiert haben, widmen wir uns nun einigen Projekten“, schildert Nico Richter.

Das Recycling-Center des Kibbuz wurde auf Vordermann gebracht, das Dach der Wasserstationen erneuert. Es sei eine sehr abwechslungsreiche Arbeit, bei der man auch sehr viele neue Dinge über das Kibbuz erfahre und fast täglich mit anderen Leuten arbeite, schildert Richter.
Jedoch lauern augenscheinlich in diesen Tätigkeiten offenbar unerwartete Gefahren: Überall im Kibbuz habe es plötzlich Corona-Infektionen gegeben, „besonders bei unserer Arbeit“, so der Freiwilligendienstleistende. „Ich komme auch nicht vom Eindruck los, dass das Infektionsgeschehen nicht mehr unter Kontrolle sei.“
Die neuesten Lockerungen in Israel vermittelten den Eindruck, „dass es gar nicht mehr die Intention der Kampagne ist, die Menschen vor einer Infektion zu bewahren, sondern den Ansteckungen aufgrund der vielen Impfungen freie Hand zu lassen“.
In Israel gibt es die Impfangebote schon seit einem Jahr, was die Entscheidung zu Lockerungen nachvollziehbar mache. „Allerdings sieht man an den derzeitigen neuen Höchstständen auf den Intensivstationen, dass die Regierung hier in einem sehr begrenzten Raum für Fehler handelt, da Sie auch sehr schnell überlastet sein können“, so Richters Beobachtung.

Gerade dieser Umstand mache es so problematisch für viele Leute, die sich bisher gegen eine Impfung entschieden haben. Vor diesem Hintergrund mache er sich als junger Mensch mit dreifachem Impfschutz wenig Sorgen um sich selbst, sonder habe eher Angst davor, eine ungeimpfte Person anzustecken.
Folgen des Klimawandels sind deutlich sichtbar
„Während wir bei unserer Arbeit die Wüste begrünen, mangelt das Wasser an anderen Stellen aufgrund des Klimawandels“, sagt Nico Richter. Der Wasserstand des Toten Meeres sinke jedes Jahr um knapp einen Meter. Es trockne förmlich aus wie auch viele palästinensische Brunnen.
Diese Entwicklung folgte aus der stetigen Wasserentnahme aus dem Fluss Jordan von israelischer, syrischer, palästinensischer und jordanischer Seite – wobei Israel wohl den mit Abstand größten Anteil entnehme. „Das Wasser wird als Trinkwasser und für die Landwirtschaft genutzt“, so Richter.

Der Jordan wiederum ist der einzige natürliche Zufluss ins Tote Meer. „Das Meer war vor knapp 50 Jahren noch um ein Drittel größer als jetzt, und diese Entwicklung wird ohne Änderungen an der derzeitigen Entnahme nicht langsamer werden“, vermutet Richter. Allerdings produziere Israel inzwischen dank mehrerer Entsalzungsanlagen mehr Trinkwasser über das Mittelmeer als benötigt wird, sodass Hoffnung auf eine Änderung besteht.
Folgen des israelisch-palestinensischen Konflikts auch im Ökosystem zu erkennen
Die ganze Region lasse sich vielleicht räumlich trennen, jedoch sei das Ökosystem Israel-Palästina so verstrickt, dass der Bau einer Grenze zwischen Israel und dem Westjordanland nicht nur 100.000 Olivenbäume palästinensischer Bauern gekostet habe.
Auch scheinen die Palästinenser beim Konflikt um Wasser benachteiligt. Während Brunnen von israelischen Siedlungen bis zu 800 Meter tief gebaut werden können, dürfen palästinensische Brunnen nur mit israelischer Erlaubnis und bis maximal 140 Meter gebohrt werden.
Die tieferen Brunnen sorgen für ein Austrocknen der palästinensischen Brunnen. Wenn ein Feld jedoch für länger als zwei Jahre nicht bewässert wird, fällt dieses außerdem an den israelischen Staat.
Auch für Flora und Fauna ist diese Ungleichverteilung von Wasser sowie die Trennung der Gebiete durch Grenzschutzanlagen fatal. Die unterirdischen Wasserreservoire kennen keine von Menschen gezogenen Grenzen und so liege es im Interesse aller Staaten der Region, Fürsorge für diese zu tragen.
Wasserknappheit sorgt für immer größere Probleme
Dazu gehöre einerseits zu gewährleisten, dass diese nicht durch Dünger und Abwasser verschmutzt werden, andererseits, dass man untereinander das Wasser gerecht aufgeteilt, sodass man nachhaltig von diesen Quellen beziehen kann, da die Konfliktparteien sich sonst das Wasser gegenseitig verschmutzen oder streitig machen.
Viele Experten sehen in der Problematik um Wasser als Ressource einen der Hauptpunkte des Israel-Palästina-Konflikts, besonders wenn man bedenkt, dass die Wüstenlinie in der Region bis ins Jahr 2100 ungefähr 300 Kilometer weiter nördlich sein werde. Das bedeutet, dass selbst die nördlichsten Regionen Israels, welche eher im mediterranen Klima ähnlich wie Italien oder Griechenland liegen, Wüste sein werden.
Im Winter werden extreme Regenfälle zum Problem
Im Winter kann es allerdings auch passieren, dass zu viel Regen in zu kurzer Zeit fällt. Dabei sind besonders die sogenannten “Wadis“, also ausgetrocknete Flusstäler, gefährlich für Menschen, da sich die Ströme in ihnen schnell zu reißenden Fluten entwickeln können.
Solch extremes Wetter häufe sich mit der zunehmenden Erderwärmung. Wie mittlerweile in so vielen Lebensbereichen ist also der Klimawandel auch schon in der ziemlich öden und eigentlich ziemlich standhaften Wüste angekommen.
„Allerdings ist es noch nicht zu spät, und viele Folgen des Klimawandels lassen sich noch verringern, dafür muss jedoch ein Umdenken stattfinden“, appelliert Richter. Einerseits politisch, dass die gesamte Region ein gemeinsames Ökosystem bildet, und alle ihren Beitrag zur Erhaltung dieses einzigartigen Raumes geben. Andererseits müssen weltweit Veränderungen stattfinden, schließlich haben besonders die Industrienationen eine erhebliche Mitschuld an den Umweltkatastrophen weltweit.