In den Bannplänen der vorderösterreichischen Geometer, die im Zeitraum von 1772 bis 1788 links und rechts des Hochrheins zwischen Waldshut und Rheinfelden tätig waren, sind Gebäude, Wege und Nutzungsarten brillant dargestellt, doch sie hatten noch keine Grundstücke zum Inhalt. Diese wurden erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vermessen, und das in bester Qualität.
Bedarf an einheitlicher Darstellung
Nachdem 1806 das Großherzogtum Baden gegründet worden war, das sich aus vielen Sondergebieten mit mehr als 1000 Gemarkungen und etwa 100 verschiedenen Maßeinheiten zusammensetzte, hatte man bald das Bedürfnis nach einem einheitlichen, auf wissenschaftlicher Grundlage aufgebauten Vermessungs- und Kartenwerk. Großherzog Karl Friedrich beauftragte aus desem Grund Oberst Johann Gottfried Tulla, die Schaffung eines Lagefestpunktnetzes über das ganze Land in die Wege zu leiten, das als Fundament für die topografische Karte und die gemarkungsweise Grundstücksvermessung dienen sollte.
Auch Vater von Joseph Victor von Scheffel dabei
In das landesweite trigonometrische Netz band man etliche Tausend Vermessungspunkte ein, die zur Aufmessung der Grundstücksgrenzsteine notwendig waren. Bei den trigonometrischen Arbeiten wirkte ab dem Jahr 1813 auch der Oberbaurat und Major Philipp Scheffel (der Vater des Dichters Joseph Victor von Scheffel) mit, der außerdem für den Bau der Hochrheinstraße von Warmbach bis Waldshut (1812 bis 1818) verantwortlich zeichnete.
Langwieriger Prozess
Da die Landkartenherstellung und auch die Vermessung der öffentlichen Wälder (ab 1833) Vorrang besaß, verstrich annähernd ein halbes Jahrhundert, bis mit dem „Gesetz über die Vornahme einer stückweisen Vermessung sämtlicher Liegenschaften des Großherzogtums betreffend“ vom 26. März 1852 und dem Abmarkungsgesetz vom 20. April 1854 die badische Katastervermessung eingeläutet werden konnte.
Geometer wachsen mit ihren Aufgaben
Im heutigen Landkreis Waldshut war mit Amrigschwand (1863) die erste und mit Großherrischwand (1897) die letzte Gemarkung vermessen. Laufenburg (1894), Murg und Waldshut (1895) sowie Säckingen (1896) gehörten zu den Gemeinden, die relativ spät ihr Grundstückskataster hatten, was ihnen aber nicht zum Nachteil gereichte. Denn die damaligen Geometer wuchsen mit ihren Aufgaben und ihre Instrumente wurden immer genauer. Auch brachte das 1872 eingeführte Metermaß bessere Ergebnisse mit sich, denn bis dahin wurden die Entfernungen in Ruten (drei Meter), Fuß (30 Zentimeter) und Zoll (drei Zentimeter) gemessen.

In Bernau begann die Katastervermessung bereits 1861. Mit 3804 Hektar handelt es sich um die größte Gemarkung des Landkreises Waldshut. Daher trat die Rechtskraft der Grundstücke erst 1869 ein. Es war ein Glücksfall, dass die Gemeinde mit Hans Thoma (1839 bis 1924) einen berühmten Maler hervorbrachte. Denn er porträtierte den Geometer, der in seinem Heimatdorf die Grundstücksvermessung durchführte, im Jahre 1868, also vor genau 150 Jahren. Das Gemälde befindet sich heute im Besitz des Optischen Museums des Carl-Zeiss-Werks in Oberkochen und gilt weit und breit als einzige authentische Abbildung eines Geometers im 19. Jahrhundert.
Grenzsteine und Größenberechnungen
Die Katastervermessung hatte in jeder Gemarkung mit der Feststellung der Grundstücksgrenzen ihren Anfang. Diese waren in der Regel bereits mit Marksteinen versehen. Fehlende Grenzsteine mussten gesetzt werden. Alsdann konnte die Vermessung erfolgen, die Grundstücksgrößen berechnet und anschließend mit der Herstellung des Gemarkungsatlasses begonnen werden. Dieser bestand aus einer Beschreibung über den Ablauf der Vermessung, dem Übersichtsplan im Maßstab 1:10 000 und mehreren Grundstücksplänen, das freie Feld im Maßstab 1:1500, die Ortslage 1:1000.
Gewannnamen werden festgeschrieben
Ein wesentliches Merkmal der Katastervermessung war auch die Festlegung der Gewannnamen. Diese existierten zwar schon Hunderte Jahre zuvor, doch wurden sie jetzt parzellenscharf abgegrenzt, auf die richtige Schreibweise überprüft und im Lagerbuch sowie im Grundbuch festgeschrieben.
Person und Ausstellung
- Zur Person: Joseph Victor von Scheffel schrieb am 21. Juli 1850 von Säckingen an seinen Vater nach Karlsruhe: „Aus der Zeit Deines Aufenthalts im Jahre 1813 dahier hab ich neulich auch noch ein paar Erinnerungen vorgefunden, die mich sehr freuten. Da kam neulich ein alter Geometer Eckert, ein Herrischrieder, zu mir und fragte mich, ob ich den Ingenieur Scheffel auch kenne, der damals mit Obrist Tulla hier war, und als ich ihm erwiderte, daß ich denselben etwas zu kennen die Ehre habe, hatte der alte Knabe eine unbändige Freude, erzählte mir, daß er damals als Kellner im Badwirtshause gewesen und von Euch hie und da zu den trigonometrischen Aufnahmen mitgenommen worden sei, daß er bei dieser Gelegenheit den ersten Begriff von geometrischen Dingen bekommen, daß er durch die Herren aufgemuntert worden sei, sich damit zu beschäftigen, und daß er Dir und dem Obrist Tulla zu danken habe, daß er selber ein Geometer geworden. Derselbige sprach so viel Schönes und Rühmenswertes von Dir, daß ich mich genötigt sah, einen guten Schoppen mit ihm auf Dein Wohl zu trinken.“
- Zur Ausstellung: Die derzeit im Museum Schiff in Laufenburg/CH stattfindende Ausstellung unter dem Titel „Die Hochrheinregion in historischen Landkarten“ ist mittwochs, 14 bis 16 Uhr, sowie samstags und sonntags, 14 bis 17 Uhr, geöffnet.