Eine psychische Erkrankung kann jeden treffen, doch bei der gesellschaftlichen Anerkennung von Krankheiten wie Depressionen oder Angststörungen ist nach wie vor Luft nach oben: „Wer noch nie erkrankt war, kann es einfach nicht nachfühlen“, sagt Daniel Boch. „Um so wichtiger ist ein offener, transparenter Umgang damit.“

Das bestätigt Joachim Gampp. Auch er ist, wie Boch selbst, an einer Depression erkrankt. „Ich bin von Anfang an offen damit umgegangen und merkte, das es mir gut tut – aber auch anderen hilft.“ Der Gedanke an andere, an die Kraft der Gemeinschaft war es, der die beiden vor rund fünf Jahren dazu brachte, eine Selbsthilfegruppe für von Depressionen betroffene Menschen im Kreis Waldshut zu gründen. „So etwas gab es damals noch gar nicht im Südschwarzwald“, erinnert sich Boch, der bei einem Sozialen Arbeitgeber beschäftigt ist

Der Anfang der Selbsthilfegruppe

Das erste Treffen von Boch und Gampp im Herbst 2017 zeigt: Beide sind auf der selben Wellenlänge, das Ziel stimmt und schon im Februar 2018 kommt die Selbsthilfegruppe zum ersten Mal zusammen. „Wir haben nie aktiv Werbung gemacht, das Angebot zum Austausch hat sich schnell herumgesprochen“, schildert Gampp.

Rückmeldungen gab es viele, eine Warteliste besteht nach wie vor. „Es melden sich Menschen aller Altersklassen, vom Auszubildenden bis zum Chef, Männer und Frauen, Städter und Einwohner von Landgemeinden“, erklärt Boch und seine Aufzählung unterstreicht deutlich, dass Depressionen praktisch jeden treffen können.

Etwa zehn Teilnehmer und Teilnehmerinnen, davon bilden fünf bis sechs Mitglieder den harten Kern der Gruppe, kommen seither zweimal monatlich zusammen und sprechen miteinander – über ihren Alltag mit der Krankheit, Möglichkeiten, Chancen und geben sich Ratschläge. „Es tut einfach gut zu wissen, dass die anderen einen verstehen“, sagt Joachim Gampp. Denn mit dem Verständnis im eigenen Umfeld ist es manchmal nicht einfach.

Hintergründe zu Krankheit und Hilfsangebote

Worüber wird in der Selbsthilfegruppe gesprochen?

„Es ist eine Krankheit. Sie muss behandelt werden. Aber man sieht sie eben nicht gleich“, beschreibt Boch. Problematisch in einer Gesellschaft, in der das Leistungsprinzip vorherrscht.

Verschiedene Therapien, Medikamente oder auch alternative Ansätze, über all das kann in der Selbsthilfe gesprochen werden, einen Ersatz für eine Behandlung kann die Gruppe allerdings nicht leisten.

Oft geht es aber auch um – nicht immer einfache – Alltagssituationen, mit denen Erkrankte umgehen müssen. „Die Scham zu seiner psychischen Erkrankung zu stehen, ist immens groß“, so die Beobachtung der beiden Gruppenleiter. „Das ist unglaublich schade, denn oft quälen sich Erkrankte über lange Zeit alleine herum, ersticken nahezu an Selbstzweifeln und scheitern an den Erwartungen, die an sie gestellt werden“, beschreibt Boch. Erfahrungen, die auch er und Joachim Gampp machen mussten.

Neue Selbsthilfegruppe für Jugendliche mit Depression

Wenn ein gefestigter Alltag durch psychische Erkrankung aus den Fugen gerät, ist das schlimm. Etwas anders stellt sich die Situation bei an Depression erkrankten Jugendlichen dar, bei denen Schulalltag, Prüfungssituationen und der ganze Themenkomplex Erwachsenwerden hinzukommt.

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Darum kam es zur Entscheidung, nun ein eigenes Selbsthilfe-Angebot für Jugendliche im Kreis Waldshut ins Leben zu rufen. „Einerseits hat sich das Thema aufgrund der Corona-Situation natürlich auch bei Jugendlichen stark verschärft“, erklärt Daniel Boch und ergänzt: „Jugendliche haben im Austausch ganz eigene Bedürfnisse, ihre Lebenssituationen sind andere und dem möchten wir mit der neuen Gruppe gerecht werden.“

Eigentlich hätte es bereits 2020 starten sollen, doch das Coronavirus machte die Pläne zunichte. Es war der Beginn einer besonders schwierigen Phase für alle, insbesondere für Menschen mit psychischen Erkrankungen, wie Boch und Gampp bestätigen: „Die Treffen haben den Teilnehmern sehr gefehlt.“ Zwar ist jede psychische Erkrankung individuell zu sehen, doch ihre Auswirkungen im Alltag sind vergleichbar. Boch erklärt: „Der Austausch darüber ist eine wichtige Stütze und macht vieles etwas einfacher. Auch bereits die Tatsache zu merken, dass man nicht alleine ist.“

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