Philipp Zimmermann und Susann Klatt-D’Souza

Der 19-jährige Marco Hauenstein aus dem Kanton Aargau wurde in den vergangenen Wochen mit seinem Facebook-Aufruf bekannt. Er suchte seine im Februar 2000 als vermisst gemeldete Mutter. Nun teilte die Kantonspolizei Aargau mit, dass diese verstorben ist. Ein Oberschenkelknochen der Frau wurde bereits 2013 am Rheinufer in Dogern gefunden. Bisher gebe es laut Paul Wißler, Polizeisprecher in Waldshut-Tiengen, keine Hinweise, wie die Frau ums Leben gekommen ist. Ein Grund dafür ist, dass bisher lediglich der Oberschenkelknochen der Frau gefunden wurde.

Die Vermisstenmeldung von Gina Hauenstein aus dem schweizerischen Kleindöttingen, das schräg gegenüber von Dogern liegt, ging schon im Februar 2000 bei der Kantonspolizei Aargau ein. Eine öffentliche Fahndung brachte kein Ergebnis. 13 Jahre später im August hat ein Spaziergänger am Rheinufer in Dogern einen menschlichen Knochen gefunden. Paul Wißler: „Der Spaziergänger war mit seinem Hund unterwegs, der beim Stöbern den Knochen am Ufer entdeckt hat. Der Spaziergänger hat daraufhin die Polizei informiert.“ Die Rechtsmedizin hat aufgrund des Oberschenkelknochens herausgefunden, dass es sich um eine Frau mittleren Alters handelt. Ein Abgleich der noch ermittelbaren DNA-Merkmale mit in der Bundesrepublik zugänglichen Dateien erbrachte laut Wißler keinen Erfolg. Die Kantonspolizei Aargau veranlasste damals ebenfalls rechtsmedizinische Abklärungen beim Institut für Rechtsmedizin in Bern für den Fall, dass der Knochenfund Gina Hauenstein zugeordnet werden kann. Anfang 2015 ging von dort tatsächlich die Rückmeldung ein, dass der Knochen der Vermissten aus dem Aargau zugeordnet werden kann.

Doch diese Information gelangte offenbar nicht zu den zuständigen deutschen Behörden. Wie es dazu kommen konnte, ist unklar. „Wir können das heute nicht mehr nachvollziehen“, sagt Roland Pfister, Medienchef der Kantonspolizei Aargau. Es ist nicht klar, ob die Information bei der Aargauer Kantonspolizei buchstäblich liegen blieb, oder ob etwa ein Brief mit der entsprechenden Information nicht bei der zuständigen deutschen Behörde ankam.

Wieso wurden die Angehörigen nicht gleich von der Aargauer Kantonspolizei über die traurige Tatsache informiert? „In dem Fall dürfen wir die Angehörigen und die Öffentlichkeit nicht informieren. Wir mussten den zuständigen deutschen Behörden die Information weitergeben“, erklärt Roland Pfister. Das, weil die Leitung des Ermittlungsverfahrens zum Knochenfund bei den deutschen Behörden liegt. Genau so verhielt es sich, als die Kantonspolizei nach der Medienberichterstattung um den Vermisstenfall nochmals die Akten konsultierte und dann auf den Bescheid des Instituts für Rechtsmedizin stieß. Die deutschen Behörden kamen schließlich auf die Aargauer Kollegen mit einem Gesuch zu, damit diese die Angehörigen informieren.

Mediensprecher Roland Pfister räumt unverhohlen ein, dass der Kantonspolizei ein Fehler unterlaufen ist. „Das darf nicht passieren.“ Die Kantonspolizei Aargau hat sich dafür nicht nur bei den Angehörigen entschuldigt, sondern auch öffentlich in ihrer Medienmitteilung. Am Donnerstag hat die Kantonspolizei die Angehörigen, sprich Sohn Marco und seine Adoptivmutter, persönlich informiert. „Das war uns wichtig“, sagt Pfister. „Wir haben ihnen auch den Kontakt zu den deutschen Behörden vermittelt und bleiben für sie Ansprechpartner.“

Pfister sagt auch, dass ohne den Facebook-Aufruf und die Berichterstattung der Aargauer Zeitung darüber wohl noch Jahre ins Land gezogen wären, ohne dass sich in diesem Fall etwas getan hätte.

Gina Hauenstein, geboren 1970, hatte zur Zeit ihres Verschwindens persönliche Probleme. Marco Hauenstein wuchs deshalb bei einer Pflegefamilie auf. Dank der Facebook-Suche hat er seine Großmutter und eine Tante gefunden. Die Großmutter hat er bereits einmal getroffen. Nach wie vor sucht er zudem nach seinem leiblichen Vater.