Das Anbringen von Netzen über den Weinreben zum Schutz vor Vogelfraß ist in manchen Lagen unabdingbar und auch erlaubt. Leider verfangen sich immer wieder Vögel in unsachgemäß angebrachten Netzen, sie können sich nicht mehr befreien und sterben qualvoll. So geschehen in Erzingen, in einem Weinberg am Waldrand in der Nähe des Grillplatzes am Tannegg.
17 tote Vögel

Bei ihren täglichen Spaziergängen entdeckte dort Nicola Netzhammer schon vor Wochen drei in den Netzen verfangene Vögel, zwei verletzte Tiere konnte sie befreien, der dritte Vogel war tot. Dabei sollte es nicht bleiben: 17 tote Vögel hat Netzhammer bislang gefunden. „Es war fürchterlich, das zu sehen, halb gerissene Flügel, viele herumliegende Federn.“ Die meisten Vögel, so sollte sich herausstellen, waren Singdrosseln. Am Mittwoch fand die Erzingerin in der Parzelle fünf weitere tote Drosseln.
Parzelle nahe am Waldrand
Obwohl der Weinberg schon seit Tagen abgeerntet war, waren die Netze noch nicht abgenommen worden. Die Lage dieser Reb-Parzelle ist für im Wald und am Waldrand lebende Singvögel äußerst verführerisch: der Tisch ist für die Vögel im frühen Herbst an dieser Stelle reichlich gedeckt. Hier sind Schutzmaßnahmen gegen Vogelfraß erforderlich und auch erlaubt (siehe Info-Kasten), um einen großen Ernteausfall zu vermeiden. Auch auf weiteren Hängen in den Erzinger Weinbergen sind Schutznetze angebracht, dort jedoch sind keine Vorfälle bekannt. „Wir haben keine Probleme mit toten Vögeln in unseren Netzen“, sagen Lorenz Keller und Christian Gromann. Für Martin Stoll, Vorsitzender der Erzinger Winzergenossenschaft stellt sich das Problem nicht: „Wir Genossenschafts-Winzer haben keine Netze gespannt.“
Falsche Netzfarbe
Der betreffende Winzer war schon beim ersten Vogelfund informiert worden. Bertold Clauß erklärte: „Ein Lieferant hatte wegen eines Engpasses grüne statt blaue Netze geliefert; die wurden dann auch installiert.“ Clauß verspricht den Austausch und weitere Maßnahmen, etwa das Anbringen
von Flatterbändern. „Ich werde künftig ein stärkeres Augenmerk darauf richten.“
Neue Schuss-Anlage funkgesteuert
Lorenz Keller führt an, dass die Erzinger Winzer-Gemeinschaft vor Kurzem rund 5000 Euro in eine funkgesteuerte Gas-Schuss-Anlage investiert hat, um Vögel zu vergrämen; aber auch, um die Anwohner möglichst wenig mit Lärm zu belästigen. „Wir haben ein sehr erfolgversprechendes System entwickelt. In der Zeit, wenn die Vogelschwärme da sind, beobachtet ein Rebhüter mit einem Fernglas die Weinberge und löst die Schussanlage nur bei Bedarf per Funk aus“, erklärt Lorenz Keller auf Anfrage unserer Zeitung.
Korrektes Einnetzen unabdingbar
Er selbst habe seine Reben eingenetzt, aber zusätzlich noch auf dem Boden Sonarpiepser aufgestellt und bislang noch keinen einzigen Vogel in seinen Netzen gefunden. Das bestätigt auch Christian Gromann für seine Rebflächen in Erzingen und in Rechberg. Ziel sei es, überhaupt so wenig Rebflächen wie möglich einzunetzen, vielleicht nur noch die Randlagen. „Aber wenn schon Netze, dann muss die Parzelle komplett von oben und von allen Seiten mit blauen Netzen eingenetzt sein, denn grüne oder gelbe können Vögel nicht sehen“, so Lorenz Keller. Er betont, dass eine sorgfältige, straffe Bespannung unabdingbar ist.
Schutznetze
Laut Landwirtschaftsministerium gelten u.a. folgende Richtlinien für den Einsatz von Netzen zur Schadvogelabwehr: „Im Allgemeinen werden Netze nur in der Nähe von Wohngebieten, größeren Grünbeständen, in Waldnähe oder für Spezialitäten (z.B. Eiswein) angewandt. Folgende tierschutzrechtliche Belange sind zu beachten: Maschenweite höchstens 30 mm; Fadenstärke mindestens 1 mm; Netze sind straff zu spannen; es dürfen keine Kunststoffgespinste verwendet werden. Der ordnungsgemäße Aufhängezustand der Netze ist häufig zu kontrollieren. Nach der Lese sind Netze unverzüglich zu entfernen.“