Von der anderen Hangseite höre ich schon Hufgetrappel bevor ich die Tiere aus dem Waldschatten treten sehe. Sie sind also neugierig, diese Bisons, die sich auf der Weide zwischen Strittmatt und Hartschwand tummeln. Malerisch haben sie es da mit ihrer Weide am Waldsaum, durch die der Bach fließt und auf der anderen Seite der Sonnenhang lockt.

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Für ungemütliches Wetter haben die Tiere einen Unterstand, „den sie nie nutzen“ wie mir Janos Böhler lachend erzählt. Bisons sind Steppentiere. Aus den Weiten Nordamerikas stammend sind sie es gewohnt, bei Wind und Wetter draußen zu sein. Ihr dichtes Winterfell schützt sie zuverlässig vor Kälte, Wind und Regen. Zudem sind es Fluchttiere, die selten freiwillig in eine dunkle Ecke gehen würden. Die Übersicht zu behalten hat oberste Priorität.

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Was vor drei Jahren mit drei Bisondamen begann, ist mittlerweile zu einer kleinen Herde heran gewachsen. Damals konnte man Janos Böhler noch auf der Weide mit den Tieren an der Hand fotografieren. Das lassen wir diesmal lieber. Immerhin steht jetzt ein stattlicher knapp vierjähriger Bulle mit in der Herde, Lebendgewicht um die 800 kg, Widerristhöhe beachtlich.

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Im vergangenen Jahr hat dieser Bulle zwei der Kühe gedeckt. Jetzt laufen zwei Jährlinge in der Herde mit.
Überhaupt verhält sich vieles bei diesen Tieren wie beim Nutzrind. Auch wenn die Bisons nicht mit unseren Rindern verwandt sind. Die Vorfahren unserer Rinder sind die Auerochsen, das Urrind. Weitläufig noch das Europäische Wisent.

Nützlich: Die Tiere stehen das ganze Jahr auf dieser Weide, die Janos Böhler als Portionsweide führt, sobald die Vegetation wieder beginnt.
Nützlich: Die Tiere stehen das ganze Jahr auf dieser Weide, die Janos Böhler als Portionsweide führt, sobald die Vegetation wieder beginnt. | Bild: Annka Mickel

Als Leckerli hat Janos Böhler diesmal Brotreste mitgebracht, über die sich die Tiere gierig, aber schön in Rangfolge hermachen. Dabei fällt auf, dass der Bulle die anderen kaum ran lässt. Er zeigt gern, dass er der Stärkste ist. Aber die Herde führt die Leitkuh. Jetzt, wo der Schnee endlich weg getaut ist und das Gras hervor spitzt, sieht man deutlich in der Wiese die Schlammstellen, in denen sich die Bisons liebend gerne wälzen. Vor allem jetzt, wo der Fellwechsel einsetzt und damit die Haut ziemlich juckt.

Franziska Gottstein und Janos Böhler wollten mit ihren Bisons einfach mal was Neues ausprobieren, nachdem ihre Galloways im Görwihler Tannenmättle schon Landschaft pflegen und eine gemischte Mutterkuh-herde für Fleisch sorgt. Und all das im Biobetrieb-Nebenerwerb. Janos Böhler erzählt schmunzelnd, dass Franziskas Eltern am Anfang nicht wussten, ob sie sich freuen oder die Hände überm Kopf zusammen schlagen sollen. „Es macht halt wieder Arbeit“, sagt Franziska Gottstein und es gehöre eine ordentliche Portion Idealismus dazu. Die hohen Startinvestitionen für den aufwendigen Zaunbau werden wohl Jahre brauchen, um sich zu amortisieren. Aber es sind anmutige, Respekt einflößende Tiere und vor allem sind es Wildtiere, ungezähmt.

Mutig: Janos Böhler und Franziska Gottstein lieben ihre Tiere, das merkt man deutlich. Eine eher schwache Kuh in der Herde ist das ...
Mutig: Janos Böhler und Franziska Gottstein lieben ihre Tiere, das merkt man deutlich. Eine eher schwache Kuh in der Herde ist das einzige Tier, das sich mal streicheln lässt. Ansonsten ist Respekt und Abstand zur Herde geboten. | Bild: Annka Mickel

Es ist gut, dass kein Weg direkt am Gehege vorbeiführt. Wer einen Blick erhaschen will, tut das oben von der Straße aus. Denn wenn die Herde unruhig ist, sich erschrickt, dann wird gerannt mit donnernden Hufen und ohne Rücksicht auf im Weg stehende Hindernisse. Ein einfacher Weidezaun mit Strom böte keinen wirksamen Schutz. Bewährungsstahlmatten sichern reihum das Gehege. Je mehr die Herde wächst und ihre natürlichen Strukturen entwickeln kann, desto weiter raus sollte sich der Mensch halten. Es sind keine Schmusetiere, auch wenn sie kuschlig aussehen.

Hochwertiges Biofleisch

Viel größer als jetzt wird die Herde allerdings nicht werden. So stehen Fläche und Besatz im Gleichgewicht. Um Inzucht zu vermeiden, werden die Jungtiere nach zweieinhalb Jahren geschlachtet, wenn sie geschlechtsreif sind. Janos Böhler hat eigens dafür eine Zusatzausbildung absolviert, sodass die Tiere direkt auf der Weide erlegt werden können. Wie genau das alles mit der Schlachtung läuft, wird sich im Herbst 2020 zeigen. Dann ist es das erste Mal soweit. Über Direktvermarktung wollen sie dann das hochwertige Biofleisch verkaufen. Vieles wird wohl auch im Eigenbedarf verbraucht.

Austausch mit Pfullendorf

Die Frage nach dem Gewinn stellt sich auch nach diesen ersten drei Jahren nicht für die Beiden. Es sind schöne Tiere, die vom Pfullendorf auf den Hotzenwald gezogen sind. Soweit beide wissen, sind sie die einzigen Landwirte im Gebiet bisher mit Bisons. Man sei mit dem Züchter in Pfullendorf in engem Austausch, um aufkommende Fragen in der Haltung zu beraten. Klar werde man bei der Vermarktung danach schauen, „das was reinkommt“ – aber an erster Stelle steht der Idealismus für diese ur-wüchsigen Riesen.