Jürgen Scharf

Bad Säckingen (js) "Die Ärzte, das war gestern – hier kommen die Schwestern!". Über Risiken und Nebenwirkungen des Kabaretts mit der Leipziger Pfeffermühle war jeder Patient, sprich Zuschauer, informiert. Steckte doch in der Pillenschachtel, in der das Programmheft eingerollt war, eine Packung Sch(m)erzmittel.

Diesen letzten Abend der Kabarett-Konzerte-Kultur-Saison (KKK) im Kursaal gab es zwar nicht auf Rezept, er war im Abo drin und wurde auch nicht von der Krankenkasse bezahlt. Nach zweieinhalb Stunden kabarettistischer Intensivstation hingen wohl alle Besucher am Tropf der vier Schwestern.

Vor allem im ersten Teil des neuen Programms mit den "Krankenschwestern" Jacqueline Boulanger, Lydia Roscher, Sabine Töpfer und Franziska Schneider brauchte es ein starkes Nervenkostüm, um die satirische Dauerinfusion zu überstehen. Die Schwestern diagnostizierten knallhart alles, was am Gesundheits- und Krankenhauswesen krankt und therapierten mit viel Ironie, verteilten keine Trostpflaster oder Placebos, sondern bittere Pillen.

Die Schwestern spielen witzig-gescheite Szenen von Arnulf Rating, in denen es nur so von medizinischen Ausdrücken wimmelt, und verwandeln sich blitzschnell in Figuren, wie die demente Seniorin, die immer Professor Brinkmann in der Schwarzwaldklinik sucht. In den frechen Gesangseinlagen der "Schwarzen Grütze" über kranke Kassen, Notfälle, Pflegenotstand, verhaltensauffällige ADHS-Kinder und Organtransplantationen, kommen ihnen ihre gut ausgebildeten Klassik-, Jazz- und Musicalstimmen zugute.

Zu Beginn des Abends mit Lach- und Reizstoffen, der eine gelungene Mischung aus Theater, Kabarett, Musical und Revue war, wurden die Zuschauer in den vorderen Reihen zu Pflegefällen, die hoffentlich mitlachen konnten. Denn Lachen ist bekanntlich die beste Medizin, und die findet in der Leipziger Sachsenklinik starke Anwendung. Aber nur, wenn die "Patienten" den "All you can schluck"-Tarif bezahlen, Behandlung der Lachmuskeln inbegriffen.

Auf dieser Station der Wandernieren und Windeln ist immer Stimmung! Während die anfänglichen Nummern fast schon mit schwarzem Humor überdosiert waren, wurde es nach der dringend angeratenen (Verschnauf-)Pause mehr musikalisches Kabarett, mit einer Rock'n'Roll-Party auf der Station. Man kann den Schwestern in der sächsischen Pleite-Klinik nur die Daumen drücken, dass aus ihrem Spital keine Drogen-, Psycho- oder Schönheitsklinik wird, sondern ein "Krankenhaus der guten Laune".

Ein bisschen stationärer Krankenhaus-Stadl war es schon auch, was die rotzfrechen Mädels in ihren weißen Kitteln so aus ihrem Arzneischränkchen holten und als Giftspritze dem Publikum verabreichten – bis hin zum Befund: "Wir sind doch alle krank, uns fehlt nur die Diagnose".