Obwohl genügend Arbeit vorhanden ist, möchte keine Hebamme mehr freiberuflich arbeiten. Schlechte Bezahlung, Arbeitsbelastung und hohe Haftpflichtprämien schrecken ab. Jetzt spitzt sich dieses Problem in Bad Säckingen zu.
Denn in acht Wochen verlässt die Hebamme Erika Wölk die Trompeterstadt und ab Juli gibt es keine freiberufliche Hebamme mehr, die Frauen während der Schwangerschaft und im Wochenbett betreut.
Vor einem Jahr erst hat Erika Wölk die Hebammenpraxis „Geburt und Leben“ von Petra Albiez übernommen. Albiez selbst war seit 1979 Klinik- und freiberufliche Hebamme in Bad Säckingen und hat die Praxis vor 30 Jahren ins Leben gerufen.
Seit dieser Zeit stand sie Frauen und Paaren mit Rat und Hilfe bei den vielfältigen Aspekten von Schwangerschaft, Geburt und Familienbildung zur Seite. Vor einem Jahr dann hat sie sich in den Ruhestand zurückgezogen und mit Erika Wölk eine Nachfolgerin für die Hebammenpraxis gefunden.
Hebammen sind rund um die Uhr einsatzbereit
„Ich weiß, was ich in diesen Jahren gearbeitet habe“, so Petra Albiez. Denn ein Baby kennt keinen Achtstundentag, weshalb Petra Albiez rund um die Uhr abrufbar war. Auch Erika Wölk hatte ein großes Gebiet zu betreuen. Neben Bad Säckingen war sie auch in Murg und in Rickenbach unterwegs.
„Es gibt natürlich Hebammen auf dem Hotzenwald, in Murg oder Wehr, aber keine hat die Möglichkeit, auch noch Bad Säckingen abzudecken“, sagt Petra Albiez. Es gibt auch viele „Schläfer“, also ausgebildete Hebammen, die aus vielfältigen Gründen momentan nicht tätig sind. Viele Hebammen möchten auch nicht mehr Vollzeit arbeiten.
Wie kann die schwierige Situation gelöst werden?
Als Erika Wölk die Entscheidung getroffen hatte, Bad Säckingen wieder zu verlassen, hat sich Petra Albiez Gedanken gemacht, wie sie eine Lösung in dieser schwierigen Situation für Frauen und Paare finden kann.
„Die medizinischen Probleme sind in Bad Säckingen weiterhin durch Kinderärzte und Gynäkologen abgedeckt, doch die allgemeinen Themen rund um die Schwangerschaft und Geburt würden in Bad Säckingen fehlen“, erklärt die Hebamme im Ruhestand. Ab Juli wird es deshalb neue Angebote in der Praxis von Petra Albiez geben, auch ohne Hebamme. So werden wieder Yoga für Schwangere und Beckenbodengymnastik nach der Geburt angeboten.
Beratung und Vorbereitung
Auch Elternberaterinnen stehen wieder für Themen wie natürliche Schwangerschaft und Geburt oder Stillvorbereitung und Stillen, Wochenbett, Säuglingspflege und Ernährung, gesunder Babyschlaf und Trageberatung zur Verfügung. Aber auch für Kleinkind-Themen wie Zähneputzen, Medienkonsum, Trotzphase und Ernährung wird es Beratung geben.
Ebenso können Frauen nach der Geburt in Kursen wie Babymassage oder Prager Eltern-Kinder-Programm (Pekip) Hilfe finden und Unterstützung holen oder sich untereinander austauschen. Ayurveda-Massagen oder Thai-Yoga-Massagen vervollständigen das Programm. Um dieses Programm wieder auf die Beine zu stellen, hat Petra Albiez ihre Kontakte aktiviert und sich mit entsprechenden Fachkräften in Verbindung gesetzt, die sich bereit erklärt haben, die Kurse in der Bad Säckinger Hebammenpraxis zu übernehmen.
Alternativ-Programm ersetzt aber keine Hebamme
Doch das Problem der fehlenden Hebamme bleibt: „Denn dies alles ersetzt natürlich keine kompetente Begleitung durch eine Hebamme“, macht Petra Albiez aufmerksam. Gudrun Römer, Vorsitzender der Hebammen im Kreis Waldshut, hat bereits bei Bürgermeister Alexander Guhl vorgesprochen und auf das Problem einer fehlenden Hebamme in Bad Säckingen aufmerksam gemacht.
„Die Stadt Bad Säckingen unterstützt uns jetzt darin, dass sie in zwei Hebammenzeitschriften Anzeigen schaltet, um eine Hebamme zu finden“, so Petra Albiez. Außerdem hat der Bürgermeister zugesagt, die neue Hebamme bei ihrer Wohnungssuche in Bad Säckingen zu unterstützen.
Bei medizinischen Fragen an Klinik wenden
Frauen, die keine Hebamme zur Betreuung finden, sollten sich in dieser Zeit bei medizinischen Fragen an den Kinder- und Frauenarzt sowie an die Geburtsklinik wenden. Wichtig sei laut Albiez aber auch, dass die Frauen die Unterversorgung bei ihrer Krankenkasse melden und Lokalpolitiker auf das Thema aufmerksam machen.
Die Unterversorgung kann auch im Internet (www.unserehebammen.de/mitmachen/unterversorgung-melden/) gemeldet werden. Die Hebamme, die in Bad Säckingen freiberuflich arbeiten möchte, findet laut Petra Albiez die besten Voraussetzung vor. Und vor allem: „Hier gibt es genügend Arbeit.“