Dass er „irgendein Reparaturteil“ einkaufen wollte, weiß Jörg Diskowski noch. Auch, dass er dieses Teil im Villinger Bauhaus-Markt nicht bekommen hat, wieder wegfahren wollte und beim Ausparken einen mattlackierten schwarzen BMW touchierte.
Was in den folgenden Minuten an jenem 27. Dezember 2022, dem Dienstag nach den Weihnachtstagen, passiert ist, liegt für ihn im Dunkeln. Fakt ist: Der 69-Jährige wachte auf dem Parkplatz-Asphalt wieder auf, mit blutenden Wunden und schmerzendem Kopf. Jetzt sucht er dringend eine Zeugin, die den Vorfall gesehen haben soll.
„Ich wurde zusammengeschlagen.“Jörg Diskowski, Rentner
Heute, mehr als zwölf Wochen später, steht der Niedereschacher auf dem Stellplatz direkt neben der Einfahrt zum Baumarkt und versteht die Welt nicht mehr. „Ich wurde ganz klar niedergeschlagen“, sagt Jörg Diskowsi. Doch rechtliche Anerkennung für seine Verletzungen bekommt er bislang nicht – im Gegenteil.
Der Unfallgegner plädierte auf Notwehr und hat seinerseits den 69-Jährigen belastet, ihn zuerst angegriffen zu haben. Diskowski weist dies von sich. Er erinnere sich noch, dass der deutlich jüngere Unfallgegner ihn aggressiv angeschrien habe: „Fassen Sie mein Auto nicht an!“
Trauriges Silvester im Klinikbett
Jörg Diskowski, der nach einem Schlaganfall vor über zehn Jahren ohnehin gesundheitlich angeschlagen war, leidet noch immer unter den Folgen jenes Dezembermitttags. Fast eine Woche musste er im Krankenhaus verbringen, feierte Silvester im Klinikbett. Seinen rechten Arm kann er bis heute nicht richtig benutzen, offenbar eine Folge der Gehirnerschütterung, sagt er. „Am PC kann ich nur arbeiten, wenn ich beide Hände für die Maus benutze“, erklärt der 69-jährige frühere Computer-Fachmann.
Diskowski möchte Schmerzensgeld für sein Leiden, doch die Aussichten sind düster. Zeugen, die den Tathergang beobachtet haben, haben sich bislang keine gemeldet. Er war allein unterwegs, hat selbst keine Erinnerung. Baumarkt-Mitarbeiter und Kunden, die erste Hilfe leisteten, kamen erst später dazu. Die Frau des Gegners indessen, die mit im Auto saß, berufe sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht.
„Da gilt der Grundsatz: Im Zweifel für den Beschuldigten.“Andreas Mathy, Staatsanwalt
Die Staatsanwaltschaft Konstanz verfolgt das Verfahren nicht weiter. Zum Tathergang sei einfach zu wenig bekannt, erklärt Pressesprecher Andreas Mathy. Beide Partien beschuldigen sich gegenseitig, da sei der Wahrheitsgehalt nicht überprüfbar, so auch Polizei-Pressesprecher Jörg-Dieter Kluge. Auch weitere Merkmale wie etwa niedrige Beweggründe für die Tat seien nicht erfüllt, so Andreas Mathy.
„Da gilt dann der Grundsatz: Im Zweifel für den Beschuldigten“, sagt der Jurist. Die Behörde könne immerhin „nicht jede Körperverletzung verfolgen“. Man habe die Sache auf den Privatklageweg verwiesen, da könnte es sogar zu einer Verhandlung kommen. Die Staatsanwaltschaft, so Mathy, sei hier allerdings außen vor.
Ganz so einfach ist die Sache für Jörg Diskowski aber nicht. Weil die Erfolgsaussichten düster sind, weigere sich seine Rechtschutzversicherung, die Kosten für ein solches Verfahren zu übernehmen. Einzige Hoffnung: Die Zeugin, die den Vorfall nach Angaben der Ersthelfer beobachtet haben soll, meldet sich doch noch.
Das Schmerzensgeld will er spenden
„Wenn ich diese Frau nicht finde, kommt der mit nichts davon“, klagt der Rentner. „Es geht mir gar nicht um das Schmerzensgeld, das würde ich sogar spenden“, betont er. Es sei ihm aber wichtig, klarzustellen, dass so etwas in unserer Gesellschaft einfach nicht passieren dürfe.