Wehr – „Adelgoz & Co. – Burgen rund um Wehr“ so der Titel eines Vortrages, der am Dienstag in der Wehrer Stadthalle zu hören war. Referent des Abends war der in Kirchzarten wohnhafte Archäologe und Historiker Heiko Wagner, der das Publikum über neue Forschungsergebnisse zu den drei mittelalterlichen Wehrer Burgen Werrach, Bärenfels (Steinegg) und Wildenstein in Kenntnis setzte.
Besonders das mit der lokalen mittelalterlichen Geschichte weniger vertraute Publikum durfte aufhorchen. Neben dem allseits bekannten „Schlössle“ sowie der Burg Bärenfels ist für die Gemarkung Wehr eine dritte mittelalterliche Wehranlage verbrieft – die Burg Wildenstein. Wie der mit zahlreichen Fotografien illustrierte Vortrag Wagners nahelegte, tun Hobbywanderer gut daran, auf eine Spurensuche vor Ort zu verzichten. Trägt die im 12. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem Kloster St. Blasien urkundlich erwähnte, im oberen Wehratal gelegen Burg ihren Namen nicht ganz zufällig. Geländebeschaffenheit sowie die ausgewerteten Hinweise auf Gebäude und Mauerwerk verrieten eine groß dimensionierte Anlage, erklärte Wagner.
Die Unwegsamkeit des Geländes mit seinen steil zur Wehra abfallenden Felswänden weise auf einen sehr hohen technischen Aufwand mit entsprechend hohen herrschaftlichen Ansprüchen. Die wenigen Keramikfunde belegten einen Bezug zur Herrschaft Adelgoz´ von Wehr auf der Burg Werrach im 11. und 12 Jahrhundert. Als nicht weiter erstaunlich bezeichnete Wagner den Umstand, dass sich die Burg Wildenstein ab dem 13. Jahrhundert nicht als Sitz einer eigenständigen Herrschaft etablierte und auch keine Erwähnung in späteren Quellen mehr findet. Entsprechende Parallelen für die Aufgabe von Burgen mit bloß repräsentativem Charakter in abgelegenen Gegenden seien gegeben, so Wagner.
Keine guten Nachrichten für Mittelalterromantiker hatte Wagner hinsichtlich des Schlössles. Die Ruinen der Außenfassade spiegelten die Größe der Burg zwar nicht wider. Von einem originalen Restbestand der mutmaßlich zu Zeiten Adelgoz´ von Wehr entstandene Wehranlage können aber keine Rede sein. Der Referent datierte das Gros der Bausubstanz des Schlössles auf das 15. Jahrhundert. Im Gegensatz zu der im Hochmittelelter des 10. und 11. Jahrhunderts vorherrschenden Bauweise zeige die Burg Werrach ein „unruhiges und unregelmäßiges Mauerbild“.
Auch der Rundturm dürfte nicht mit den Ursprungsbau des 11. Jahrhunderts in Verbindung gebracht werden, so Wagner. Die Existenz eines zweiten Rundturmes, für den es eindeutige Hinweise gebe, sei charakteristisch für die im 15. Jahrhundert aufkommende bautechnische Reaktion auf das Auftauchen von Feuerwaffen. Als Erklärung fügt sich dies gut in die historische Epoche des Schweizerkrieges beziehungsweise Schwabenkrieges zwischen den Habsburgern und den Eidgenossen. Keramikfunde belegten eine Besiedelung der Burg Werrach bis in Zeit der Renaissance. Das Schicksal der Anlage für die Zeit des Dreißigjährigen Krieges und eine von der Forschung vermutete Zerstörung müsse offen bleiben, referierte Wagner. Das Fehlen typischer Funde von Landknechtsutensilien, etwa Tonpfeifen, ließen eine Besetzung zwischen 1618 und 1648 ungewiss erscheinen, so Wagner.
Kulturamtsleiter Reinhard Valenta kündigte an, die von Wagner referierten neuen Erkenntnisse zu den mittelalterlichen Burgen Wehrs in einer Broschüre zusammenzufassen und der Öffentlichkeit zugänglich machen zu wollen.