Jeder Häfler spürt die im Frühjahr beschlossenen Gebührenerhöhungen im Geldbeutel. O VHS-Kurse, Parken in der gelben Zone, Schwimmbadbesuch, Bücherausleihe, Musikschulunterricht oder Kindergarten-Besuch – angesichts der sich dramatisch verschlechterten Finanzlage hatten Stadtverwaltung und Gemeinderat im März dieses Jahres eine haushaltspolitische Kehrtwende eingeläutet. Preise wurden angehoben, Dutzende Bauvorhaben gestrichen.
Jetzt schon zeichnet sich ab: Das wird wohl so weitergehen in den nächsten Jahren, denn die Aussichten sind düster. Der am 24. März 2025 vom Gemeinderat beschlossene Doppelhaushalt 2025/2026 muss fürs laufende Jahr bereits jetzt korrigiert werden, weil weniger Geld zur Verfügung steht als ursprünglich geplant. Der Finanz- und Verwaltungsausschuss berät deshalb am Montag, 15. September, über den Erlass einer Nachtragssatzung 2025 für den Haushalt der Zeppelin-Stiftung, der Beschluss wird am 29. September im Gemeinderat gefasst. Schon 2023 und 2024 war ein Nachtragshaushalt notwendig geworden.

Dividendenzahlungen der Stiftungsbetriebe, allen voran ZF, sorgten über viele Jahrzehnte dafür, dass die Kasse der Zeppelin-Stiftung gut gefüllt war. Zig Millionen flossen jedes Jahr in Bildung, Kultur, das Gesundheitswesen mit Klinikum, diverse Bauten und ermöglichten niedrige Nutzergebühren. Nun droht der Geldfluss zum Rinnsal zu werden, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Stadt und ihre Bewohner.
Defizit bei 21,2 Millionen Euro
Vieles war bislang in Friedrichshafen nur möglich, weil die ZF AG, Luftschiffbau Zeppelin GmbH und Zeppelin AG beständig Dividenden ausschütteten. Doch ZF steckt in der Krise und fuhr 2024 einen Verlust von über einer Milliarde Euro ein. Bei der Haushaltsplanung war mit 83,7 Millionen Euro Dividenden für die Zeppelin-Stiftung gerechnet worden. Tatsächlich sind es nur 67,3 Millionen – rund 16,4 Millionen Euro weniger. 3 Millionen können aus dem „Sparstrumpf“, der Zeppelin-Stiftung Ferdinand gGmbH, zugeschossen werden – macht also immer noch 13,4 Millionen Euro weniger. Das ordentliche Ergebnis erhöht sich den Sitzungsunterlagen zufolge auf ein Gesamtdefizit von 21,2 Millionen Euro. Damit verändert sich der Finanzierungsmittelbestand zum Ende des Haushaltsjahres von bisher minus 14,4 um 13,4 auf minus 27,8 Millionen Euro.
Um das Defizit zu decken, muss also weiter in die Rücklagen der Zeppelin-Stiftung gegriffen werden. Und die schmelzen immer mehr ab. „Von 2023 bis 2025 werden damit insgesamt 93 Millionen Euro aus den Rücklagen entnommen“, heißt es im Haushalts-Zwischenbericht. Zum Jahresende 2025 rechnet die Stadt- und Stiftungspflege noch mit Rücklagen in Höhe von etwa 125 Millionen Euro. Davon seien rund 40 Millionen Euro für Ermächtigungsüberträge und den Neubau der beiden Kitas Habakuk und Zum guten Hirten verplant.
Rücklage bald aufgebraucht
Das ist aber noch nicht alles: Rund die Hälfte der sogenannten Substanzerhaltungsrücklage von rund 52 Millionen Euro wird für die energetische Sanierung des Graf-Zeppelin-Hauses in den nächsten Jahren benötigt. „Bei einem weiteren Rückgang der Dividendeneinnahmen und Ausgaben wie im Haushaltsplan 2026 geplant, wird die freie Rücklage von 31 Millionen Euro innerhalb eines Jahres verbraucht sein“, heißt es in dem Zwischenbericht.

Gebührenschraube dreht sich
Was sich nach trockener Kämmerer-Lektüre anhört, betrifft die Bürger der Stadt unmittelbar. Alles deutet auf eine Fortführung und Verschärfung des eingeschlagenen Sparkurses hin. Die auf die Warteliste für die Zeit nach 2030 geschobenen Projekte wie Multifunktions-Arena, Neubau der Rotachhalle Ailingen oder Bahnunterführung Fischbach könnten verschwinden. Gebühren könnten weiter steigen. Dabei sind Steigerungen bereits eingeplant wie bei den Kita-Gebühren in zwei weiteren Stufen 2026 und 2027. Schon bei der ersten Erhöhung im Frühjahr 2025 hatten Eltern dagegen protestiert.
Keine neuen Projekte
Am eisernen Sparen wird kein Weg vorbeiführen, davon ist die Stadtverwaltung überzeugt. „Neben einer eindeutigen Fokussierung und Priorisierung sind weitere Einsparungen bei den Ausgaben notwendig, da künftig mit weiteren Rückgängen bei den Dividendeneinnahmen zu rechnen ist“, so das Fazit im Zwischenbericht. „Die Verwaltung empfiehlt daher auch für 2025 und die folgenden Jahre ein konsequentes Aufgabenmoratorium. Es können weiterhin keine neuen und/oder freiwilligen Aufgaben, Maßnahmen und Projekte übernommen, ausgeweitet oder verlängert werden.“
Wie geht der Rettungsplan für die Stiftung?
Um die Zeppelin-Stiftung zu retten, müsse außerdem „der Rücklagenverbrauch durch weitere Einsparungen reduziert werden, um deren Verbrauch, speziell bei noch geringeren Dividendeneinnahmen, um die Liquidität der Zeppelin-Stiftung auch noch über 2026 hinaus sicherzustellen“.