Die Stadtwerke Waldshut-Tiengen suchen im Bürgerwald nach Wasser – und das erfolgreich. Davon zeugen die Ergebnisse von Pumpversuchen im Bereich Obere Riedhalden, die jüngst am ergiebigeren von zwei Versuchsbrunnen erprobt worden sind. Der hier in den kommenden zwei Jahren entstehende Tiefbrunnen soll die Trinkwasserversorgung der Stadt und seiner Ortsteile auch in trockenen Sommern sichern.
Ende Oktober begannen an zwei vielversprechenden Standorten die Erkundungsbohrungen. In einer Tiefe von bis zu 63 Metern erhofften sich die Geologen, genügend Grundwasser zu finden, das dauerhaft mit über 100 Kubikmetern pro Stunde gefördert werden könnte. Zum Vergleich: Das sind 833 durchschnittliche Badewannen (120 Liter) pro Stunde, eine Badewanne in 4,32 Sekunden oder ein ganzes Tiengener Freibad in knapp 15 Stunden.
„Der neue Tiefbrunnen im Bürgerwald ist zukunftsweisend“, sagt Andreas Schillinger, Leiter Produktion bei den Stadtwerken Waldshut-Tiengen. Besonders die Ortsteile Aichen und Krenkingen sollen auch in trockenen Sommern, wenn hochgelegene Quellen deutlich weniger Wasser führen, durch die gleichbleibende Förderleistung der Tiefbrunnen besser versorgt werden. Alte, weniger ergiebige Brunnen können dann abgelöst werden.
Die beiden Bohrungen im Oktober 2017 wurden mittlerweile zu Versuchsbrunnen ausgebaut. Die Ergebnisse zahlreicher Pumpversuche, zuletzt ein einwöchiger Dauertest mit knapp 20 Litern pro Sekunde, sind vielversprechend. Zwar laufe die Auswertung noch, aber „Die Ergiebigkeit für 100 Kubikmeter pro Stunde ist gegeben. Das war die Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Brunnenbau“, sagt Geologe Klaus Kleiner, der das Projekt betreut und fügt hinzu: „Wir sind sehr zufrieden.“ Besonders Brunnen B scheint optimal platziert worden zu sein. Beim Pumpversuch in 63 Metern Tiefe war der 42 unter Gelände beginnende Grundwasserspiegel gerademal 30 Zentimeter abgesunken – gegenüber Brunnen A mit 140 Zentimetern in 50 Metern Entfernung – und danach auch schneller wieder angestiegen.
Ebenfalls hervorragend sei die Qualität des aus der sogenannten „Klettgaurinne“ stammenden, in west-südwestlicher Richtung fließenden Grundwassers. Zwar dauern die Labortests noch an, um herauszufinden, ob es Einflüsse aus dem Wutachgebiet gibt, erste bakteriologische Untersuchungen aber zeigen bereits, dass das Wasser entsprechend der Trinkwasserverordnung keimfrei ist. Es verdankt seine hohe Qualität vor allem den bis zu 18 Meter mächtigen, feinkörnigen Deckschichten aus Feinsedimenten, die die darunter liegenden, 15 bis 19 Meter mächtigen, wassererfüllten Kiese – also die Grundwasserschicht – gegen Oberflächeneinflüsse abschirmen. Sie wurden bereits in der vorletzten Eiszeit, der „Rißeiszeit“ hier abgelagert und sind daher mindestens 130 000 Jahre alt.
Die vollständigen Ergebnisse werden voraussichtlich Ende Mai vorliegen. Dann soll Versuchsbrunnen B zum neuen Tiefbrunnen ausgebaut werden und in rund zwei Jahren den regulären Betrieb aufnehmen. Dazu wird der Bohrschacht von derzeit 17,5 auf 80 Zentimeter Durchmesser erweitert. Später werden zwei hocheffiziente Pumpen bis zu jeweils 20 Liter Wasser pro Sekunde vom Grund aus durch die Edelstahl-Steigleitung nach oben befördern. Das Wasser wird in mehrere der derzeit 29 Hochbehälter befördert, von wo aus es mit einem Druck zwischen fünf und neun Bar im durch das 300 Kilometer lange Leitungsnetz im Stadtgebiet verteilt wird. Mittelfristig soll zur besseren Versorgung der Ortsteile auch ein Hochbehälter bei Berghaus entstehen. Wie dieser gestaltet werde, sei Andreas Schillinger zufolge aber noch offen.
Statistik zum Wasser
2016 verbrauchte jeder Deutsche durchschnittlich 123 Liter Wasser am Tag. Das entspricht der Füllung einer Standard-Badewanne – oder 615 Trinkgläsern. Die Stadtwerke Waldshut-Tiengen versorgten im vergangenen Jahr 24 621 Einwohner im 78 Quadratkilometer großen Stadtgebiet mit 1 387 000 Kubikmetern, also fast anderthalb Milliarden Litern Wasser. Das sind über 11,6 Millionen Badewannen, 752 Tiengener Freibäder, knapp über 69 Milliarden Schluck – oder eben 154 Liter täglich pro Einwohner. Das Wasser stammt aus 37 Quellen und acht Tiefbrunnen. Das Leitungsnetz ist 300 Kilometer lang