Eine große Trauergemeinde nahm am Freitag in Grafenhausen Abschied von Anton Hirzle, der nach schwerer Krankheit verstorben ist. Musiker und Musikerinnen aus Gechingen waren angereist, um ihrem langjährigen Dirigenten musikalisch die letzte Ehre zu erweisen.

Leben und Beitrag zur Blasmusik

Anton Hirzle ist 1955 als ältester Sohn von Gertrud und August Hirzle in Birkendorf mit den Brüdern Markus und Hansjörg aufgewachsen. Nach der Hauptschule und Ausbildung zum Fernmeldehandwerker bildete er sich zielstrebig weiter bis zum Fachhochschulabschluss als Diplomingenieur für Elektrotechnik.

Er heiratete 1978 in Birkendorf Sonja Würtenberger aus Grafenhausen. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Berufsbedingt verschlug es die Familie von Grafenhausen nach Jettingen, wo der Verstorbene bei Daimler in Sindelfingen eine passende Ingenieur-Stelle fand und bis zum Ende seiner Berufslaufbahn als Abteilungsleiter tätig war. Vor einem Jahr zog die Familie wieder zurück in den Schwarzwald ins neue Haus in Grafenhausen.

Er revolutioniert die musikalische Landschaft

Der Beitrag des Verstorbenen zur Blasmusikszene war herausragend. In seiner aktiven Zeit revolutionierte er die musikalische Landschaft in vier verschiedenen Musikvereinen: Birkendorf, Untermettingen, Lauchringen und zuletzt Gechingen.

Mit Blasmusik auf hohem Niveau ging er gern an Leistungsgrenzen der Amateurorchester. Die jährlichen Music-Light-Shows sind in Lauchringen so unvergessen wie in Gechingen die weiter entwickelte Version der „Modern-Music-Show“.

Die musikalischen Wurzeln von Anton Hirzle wuchsen in der Trachtenkapelle Birkendorf. Mit 18 Jahren bildete er die Jungmusiker aus. Das ...
Die musikalischen Wurzeln von Anton Hirzle wuchsen in der Trachtenkapelle Birkendorf. Mit 18 Jahren bildete er die Jungmusiker aus. Das Bild entstand am 31. Mai 1975 nach einem Konzert mit der Jungmusik Birkendorf in Herrischried. Von links: Michael Kromer, Gerhard Schwarz, Andreas Hirzle, Johannes Stulz, Martin Werner (†), Hansjörg Hirzle, Markus Hirzle, Michael Blatter, Thomas Schnitzer, Viktor Rebmann (†), Norbert Schwarz und Dirigent Anton Hirzle.

Musik war dem Verstorbenen in die Wiege gelegt. Früh lernte er in der Trachtenkapelle Birkendorf Tenorhorn und Trompete spielen. Er übernahm 18-jährig die Jungmusik-Ausbildung des Heimatortes, die er für moderne Blasmusik begeisterte. „Wir hatten die beste Jungmusik der Region, die erstmals eigene Konzerte gab“, erinnert sich Markus Hirzle.

Anton Hirzle macht die Blasmusik moderner

Als talentierter Musiker brachte Anton Hirzle Kreativität, innovative Ideen und neue Impulse in die Blasmusik ein. War man bis dahin auf Märsche und Polka eingestellt, arrangierte Hirzle viele Musikstücke für moderne Musikrichtung. Der neue Stil kam nicht nur bei der Jugend an, sondern begeisterte Musiker und Publikum.

Durch unermüdliche Arbeit und Leidenschaft trug er erheblich dazu bei, die Blasmusik zu modernisieren und vielen jungen Musikern neue Perspektiven zu eröffnen. Er verlangte sich und den Musikern viel ab. Aus der Trachtenkapelle Birkendorf sind später Bands wie WAP, Dilldapps, Rosebutt und nicht zuletzt Luddi hervorgegangen, die sich der Rock- und Popmusik verschrieben.

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Mit 22 Jahren wird er musikalischer Leiter

Mit nur 22 Jahren wurde der Verstorbene musikalischer Leiter des Musikvereins Untermettingen. An der Trossinger Bundesakademie nahm er an einem Europa-Seminar für Blasorchester-Dirigenten mit über 100 Orchesterleitern aus 14 Nationen und erfolgreicher B-Prüfung teil.

Seine stets hohen Ansprüche schlugen sich in den Jahreskonzerten nieder. 1980 wurde Hirzle Dirigent des Musikvereins Lauchringen. „Music Light Shows“ hießen dort fortan die Jahreskonzerte, bei denen er die Talente einiger seiner Heimatmusiker und Brüder als Gastmusiker nutzte. Die ausverkauften Aufführungen wurden stets mit stehenden Ovationen belohnt.

Anton Hirzle revolutionierte die Blasmusik in Untermettingen, Birkendorf, Lauchringen und Gechingen.
Anton Hirzle revolutionierte die Blasmusik in Untermettingen, Birkendorf, Lauchringen und Gechingen. | Bild: Ursula Ortlieb

Nach seinem Umzug nach Jettingen übernahm er in Gechingen nach kurzer Zeit die Leitung des Blasorchesters. Wie sich der Vorsitzende des dortigen Musikvereins in seinem Nachruf erinnerte, waren es zwei Bedingungen, die Anton Hirzle damals stellte: 1. Bereitschaft musikalische Qualität zu gewährleisten und 2. Offenheit für Neues.

Unter seiner Leitungen steigt die Zahl der Musiker

Unter Hirzles Leitung wurden Konzerte als „Modern-Music-Shows“ aufgeführt, bei denen ebenfalls die Birkendorfer Brüder Markus und Hansjörg als Gastmusiker und -sänger mitwirkten. Das Echo des Publikums und in der Presse war voll des Lobes und Anerkennung. Der Bürgermeister der Stadt Gechingen würdigte Anton Hirzles Wirken im Jahr 2002 mit der Ernennung zum Musikdirektor der Stadt.

Laut Vorsitzenden des Musikvereins Gechingen, sei die Zahl seiner Musiker unter Dirigent Hirzle erheblich angestiegen.

Nach 18 Jahren legt er den Taktstock nieder

2010 machten sich die ersten Krankheitssymptome bemerkbar. Hirzle legte nach mehr als 18 Jahren den Taktstock nieder. Er musizierte weiterhin zuletzt mit dem Alphorn. 2023 zog die Familie wieder zurück in den Schwarzwald, wo sie ein neues Haus gebaut hatten.

Mit Ehefrau Sonja, Tochter Natalie und Sohn André, Enkelkinder Levin und Selina trauern Familienangehörige, Verwandte und Freunde in Birkendorf und an Wirkungsstätten des Verstorbenen.

Angereiste Musiker aus Gechingen umrahmten die Trauerfeier getreu dem Motto des Verstorbenen mit drei modernen Musikstücken. Enkel Levin spielte als letzten Gruß den Lieblingstitel seines Opas „Samba Pati“ von Carlos Santana auf der E-Gitarre und erinnerte an Anton Hirzles große Liebe zur Musik.

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