Wutach – Zwei Regenbogenflaggen schmücken seit Donnerstag das Wutacher Rathaus in Ewattingen. Die Gemeinde reagiert damit auf die Parole „Schwule raus“, die Unbekannte in der Nähe des Wutacher Wasserspeichers auf der Verbindungsstraße von Ewattingen nach Lembach auf den Asphalt gesprüht haben.

Eine Wutacher Bürgerin hatte die Parole kürzlich entdeckt und in der öffentlichen Wutacher Gemeinderatssitzung vom 6. Juni darüber berichtet. Unterstützt von anderen Zuhörern verlieh sie dort ihrer Missbilligung deutlich Ausdruck. Sie forderte von der Gemeinde eine Stellungnahme ein. Ihren Angaben zufolge hatten Unbekannte am gleichen Platz zuvor die inzwischen verblasste Parole „Grüne raus“ aufgesprüht. Bürgermeister Alexander Pfliegensdörfer war von diesem Hinweis aus der Bürgerschaft überrascht. Er versicherte der Bürgerin, dass er sich der Angelegenheit annehmen werde.

„Kein Platz für Diskriminierung“

Pfliegensdörfer hat jetzt auf seinem offiziellen Instagram-Account unter der Überschrift „Gemeinde Wutach zeigt Flagge“ eine Stellungnahme zu der neuen Hetzparole veröffentlicht. „In unserer Gemeinde Wutach ist kein Platz für Diskriminierung, Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit“, heißt es darin. Alle Menschen sollten die gleichen Rechte haben. Aus dem aktuellem Anlass hisse die Gemeinde Wutach in diesem Monat daher die Regenbogenfahne und setze damit ein Zeichen gegen Diskriminierung. „Wir sind stolz auf unsere Vielfalt und darauf, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen, um ein friedliches Miteinander zu fördern“, schreibt Pfliegensdörfer weiter. Sein Instagram-Beitrag hat inzwischen Dutzende zustimmende „Gefällt mir“-Markierungen erhalten, darunter auch von den beiden Wutacher Ratsfraktionen der UWW und der CDU sowie von der Bonndorfer Bürgerliste.

Seine Stellungnahme werde er auch noch im nächsten Amtsblatt veröffentlichen, kündigte Bürgermeister Pfliegensdörfer auf Nachfrage an. Er werde außerdem Anzeige gegen die Sprayer erstatten. Die Staatsanwaltschaft in Waldshut befasst sich bereits mit dem Fall. Es werde derzeit geprüft, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten vorliegen, teilte ein Sprecher mit. Das steht nach Auffassung von Juristen bereits außer Frage. Den Tätern könnte eine Anklage wegen Sachbeschädigung und sogar wegen Volksverhetzung drohen. Das erklären unabhängig voneinander der emeritierte Professor für Strafrecht Walter Perron von der Universität Freiburg und die auf Strafrecht spezialisierte Rechtsanwältin Johanna Liman von der Kanzlei Brunner und Partner in Titisee-Neustadt.

Ob die Staatsanwaltschaft tatsächlich Anklage erheben wird, ist zurzeit noch unsicher. Sie könne aber in diesem Fall sogar von sich aus tätig werden, sagen die Juristen. Eine Anzeige des Geschädigten würde der Angelegenheit jedoch mehr Nachdruck verleihen, ergänzt Rechtsanwältin Liman. In der gleichen Richtung äußert sich auch Professor Perron: „Ein Strafantrag des Eigentümers der Straße dürfte wegen des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung nicht erforderlich sein, wäre aber dennoch sinnvoll.“ Falls es den Behörden gelingt, die Täter zu überführen, drohen ihnen Geld- oder Gefängnisstrafen. Bei Sachbeschädigung würde der Strafrahmen Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren betragen, bei Volksverhetzung Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.