Die vormalige 10e des Theodor-Heuss-Gymnasiums hat endlich seine Ausfall- und Entschädigungszahlung erhalten. Dass die Airline Easy Jet jetzt nach fast sechs Monaten nach dem Vorfall gezahlt hat, liegt an Elternvertreter Björn Treptow, der hartnäckig blieb – und dass sich nach dem ersten Bericht in dieser Zeitung über den Fall die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg der Sache annahm. Für die Airline war die Sache am Ende mit 8000 Euro teurer, als wenn sie gleich gezahlt hätte.
- Vorgeschichte: 23 Schüler sowie zwei Lehrerinnen der Klasse 10 e des Theodor-Heuss-Gymnasiums (THG) waren im Juli auf Klassenfahrt in Berlin. Der Rückflug nach Basel war für den 24. Juli abends, 21.05 Uhr, gebucht. Um 15.30 Uhr erhielten sie eine SMS von Easy Jet mit der Nachricht, dass der Flug ohne Angabe von Gründen ersatzlos gestrichen wurde. Auch gab es keinen Ersatzflug innerhalb der nächsten 48 Stunden oder sonst irgendeine Hilfe. Kurzerhand buchte die Klasse Plätze im Nachtzug Berlin-Basel. Die Zugfahrt für 25 Personen kostete 1600 Euro. Zudem wurden noch 360 Euro für ein Abendessen ausgegeben. Eine Lehrerin legte das Geld aus.
Gleich nach der Rückkehr nahm Elternvertreter Björn Treptow, über dessen Easy Jet-Konto der Ausflug gebucht worden war, die Kostenerstattung in die Hand. Zwar war allen bekannt, dass der Klasse – da keine besonderen Umstände im Spiel waren – außer dem Geld für Zugrückfahrt plus Abendessen auch die Rückzahlung der Kosten für den ausgefallenen Flug (1000 Euro) und obendrein eine Entschädigungszahlung von 250 Euro pro Reisendem zustand.
Allerdings beließ man es damit, das Geld für Zugfahrt und Abendessen wiederhaben zu wollen. Es wurde dann auch nach einer Woche ein Teilbetrag in Höhe von rund 630 Franken überwiesen. Doch damit war das Entgegenkommen der Airline zu Ende – und der Ärger begann. Immer wieder hakte Björn Treptow nach – erfolglos. Zunehmend beschlich ihn die Vermutung, dass die Airline die Sache aussitzen wolle. So machten die Eltern den Fall in unserer Zeitung im September publik .
- Verbraucherzentrale: Im Zuge der Recherche wandten wir uns nicht nur an Easy Jet, sondern auch an Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er bestätigte, dass nicht nur Easy Jet, sondern generell fast alle Anbieter, insbesondere in der Billigfliegerbranche, in solchen Fällen gerne auf Zeit spielen würden – und bot in diesem konkreten Fall an, dass sich die Verbraucherzentrale der Sache annimmt. Ein Angebot, das Treptow nach Rücksprache mit Lehrern und Eltern gerne annahm.
- Wie ging es weiter? Vor wenigen Tagen teilte Treptow mit: „Easy Jet hat endlich gezahlt.“ Das Geld der Airline sei endlich nach fast sechs Monaten auf dem Konto gelandet.
Für Easy Jet hat sich dieser Aussitzversuch übrigens gleich in mehrfacher Hinsicht nicht gelohnt. „Wenn die unser Anliegen speditiv bearbeitet hätten, also 14 Tage danach die Kosten für den Zug und das Abendessen gezahlt hätten, hätten wir auf die Flugkosten und Ausgleichszahlung von 250 Euro pro Person verzichtet“, sagt Treptow. Schon weil „wir sonst ja gute Erfahrungen mit Easy Jet gemacht hatten.“ 6500 Euro der 8000 Euro wären der Airline so erspart geblieben. Weil diese sich aber derart stur stellte, „wollten wir alles haben, was uns auch rechtlich zusteht.“ Treptow wundert sich allerdings noch immer: „Eine kundenorientierte Firma würde bei so einem Feedback sofort den Kunden kontaktieren und versuchen, den Missstand zu beheben.“
Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale sagt über das Vorgehen von Björn Treptow, dass dieser „alles richtig gemacht hat. Er hat es erst selber versucht, und als das nicht funktionierte, hat er sich Unterstützung geholt“.
Dieser Fall sei ein klassisches Beispiel dafür, dass Verbraucher zwar klar definierte Rechte haben – sich diese trotzdem aber zuweilen nur dann durchsetzen lassen, wenn eine dritte Stelle wie die Verbraucherzentrale „sich einschaltet und Druck aufbaut, damit Geld fließt.“ Auch die Verbraucherzentrale habe übrigens so ihre Mühe gehabt, bei Easy Jet durchzudringen, berichtet Buttler. „Es ist nicht bei einem Sachbearbeiter geblieben. Es ging über mehrere Stellen, es waren mehrere Briefe, Schriftverkehr, E-Mails und Telefonate notwendig, bis wir vorangekommen sind.“
Rechtslage und mögliche Schritte
In der EU-Fluggastverordnung ist das Thema eindeutig geregelt: Wird ein Flug kurzfristig gestrichen und kann kein Ersatz angeboten werden, muss die Fluglinie das Flugticket zurückerstatten, sie muss Kosten für eine Unterkunft bezahlen sowie jene für den alternativen Rücktransport – obendrein wird eine Entschädigung fällig. Bei einer Strecke bis 1500 Kilometer sind das 250 Euro pro Person. Voraussetzung ist, dass der Flug im EU-Gebiet stattgefunden hat und nicht wegen „äußerer Umstände/höherer Gewalt“ gestrichen wurde.
Schritt eins: Sich selbst direkt an die Fluggesellschaft wenden–, wer sich unsicher ist, kann sich dazu auch von der Verbraucherzentrale beraten lassen.
Schritt zwei: Wenn sich die Airline nicht rührt, Beistand herbeiziehen. Das kann ein Anwalt sein (es gibt spezialisierte Kanzleien, die ihre Dienste im Internet anbieten, allerdings gegen teils beträchtliche Erfolgsprovisionen) oder die Verbraucherzentrale.
Schritt drei: Wenn das nichts bringt, bleibt laut Oliver Butter von der Verbraucherzentrale als letzte Maßnahme vor einer juristischen Klage nur noch, sich an die Schlichtungsstelle für den Öffentlichen Personennahverkehr (www.soep-online.de) zu wenden. Diese hat laut Buttler eine hohe Erfolgsquote in der Vermittlung solcher Anliegen (knapp 90 Prozent) – was auch daran liegt, dass sich alle großen Anbieter verpflichtet haben, Schiedssprüche der SÖP akzeptieren.