„Wir feiern heut‘ ein Fest“ und „Heute geht‘s mir gut“ sang der neue Straßenchor vom Haus der Diakonie bei der Verleihung des Lothar Späth-Förderpreises am Samstag in der Stadthalle. Und diese Lieder waren Programm, war es doch ein schöner und bewegender Festakt mit neuen Bühnendarbietungen. Erstmals bereicherte ein Tanztheater mit inklusivem Tanz die Feier. Tänzerinnen mit und ohne Behinderung von der Lörracher Tanzschule Art & Dance und dem Haus der Diakonie feierten mit dem modernen Tanzstück „Begegnung“ Premiere. Die Inszenierung bediente sich Schaufensterpuppen, die zu Computerstimmen und Musik in Bewegung gebracht wurden.

Das fand großen Beifall bei den Gästen im vollen Saal. Schirmherrin Anne-Sophie Mutter, die Hauptrednerin des Abends, war sichtlich begeistert von den Vorführungen, die dieses Fest so einmalig machten. Über die Bilder der Preisträger geriet sie regelrecht ins Schwärmen. Auch sei sie verliebt in die Werke der drei Juroren, die eine „herkulische Aufgabe“ bei der Auswahl geleistet hätten. Die ausgestellten Bilder seien nicht minder berührend als solche, die in arrivierten Museen hängen, fand Mutter.
„Wunderbare Heimatstadt Wehr“
In ihrer Rede, die auch politische Aspekte über die Solidargesellschaft und die Würde des Menschen beinhaltete, erinnerte sie an Paul und Hanna Gräb, deren Lebenswerk die Grundlage für die Arbeit mit behinderten Menschen bildete. „Pauls Lachen vermisse ich schmerzlich“, sagte Anne-Sophie Mutter, die von dem Kunstpfarrer getauft wurde und „mit Paul und Hanna durchs Leben ging“. Über den Späth-Preis meinte die Stargeigerin, die einmal mehr gern in ihre „wunderbare Heimatstadt Wehr“ gekommen war, er sei ein weithin sichtbares Leitbild für Inklusion. Und man solle die Preisträger „hochleben lassen“.

Das tat Kuratorin und Juryvorsitzende Elena Romanzin in ihrer Laudatio, in der sie ausführlich die Preisträger und ihre Werke würdigte und deren künstlerische Qualität und Besonderheit herausstellte. Der Lothar Späth-Preis sei zu einem festen Bestandteil der Wehrer Kulturszene geworden. Für sie und ihre Jurykollegen Seona Sommer und Michael Jaks – die anwesend waren – sei es nicht einfach gewesen, die Auswahl auf diese wenigen Werke zu beschränken.
Ein Preis geht an die Realschule
Der erste Preis ging an Ines Scheuerpflug aus Pforzheim für ihr Buntstiftbild „Schneckenhäuser“. Neben den drei Hauptpreisen und den zehn Anerkennungspreisen gab es drei Sonderpreise, darunter den der Realschule, deren Schüler viel mitgeholfen haben und die einzelnen Preisträger auf die Bühne begleiteten, wo sie aus der Hand von Anne-Sophie Mutter die Urkunden erhielten.
Neben ihr stand Bürgermeister Michael Thater, der an diesem Tag Geburtstag hatte und mit einem „Happy Birthday“-Ständchen beglückwünscht wurde. Er wiederum gratulierte allen Künstlern für die „grandiosen Bilder“ und erinnerte noch einmal an das Anliegen des Preisstifters Lothar Späth, dem es wichtig gewesen sei, dass alle Menschen in der Gesellschaft ihren Platz fänden. „Wir müssen Menschen mit Beeinträchtigungen gut in unsere Gesellschaft integrieren“, sei heute noch die Intention des Späth-Preises. Dieser habe nichts von seiner Bedeutung eingebüßt, er sei so wichtig wie noch nie, so Thater. Die Kuratorin Elena Romanzin bezeichnete er als „das Herz des Lothar-Späth-Förderpreises“.
Trotz vollem Terminkalender in Wehr
Wie sagenhaft Romanzin die Bilder beschrieb, das hob Ulrich Delhey von der Gräb- und Späth-Stiftung hervor. Als nicht selbstverständlich bezeichnete es Delhey, dass Anne-Sophie Mutter bei ihrem vollen Tourneekalender immer persönlich zur Verleihung nach Wehr komme. Das zeige ihre enge Verbundenheit. Dass 40 Unternehmen als Sponsoren dabei waren, „so viel wie nie“, vermerkte Delhey mit Freude. Das Schlusswort hatte wieder der Straßenchor unter Leitung der Musiktherapeutin Luise Martin-Ruffing und mit Kunstkursleiterin Agnes Martin am Akkordeon.