Hinweis: Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass die vom Landratsamt übermittelten Daten zur Belastung des Materials fehlerhaft sein könnten. (Stand 22. März 2024). Die Redaktion geht dem nach und korrigiert dies, sobald korrekte Werte vorliegen. Dass das Material belastet ist und PAK problematisch ist, ist unbestritten.

In Herrischried lagert seit über einem halben Jahr auf einem Wanderparkplatz 200 Meter oberhalb der Murgquelle Straßenaufbruch, der bei den Arbeiten für den Breitbandausbau anfiel. Umweltaktivisten zufolge ist er stark mit Polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (⁠PAK) belastet. Sie verlangen jetzt Bodenuntersuchungen. Dem Landkreis zufolge ist das Material nur äußerst gering belastet, so dass kein Anlass für irgendwelche besonderen Maßnahmen bestehe.

Sicher ist nur eins: Die 300 Kubikmeter Asphaltausbruch sollen heute endlich von dem Wanderparkplatz verschwinden. Die zuständige Baufirma habe ihm berichtet, dass die Haufwerke diesen Donnerstag abtransportiert würden, sagte der Herrischrieder Bürgermeister Christian Dröse am Montag unserer Zeitung. „Es sind sieben Sattelzüge bestellt.“

Die Aktivisten messen den extrem hohen Wert von 997 Milligramm

Über das, was da mehrere Monate lagerte, gehen die Ansichten bei einer Gruppe von Umweltaktivisten und den zuständigen Mitarbeitern der Umweltbehörde des Landkreises weit auseinander. Dieter Berger aus Riedichen bei Zell, Mitglied des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), bezeichnet das Material als stark PAK-belastet. Er verweist auf die von ihm in Auftrag gegebene Analyse eines Münchner Labors. Dieses habe bei einer im Dezember 2022 entnommenen Probe 997 Milligramm PAK gemessen habe. Zur Einordnung: Abfall mit einem PAK-Gehalt von 200 Milligramm ist als gefährlich eingestuft.

Das Umweltschutzamt kommt auf gerade einmal 0,055 Milligramm als Höchstwert

Zu ganz anderen Messergebnissen als die Aktivisten kommt das Landratsamt Waldshut. Bei Wehrhalden seien mehrere Proben entnommen worden, antwortete die Behörde am Mittwoch auf eine Anfrage unserer Zeitung. „Dabei wurde eine maximale PAK-Belastung von 0,055 Milligramm pro Kilogramm festgestellt.“ PAK-Belastungen unter 3 Milligramm seien nach den einschlägigen Grenzwerten offen einbaubar, frei verwertbar. Das bedeute, dass das Haufwerk in die niedrigste PAK-Bewertungsklasse falle.

Thomas Werke und Elvira Stehle entnehmen Material, von dem sie annehmen, dass es PAK-belastet ist.
Thomas Werke und Elvira Stehle entnehmen Material, von dem sie annehmen, dass es PAK-belastet ist. | Bild: Vonberg, Markus

Berger und seine Mitstreiter verweisen darauf, dass das Material monatelang unabgedeckt auf der nackten Erde gelagert habe. Erst nach dem Austritt von Öl aus einer Maschine sei das Lagergelände unterkoffert worden. Die Abdeckplanen aus Kunststoff seien mittlerweile stark beschädigt, so dass bei Regen Wasser fast ungehindert in das Material eindringen könne.

Die Umweltschutzgruppe verlangt, dass der Untergrund beprobt wird

„Wenn es regnet, gelangt das PAK in den Untergrund. Wenn es erst mal im Grundwasser ist, bringt es da keiner mehr raus“, sagt Berger. Er, Stehle sowie der Freiburger Mineraloge Thorsten Werle und Bernd Marterer aus Zell verlangten deshalb am Dienstag in Wehrhalden, dass nach der Abfuhr des Ausbruchs der Untergrund des Wanderparkplatzes auf PAK und andere Stoffe beprobt werden müsse.

Das Landratsamt sagt, die Gemeinde hätte nicht einmal neu schottern müssen

Das Landratsamt bewertet auch hier die Situation vollkommen anders. Aufgrund der geringen PAK-Belastung sei die Lagerung ohne Abdeckung auf einen durchlässigen Untergrund, ein Meter über dem höchsten Grundwasserstand möglich gewesen. „Eine Gefahr für das Grundwasser bestand und besteht nicht“, heißt es in der Stellungnahme. Die Gemeinde habe den Lagerplatz Anfang Mai freiwillig abgeschoben und neu geschottert. Aufgrund der Schadstoffgehalte hätte es dieser Maßnahme nicht bedurft.

Systematisches Problem oder nur Einzelfälle?

Uneinig sind Umweltschützer und Behörden auch in der Einschätzung, ob die Zwischenlagerung von PAK-haltigem Straßenaufbruch im Landkreis insgesamt ein Problem darstelle. Laut Berger ist Wehrhalden nicht der einzige Ort, an dem Aufbruch unsachgemäß gelagert worden sei. Er nennt Wittenschwand, St. Blasien und Bernau.

Das Landratsamt hingegen betont, Probleme beim Umgang mit PAK-haltigem Aufbruch gebe es allenfalls in Einzelfällen. „Wird ein Verdachtsfall gemeldet, gehen wir dieser Meldung gewissenhaft nach. Gleichzeitig dürfen wir aber nur dann einschreiten, wenn tatsächlich Gefahren bestehen“, so die Behörde.

In Bernau dürfen die Aktivisten die Lagerfläche nicht betreten

Ein Gespräch am Dienstagvormittag im Landratsamt zwischen ehrenamtlichen und behördlichen Umweltschützern brachte keine Einigung. Dort sollte es auch um mehrere Flurstücke beim Bernauer Weiler Poche gehen, wo Berger und seine Mitstreiter gelagertes Material im Beisein von Journalisten einem PAK-Schnelltest unterziehen wollten. Doch das Bürgermeisteramt habe ein Betretungsverbot erlassen, teilte die Umweltgruppe mit.

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Die Umweltaktivisten haben den Eindruck, dass die Behörde mit unterschiedlichen Maß misst. „Bauschutt gehört nicht in die Umwelt. Ich darf das als Privatmensch auch nicht. Weshalb darf hier Bauschutt monatelang herumliegen?“, fragt Kreisrätin Stehle. Wer dem Thema PAK nachgehe, werde von Behörden und Öffentlichkeit nicht ernst genommen, im schlimmsten Fall sogar von anderen beschimpft oder bedroht.

Das Landratsamt betont, dass das Umweltamt seine Aufgaben im Bereich des Umwelt- und Gesundheitsschutzes ernst nehme und immer ein offenes Ohr für Bedenken habe, die in der Bevölkerung bestehen. Werde ein Verdachtsfall gemeldet, werde dem gewissenhaft nachgegangen. Die Behörde könne aber nur dann einschreiten, wenn tatsächlich Gefahren bestehen.