In Bad Säckingen, Wehr und Rickenbach kann es jetzt geschehen, dass plötzlich wildfremde Personen private Grundstücke betreten, um dort teilweise stundenlang zu bleiben. Für die Eigentümer ist dies aber kein Grund, sich Sorgen zu machen. Die Übertragungsnetzbetreiberin Transnet BW erneuert in den nächsten Jahren zwei überregional wichtige Stromleitungen. Dafür werden ab diesem Monat im Landkreis Waldshut auf Grundstücken in den drei genannten Gemeinden dort vorkommende Pflanzen und Tiere kartiert.
Die Kartierungsarbeiten erfolgen im Vorfeld eines umfassenden Ersatzneubaus von zwei Leitungsanlagen. Dabei handelt es sich um eine 13 Kilometer lange Leitungsanlage ab Rippolingen in der Gemeinde Bad Säckingen via Umspannwerk Kühmoos (Rickenbach) bis zum Umspannwerk Schwörstadt.
Die zweite Leitungsanlage verläuft vom Umspannwerk Kühmoos bis zur französischen Landesgrenze bei Istein in der Gemeinde Efringen-Kirchen und ist rund 35 Kilometer lang. Beide Leitungsanlagen treffen kurz vor Kühmoos aufeinander und verlaufen bis Niederdossenbach in der Gemeinde Schwörstadt circa sechs Kilometer parallel.
Warum werden die Stromleitungen erneuert? Die Hintergründe
Nach Auskunft von Transnet BW wurden die Leitungsanlagen in den 1950er Jahren mehrheitlich als Rohrmasten errichtet. „Nach über 60 Jahren haben die Masten die Grenzen ihrer Betriebsdauer und Leistungsfähigkeit erreicht und müssen erneuert werden“, teilt das Unternehmen mit. Deshalb sei ein Ersatzneubau der vorhandenen Leitungsanlagen geplant.
Baustart 2027
Die Bauausführungsphase soll 2027 starten. Betroffen sind fünf Masten in der Gemeinde Bad Säckingen, zehn in Wehr und 22 in Rickenbach. Außerdem 739 Flurstücke in der Gemeinde Rickenbach, 1220 in Bad Säckingen und 2191 in Wehr. Insgesamt sind vom Leitungsbauprojekt Rippolingen-Istein dreizehn Gemeinden betroffen. Im Landkreis Waldshut sind es drei: Wehr, Rickenbach und Bad Säckingen.

Am bisherigen Trassenverlauf ändert sich nichts. „Bei einem Ersatzneubau wird eine neue Leitung in oder unmittelbar neben einer bestehenden Leitungsanlage errichtet“, erklärt Transnet-Pressesprecherin Claudia Halici auf Anfrage dieser Zeitung.
Und: „Die bestehende Leitungsanlage wird anschließend zurückgebaut. Bei der Bauweise überwiegt Parallelneubau in gleicher Trasse. Teilweise wird an Ort und Stelle mit temporären Leitungsprovisorien gearbeitet. Mit dem Ersatzneubau wird die Leitungsanlage modernisiert: Strommasten und Leiterseile werden auf aktuellen Stand gebracht und die Stromversorgung damit zukunftssicher gemacht“, so Claudia Halici.
Die jetzt beginnenden Kartierungsarbeiten sollen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Natur- und Artenschutz prüfen. Dafür sollen temporäre Installationen angebracht werden.
Welche Arten sind vertreten?
Für die Kartierungen sei es erforderlich, land- oder forstwirtschaftlich genutzte, private und öffentliche Wege sowie in Einzelfällen Grundstücke zu betreten oder zu befahren. In der Regel werden sie zu Fuß durchgeführt und dauern – je nach Ziel der Kartierung – zwischen 15 Minuten bis zu mehreren Stunden pro Tag.
Im Zug der Kartierungen werden an ausgewählten Stellen Lockstöcke für Wildkatzen, Haselmaus-Röhren, Fledermaushorchboxen, künstliche Verstecke für Amphibien und Reptilien und Bodenfallen für Laufkäfer angebracht, teilt Pressesprecherin Claudia Halici mit. Im Regelfall werden keine Schäden oder Einschränkungen verursacht.
Flurschäden können angezeigt werden
Sollte es trotzdem zu Flurschäden kommen, können diese angezeigt werden. Sie sollen zeitnah beseitigt oder in voller Höhe entschädigt werden. Die Kartierungsarbeiten erfolgen durch Mitarbeitende des Büros Ecotone zwischen April 2022 und Juli 2023. Transnet BW wird mit den von der Maßnahme berührten Eigentümern und Nutzungsberechtigten in Kontakt treten.
In den Monaten April, Mai und Juni wird Transnet BW in den Gemeinderäten der betroffenen Gemeinden das Leitungsbauprojekt vorstellen. Im Sommer wird es gemeindeübergreifende Bürgerinformationen geben.
Im Landkreis Waldshut informiert Transnet BW noch vor den Sommerferien die Bürger der drei Gemeinden Wehr, Rickenbach und Bad Säckingen gemeinsam. Die Informationsveranstaltungen sollen direkt vor Ort stattfinden. Sollte dies pandemiebedingt nicht möglich sein, wird es ein Online-Angebot geben.