Grüne Wiese, ein paar grasende Kühe, Glockenläuten und jeden Morgen mit dem Eimer in den Stall. Das idyllische Bild des Landlebens gehört längst der Vergangenheit an. Automatisierung und KI hält auch in landwirtschaftlichen Großbetrieben Einzug – und bedroht die Existenz vieler Kleinbetriebe.
Rund 61 Prozent Automatisierungsrisiko besteht beim Beruf des Landwirts, so hat es eine Studie von Forschern aus Lausanne ergeben. Hinzu kommen große Herausforderungen durch die Klimakrise und ein hoher Kostendruck, der vielen Bauernhöfen zu schaffen macht.
Auch Michael und Marita Schwander kennen diese Zukunftsängste. Die Landwirte in vierter Generation sind im vergangenen Jahr mit ihren Kühen auf einen neuen Hof am Rand des Gewerbegebiets Trottäcker gezogen – und haben sich dort bewusst gegen eine vollständige Automatisierung entschieden. So sind sie melktechnisch auch einer der letzten Betriebe in der Region, die auf Melkstand statt Melkroboter gesetzt haben.
Automatisierung ja – aber nicht bei Lebewesen
Michael Schwander ist überzeugt: „Alles automatisieren kann man nicht.“ Zwar seien Automatisierungen wie beispielsweise elektronische Halsbänder eine große Hilfe, doch auch nicht unfehlbar, wenn es zum Beispiel um die Erkennung von Krankheiten geht. „Die Ausfallquote ist höher als bei uns“, ist der Landwirt sich sicher.
Probleme bei der Automatisierung sieht das Paar auch in der sehr eingeschränkten individuellen Anpassung an die Tiere. Voraussetzung für einen funktionierenden Milchroboter sei, „dass die Tiere funktionieren“, so Marita Schwander. Ein blindes Highland-Pflegekalb, wie sie es gerade haben, „kann man nicht automatisieren.“
Auch der Kostenfaktor der Maschinen spiele bei der Wirtschaftlichkeit eine große Rolle, gerade bei Kleinbetrieben. „Wir haben keine Angst durch Roboter arbeitslos zu werden“, bringt Marita Schwander es auf den Punkt. Gerade in der Tierhaltung, wo es um Lebewesen gehe, sei das nochmal unwahrscheinlicher als beim Ackerbau, glaubt auch ihr Mann.
Der idyllische Kleinbauernhof ist bald Vergangenheit
Herausforderungen und Sorgen haben sie trotzdem zahlreiche: fehlende Sommerniederschläge durch den Klimawandel, die Nachfolgesuche, Kostendruck durch die Konkurrenz mit Weltmarktpreisen, Fachkräftemangel, Inflation, bürokratische Hindernisse. Die Liste ist lang. „Der steigende Flächenverbrauch ist eine der größten Sorgen“, erklärt Michael Schwander.
Auf die Frage, wie lang es seinen Beruf noch in dieser Form geben wird, gibt er eine deprimierte Einschätzung. Er glaubt an maximal 20 bis 30 weitere Jahre. „Das idyllische Bild vom Bauernhof funktioniert in unserer Gesellschaft nicht mehr“, so Schwander. „Kleine Betriebe werden es extrem schwer haben“, sagt der Landwirt voraus.