Über 70 Millionen Euro für Investitionen sollen die Stadträte aus der mittelfristigen Finanzplanung der nächsten vier Jahre herauskürzen. Doch wo ansetzen?

Weitgehend unstrittig sind in den Gemeinderatsfraktionen die Investitionen in die Bildung. Schulen, Kindergärten und Hochschulen stehen bei fast allen auf der Prioritätenliste weit oben. Doch das geplante Museumsquartier Bürk in Schwenningen scheint nach der zuletzt bekannt gewordenen Verdoppelung der Kosten für viele keine Priorität mehr zu genießen. Das sagen die Fraktionssprecher im Einzelnen:

CDU: Rössle hat erste Priorität in Schwenningen

Dirk Sautter: Bei Pflichtaufgaben wie Kindergärten, Schulen, Feuerwehr kann kaum gespart werden. Die Infrastruktur müssen wir erhalten, dazu haben wir pro Jahr einen Betrag von zwei Millionen Euro für die Straßensanierung festgesetzt. Weitere Ausgaben stehen im Bereich Brücken- und Gebäudesanierungen an. Ein neues Hallenbad steht vor der Türe. Im Quartier „Oberer Brühl“ in Villingen werden wir für eine Bündelung der Verwaltung sorgen, was uns Ausgaben für Miete erspart. Weiter wird dort dringend notwendiger sozialer Wohnraum entstehen.

Dirk Sautter, CDU
Dirk Sautter, CDU | Bild: Integrierte Leitstelle Schwarzwald-Baar-Kreis

Rössle hat für uns erste Priorität in Schwenningen. Laut Presse verdoppeln sich die Kosten für das Museumsquartier Bürk. Die CDU-Fraktion hat daher Prüfaufträge für Alternativen beantragt. Am Rössle hängt die Schwenninger Innenstadt, für deren Funktion benötigen wir statt Ruinen Projekte, die Menschen in die Stadt bringen. Nur so können Einzelhandels- und Gastro-Angebote partizipieren. Im Rössle sehen wir im Vergleich zum Museumsquartier Bürk einen Mehrwert „für alle“. Wir können einen Euro leider nur einmal ausgeben.

Das leerstehende Rössle-Areal in Schwenningen. Der Oberbürgermeister schlägt vor, darin städtische Einrichtungen unterzubringen. Die FDP ...
Das leerstehende Rössle-Areal in Schwenningen. Der Oberbürgermeister schlägt vor, darin städtische Einrichtungen unterzubringen. Die FDP warnt davor. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Grüne: Klimaschutz an erster Stelle

Oskar Hahn: Natürlich würden wir gerne alles machen, jedoch ist das Geld endlich und der Entscheidungsspielraum gering. Investive Projekte unter einer Million Euro wie die Zieletappe der Deutschland-Tour, die Sanierung des Salinenfeldparks oder eine Rutsche für ein gemeinsames Hallenbad in VS konkurrieren mit den Mehrmillionenprojekten wie Bürkmuseum, s‘Rössle, Theater am Ring, Französische Schule, Radinfrastruktur, Schaffung oder Sanierung von Wohnraum, Ausbau der Wärmenetze und Photovoltaik, Sanierung von Schulen, Ausbau der Kitaplätze und Ganztagsbetreuung, Sanierung von Straßen und Brücken …

Oskar Hahn, Grüne
Oskar Hahn, Grüne | Bild: Stadler, Eberhard

Was davon ist uns besonders wichtig? Die Priorität für die Grüne Fraktion ist klar: 1. Klimaschutz vorantreiben und Maßnahmen wie energetische Sanierungen zeitnah umsetzen für eine lebenswerte und zukunftsfähige Stadt; 2. Bildung, Jugend und Kultur erhalten und schaffen in einem gemeinsamen und offenen Villingen-Schwenningen mit belebten Innenstädten; 3. Wohnraum für alle zur Verfügung stellen ohne Netto-Flächenversiegelung. Am Ende wird der Haushalt immer nur ein Kompromiss sein.

Freie Wähler: Straßensanierung verdoppeln

Andreas Flöß: Schulen und die dazugehörige Digitalisierung sowie Kindergärten sind zwingend und fortlaufend auf Stand zu halten. Die angefangenen kontinuierlichen Straßensanierungen mit zwei Millionen jährlich sollten auf das doppelte aufgestockt werden, damit schneller ein spürbarer Fortschritt erlebbar wird. Der Ausbau der Wärmenetzplanung ist sowohl ökologisch als auch ökonomisch dringend im Zuge der Sanierungen der Straßen mitdurchzuführen.

Andreas Flöss, Freie Wähler
Andreas Flöss, Freie Wähler | Bild: Freie Wähler

Eine städtische Umnutzung des Rössle-Areals macht nur dann Sinn, wenn Teile der Stadtverwaltung inklusive der Bibliotheken von Stadt und Hochschule dort einziehen und über Einsparungen der bisherigen Mietzahlungen gegenfinanziert werden kann. Das bestehende Theater am Ring ist zu sanieren, bevor es geschlossen werden muss. Ein gemeinsames Hallenbad muss sich wirtschaftlich rechnen und vom Bürger überhaupt erst gewollt werden.

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Ein Umbau inklusive Eingliederung der Städtischen Galerie in das in sich schöne Uhrenindustriemuseum in Schwenningen ist ebenso wie die geplante Umgestaltung des Parks am Schwenninger Salinenfeld nicht dringend. Die Fraktion der Freien Wähler geht mit städtischem Geld so um, als wäre es das eigene und dies würden wir uns von dem einen oder anderen Gemeinderat auch wünschen.

SPD: Zusammenhalt und kulturelle Vielfalt

Nicola Schurr: Die momentane Lage ist nicht einfach für unsere Stadt. Wichtig ist, dass die Verwaltung bei diesen vielen Leuchtturmprojekten detaillierte Kosten aufruft. Dann kann man planen, was man jetzt macht, was man später macht und was Träumerei bleibt. Eine Prioritätenliste ist gefragt und nicht eine Streichliste.

Nicola Schurr, SPD
Nicola Schurr, SPD | Bild: SPD BW

Wohnraum, Bildung, Soziales und Kultur sind wichtige Themen, fallen aber zu oft dem Rotstift zum Opfer. Jedoch sind dies genau die Bereiche, die den sozialen Zusammenhalt ermöglichen und identitätsstiftend für die Bürger sind. Dies dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.

Eine wichtige Frage für den Gemeinderat muss sein: Warum möchten Menschen in VS arbeiten, wohnen, leben? Das gelingt mit guten Bildungseinrichtungen vom Kindergarten bis zur Hochschule, durch generationenübergreifendes Stadtleben, einer kulturellen Vielfalt von alternativer Kultur bis zur Hochkultur, geförderter Vereinswelt und einer guten Infrastruktur für Industrie, Handel, Gastro, Handwerk.

FDP: Einsparungen am Schwenninger Rössle

Frank Bonath: Unser OB wird nächste Woche einen Haushaltsentwurf vorlegen, der voraussichtlich Rekordsteuereinnahmen und Rekordschulden beinhalten wird. Trotzdem wird das Geld wahrscheinlich nicht ausreichen. Der Haushalt von VS hat seit Jahren strukturelle Probleme, insbesondere hohe laufende Konsumausgaben, die Investitionen beeinträchtigen.

Die Zusammenführung der Verwaltungseinheiten auf dem Oberen Brühl in Villingen hätte erhebliche Effizienzgewinne gebracht und den Haushalt für zukünftige Investitionen entlastet. Dies wurde jedoch von OB Roth abgelehnt. CDU, SPD und FW haben die Kehrtwende mitgemacht ohne eine Idee zu haben, wie der Haushalt sonst entlastet werden könnte, was zu einem strategischen Fehler führte.

Frank Bonath, FDP
Frank Bonath, FDP | Bild: www.jenshagen.infoI

Aktuell wird erneut über die Unterbringung der Verwaltung diskutiert, und OB Roth möchte den bisherigen Beschluss kippen und das Rössle als neue Verwaltungsunterbringung ins Spiel bringen. Dies führt zu einer langjährigen Debatte und regelmäßigen Änderungen von Beschlüssen, was für andere Investitionsprojekte katastrophal ist.

Es ist wichtig, dass bei Kitas und Schulen nicht gespart wird, da dies von hoher Bedeutung ist. Die Einsparungen sollten stattdessen am Rössle erfolgen, indem dort die Räume an private Investoren vermittelt werden. Dies wäre eine sinnvolle Maßnahme, um die Haushaltsentlastung zu erreichen, ohne Bildungseinrichtungen zu beeinträchtigen.

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AfD: Geld für illegale Migranten streichen

Olaf Barth: Die AfD-Fraktion steht für eine schlanke und digitalisierte Verwaltung und die nachhaltige Verwendung von Haushaltsmitteln vorwiegend für investive Ausgaben. Erhöhungen der Grund- und Gewerbesteuer lehnen wir ab. Unsere Prioritäten sind: (1) Sanierung Schulen, (2) Schaffung KiTa-Plätze, (3) Investitionen in Straßen und Breitband, (4) Öffentliche Ordnung und Sauberkeit, (5) Erhalt der materiellen Einsatzbereitschaft unserer Feuerwehr, (6) bezahlbarer Wohnraum für deutsche Staatsbürger und (7) Förderung von Sport und Kultur.

Olaf Barth, AfD
Olaf Barth, AfD | Bild: SK

Verzichtbar sind: (1) Mittel zur Betreuung und Förderung der Integration von illegal eingereisten Migranten! (2) Null-Euro-Ticket am Samstag und andere unbezahlbare „grüne“ Luftschlösser. Das Wohngebiet Oberer Brühl schafft benötigten Wohnraum und muss frei von ideologischen Scheuklappen verwirklicht werden. Die Umsetzung des Museumsprojektes Bürk-Areal ist wünschenswert. Das Zentrale Hallenbad bedarf eines Bürgerentscheides und ist für den Haushalt 2024/25 nicht relevant.