Es ist kurz vor 16 Uhr als Cem Yazici uns seine Haustüre in der Schwenninger Neckarstraße öffnet. Über eine Treppe gelangt man in die Wohnung im ersten Stock. Dort wird der SÜDKURIER-Besuch freudig von den beiden Hunden Cindy und Baileys begrüßt. Die beiden Möpse sind stete Begleiter des 47-Jährigen. Die Hundedamen sowie seine Frau Jamla seien die Frauen, die immer zu ihm halten würden, sagt er und schmunzelt. Vom offenen Wohnbereich und der Küche gelangt man auf die geräumige Dachterrasse.
Cem Yazici ist vielen Bürgen besser unter seinem Künstlernamen Jam von der Linde bekannt. Aufgewachsen ist er erst in Villingen, später in Schwenningen. Seit knapp 15 Jahren betreibt er erfolgreich die Gaststätte Linde in der Neckarstraße. Im Video erzählt er seinen Lebenslauf.
Familie ist dem Gastronomen sehr wichtig. Er bezeichnet sich selbst als Familienmensch. Obwohl sein Vater vor einigen Jahren verstorben sei und seine Mutter die meiste Zeit in der Türkei lebe, gebe es immer noch eine große Verbundenheit zwischen ihm, seinen drei Brüdern und der Mutter. Ein Bruder betreibt im Familienhaus einen Friseursalon. Ein anderer Bruder sei vor kurzem erst ausgezogen, was Yazici nicht leicht gefallen ist. Die Familie spielt auch eine Rolle bei seinen Stärken und Schwächen.
Der Unternehmer und Gastronom ist ein kreativer Mensch. In seiner Freizeit malt er gerne, schreibt an Texten für seine Bühnenauftritte und macht gerne Musik. Alles Dinge, die teilweise auch in seinem Beruf eine Rolle spielen. Hobbys und Beruf verschmelzen bei ihm.
Als Heimat definiert der 47-Jährige einen Ort, an dem er sich wohl fühlt. Die Türkei sei aufgrund seiner Wurzeln ein Teil seiner Heimat. "In meinen Träumen spreche ich Deutsch. Mit meiner Frau und mit Freunden spreche ich ebenfalls Deutsch", sagt er. "Heimat ist deshalb dort, wo du deinen Anker hast." Er selbst habe seinen Anker in Villingen-Schwenningen: "Hier bin ich ich. Das ist meine Heimat." Und hier steht auch sein allerliebstes Möbelstück.
Yacici ist ein gläubiger Mensch. "Ich glaube an Gott. Es muss einen Schöpfer geben", ist er sich sicher. So viele Zufälle, vom Urknall bis heute, könne es gar nicht geben. Einen Namen möchte er diesem einen Schöpfer aber nicht geben. Jede Religion habe eine andere Bezeichnung für Gott.
Autobiografien von bekannten Persönlichkeiten der Geschichte liest er gerne. Aktuelle Werke von Sportlern, lässt er lieber im Regal stehen. Derzeit schmökert der Gastronom regelmäßig in einer Enzyklopädie von Brockhaus, die in Deutsch und Türkisch verfasst ist. Für ihn ist das kein Problem, denn Deutsch und Türkisch sind nur zwei von sieben Sprachen, die Yazici teilweise fließend spricht.
Was darf in seinem Kühlschrank niemals fehlen? "Wasser, mein scharfes Ketchup und Aufschnitt", antwortet Yazici wie aus der Pistole geschossen. Was er ebenfalls ganz spontan auf unsere Entweder-Oder-Fragen antwortet, können Sie sich im folgenden Video anschauen.
Die Zukunft sieht Yazici grundsätzlich positiv. Auf die Doppelstadt bezogen ist er sich sicher, das die Stadt in 20 Jahren zusammengewachsen ist. "Die Menschen müssen aber Hand in Hand gehen und zusammenhalten." Sein größter Wunsch: "Ich will Oberbürgermeister werden." Die Stadt müsse weiter zusammenwachsen, nicht nur formell, wie auf einem gemeinsamen Autokennzeichen.
Zur Person
Cem Yazici, 47, ist in Istanbul geboren. Er kam 1972 mit seinen Eltern nach Deutschland, als hier Gastarbeiter gesucht wurden. Er besuchte den Saba-Kindergarten und die Klosterringschule, 1979 wechselte er an die Neckarschule Schwenningen und dann an die Deutenberg-Haupt- und Realschule. An der Volkshochschule in Schwenningen lernte er Gastronomie, mit 18 machte er sich selbstständig. Er startete als Automatenaufsteller. Seine erste Gastroadresse hieß „Jam“ in der Färberstraße, heute ist hier das Kebabhouse. Während seiner „Jam“-Zeit übernahm er die Linde in Schwenningen. Vor dem Einzug dort vollzog er eine Totalentkernung, der Frisörsalon seines Bruders zog dort mit ein. Als Schauspieler startete er in der Karlschule in der Theater-AG und spielte die Rolle des Hofnarren. „Applaus ist heute noch mein treibendes Ding“, sagt er und fügt hinzu: „Etwa im deutsch-türkischen Kulturtheater, das es damals gab.“ Er sagt heute, „Villingen-Schwenningen ist mein Zuhause“. (tri)