Normalerweise ist sie der Höhenpunkt der Stockacher Fasnacht: die Gerichtsverhandlung des Hohen Grobgünstigen Narrengerichts zu Stocken am Schmotzigen Dunschtig – wegen der Corona-Pandemie fiel sie auch 2022 aus.

An prominenten Gästen mangelte es bei der Show in der Jahnhalle, die sonst im SWR-Fernsehen übertragen wird, nie. Egal ob Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Innenminister Thomas Strobl oder die ehemalige CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer: Bekannte Politiker sorgten im Zusammenspiel mit den Stockacher Gerichtsnarren für ein Spektakel. Wir blicken auf die vergangenen fünf Gerichtsverhandlungen zurück.

2020: Kretschmann legt sich für Özdemir ins Zeug

Bei der letzten Verhandlung vor Corona waren mit Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir als Beklagter sowie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (ebenfalls Grüne) als Zeuge gleich zwei Politiker mit hohem Bekanntheitsgrad dabei.

Das Stockacher Narrengericht verurteilte Cem Özdemir zu 180 Litern Weinstrafe. Die Gerichtsnarren befanden ihn zwar nur in einem von drei Anklagepunkten für schuldig. Trotzdem musste er drei Eimer Wein berappen.

Deutliche Geste: Cem Özdemir zeigte in seiner Rede genau, in welche Richtung er wollte, nämlich Richtung Freispruch. Geklappt hat das nicht.
Deutliche Geste: Cem Özdemir zeigte in seiner Rede genau, in welche Richtung er wollte, nämlich Richtung Freispruch. Geklappt hat das nicht. | Bild: Marinovic, Laura

Und das, obwohl der beklagte Özdemir in Stockach gut ankam. Mit Witz und Körpereinsatz erkämpfte er sich schnell die Herzen der Bürger. Ihm wurde sogar ein eigenes Lied gedichtet. Im Badischen Hof, wo der Beklagte traditionell während des Narrenbaumumzugs einkehrt, sang der Eintracht-Chor 1836 Stockach Özdemir das Ständchen. Gelobt wurde darin sein Einsatz für mehr Bildung und Nachhaltigkeit.

Auch Winfried Kretschmann flogen beim Narrengericht in Stockach die Herzen zu. Der Ministerpräsident Baden-Württembergs glänzte in der Verhandlung als Zeuge von seinem Parteifreund mit Aussagen wie: „Der Cem kann besser Schwäbisch als der Kläger Badisch.“

Winfried Kretschmann bei der Verhandlung 2020.
Winfried Kretschmann bei der Verhandlung 2020. | Bild: Marinovic, Laura

Die besten Bilder von der Narrengerichtsverhandlung gegen Cem Özdemir gibt es hier.

2019: Folgenreicher Auftritt von AKK

Im Jahr zuvor hat das Hohe Grobgünstige Narrengericht zu Stocken Annegret Kramp-Karrenbauer, seinerzeit Bundesvorsitzende der CDU, zu einer Strafe von drei Eimern Wein österreichischen Maßes verurteilt – wie Özdemir also eine 180 Liter Weinstrafe.

Annegret Kramp-Karrenbauer verteidigte sich 2019 vor dem Stockacher Narrengericht.
Annegret Kramp-Karrenbauer verteidigte sich 2019 vor dem Stockacher Narrengericht. | Bild: Löffler, Ramona

Die Beklagte des Narrengerichts hatte in Stockach viele Fans. Der Eintracht-Chor 1836 dichtete sogar zur Melodie von „Freude schöner Götterfunken“ ein Lied namens „Super-Woman“ auf sie. So gut verstand sich Annegret Kramp-Karrenbauer mit den Stockachern.

Unterstützung bekam AKK von ihrem Mann Helmut. Er begleitete sie am Schmotzigen Dunschtig nach Stockach und zeigte sich dort als bescheidener, aber stolzer Ehemann. Die besten Bilder von der Narrengerichtsverhandlung gegen Annegret Kramp-Karrenbauer gibt es hier.

Nach der Verhandlung am Stockacher Narrengericht stand Kramp-Karrenbauer allerdings in der Kritik. Stein des Anstoßes war eine Anspielung der Spitzenpolitikerin auf die Gleichstellung von Menschen mit intersexueller Identität. Ihr Toilettenwitz in Stockach sorgte mit dreitägiger Verzögerung für Wirbel: Hat AKK vor dem Narrengericht Menschen des dritten Geschlechts diskriminiert?

Das Narrengericht

2018: Harte Attacken vom Innenminister

2018 begeisterte Landesinnenminister Thomas Strobl auf der Bühne in der Stockacher Jahnhalle das Publikum und stellte das Narrengericht auf die Probe. Nach harten Attacken bekam er eine harte Strafe: Der Beklagte musste 246 Liter Wein zahlen.

Die Unschuld vom Lande? So stellte sich Thomas Strobl vor dem Narrengericht zwar dar, fuhr dann aber trotzdem scharfe Attacken.
Die Unschuld vom Lande? So stellte sich Thomas Strobl vor dem Narrengericht zwar dar, fuhr dann aber trotzdem scharfe Attacken. | Bild: Reinhardt, Lukas

Diese konnte auch Winfried Hermann nicht verhindern. Der Landesverkehrsminister der Grünen fand vor dem Hohen Grobgünstigen Narrengericht zu Stocken positive Worte zum Beklagten.

Und was hatte Thomas Strobl bereits vor der Narrengerichts-Verhandlung gemacht? Er war überall mitten im Geschehen, lächelte in die Kamera und tanzte mit den Stockachern.

2017: Weinstrafe und Sozialstunden für Malu Dreyer

Mit einem roten Herz auf der Wange und einem Herz in der Hand kam SPD-Politikerin Malu Dreyer am Schmotzigen Dunschtig nach Stockach. Mit fester Stimme versicherte sie den geladenen Gästen im Bürgerhaus Adler Post, nicht schuldig zu sein, „denn Rheinland-Pfälzer sind per se unschuldig“.

Malu Dreyer bei der Verhandlung 2017.
Malu Dreyer bei der Verhandlung 2017. | Bild: Ise, Simone

Später in der Verhandlung half ihr das allerdings nicht. Das Hohe Grobgünstige Narrengericht zu Stocken sprach die Beklagte in zwei Punkten schuldig. Zusätzlich zur Weinstrafe bekam sie Sozialstunden aufgebrummt. 

2016: Angriffslustiger Dobrindt

Zwar wurde Alexander Dobrindt, seinerzeit Bundesverkehrsminister, in einigen Anklagepunkten freigesprochen. Und dennoch: Das Stockacher Narrengericht verdonnerte ihn zu drei Eimern Wein zu je 60 Litern.

Einschleimen vor Gericht ist strafbar. Das hat in der Verhandlung des Hohen Grobgünstigen Narrengerichts zu Stocken auch der Bayer feststellen müssen. Neben der Weinstrafe verlangte das Narrengericht eine Einladung auf die Wiesn.

Alexander Dobrindt zeigte sich vor dem Stockacher Narrengericht 2016 angriffslustig und in Bestform.
Alexander Dobrindt zeigte sich vor dem Stockacher Narrengericht 2016 angriffslustig und in Bestform. | Bild: Arndt, Isabelle

Die Eindrücke zu dem fasnächtlichen Höhepunkt gibt es hier. Die berühmten großen Karos auf Alexander Dobrindts Anzug waren in Stockach ebenfalls zu sehen. Mit ihnen rüstete sich der Beklagte, um dem Kläger das Fürchten zu lehren.

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