Herr Silberhorn, Sie sind aktuell in den Vereinigten Staaten, was genau machen Sie da?
Seit August mache ich ein IJFD, das ist eine Internationale christliche Organisation, vergleichbar mit dem FSJ in Deutschland, nur im Ausland. Zusammen mit einer Organisation, die sich Pais nennt, betreibe ich Sozialarbeit an Schulen in ganz Detroit. Dabei geht es um Unterstützung im Alltag, den Kindern beim Lernen zu helfen und um ein offenes Ohr für sie zu haben.
Mit ihrem Einverständnis reden wir auch über den Glauben. Ich nutze die Zeit, um mich persönlich weiterzuentwickeln, neue Erfahrungen zu sammeln und um eine neue Kultur kennenzulernen. Jeden Tag gibt es einen Austausch über das Geschehene innerhalb des Pais Teams.
Was genau ist Pais?
Pais ist eine christliche Organisation. Pais sendet junge Erwachsene in Gemeinden, um sich dort in der Jugendarbeit und umliegenden Schulen zu engagieren. Dabei kooperieren sie mit den bereits bestehenden Kirchen, in meinem Fall mit der Soma Detroit Kirche. Die Kirche sucht dabei den Kontakt zur Organisation. Sie ist auch zuständig für die Unterhaltskosten der freiwilligen Mitarbeiter.
Pais bietet Schulen kostenlos ein Team von drei bis fünf Freiwilligen für ein ganzes Schuljahr. Das Ziel von Pais ist es, den Glauben in den Alltag zu bringen. Ich habe mir vorgenommen, mir eine Organisation zu suchen, die einen klaren Standpunkt zum Glauben hat. Da mein Glauben ein wichtiger Teil meines Lebens ist und Pais es auch so handhabt, habe ich mich beworben.

Pais hat den Anspruch, den Glauben zu teilen um eine lebendige Botschaft zu senden, indem er Teil des Lebens ist. Bevor man zur Tat schreitet, wird man intensiv vorbereitet. Man absolviert ein zweiwöchiges Training, bevor man an den Schulen arbeitet. Außerdem gibt es wöchentliche Rücksprachen mit der Organisation und mit den Sozialarbeitern der Schulen.
Warum ist eure Arbeit so wichtig?
Hier in Detroit gibt es seit der Wirtschaftskrise 2008 bis heute eine unglaubliche Ungleichheit zwischen Arm und Reich, aber auch zwischen den sozialen Schichten der Gesellschaft. Die allgemeine Einstellung ist: Was ich erreiche, das bin ich. Dabei gibt es so viele Kinder, die nicht gesehen werden und das ist einfach schade.
Wir hören den Menschen in der Gemeinschaft zu und stärken sie in ihrem Glauben, beziehungsweise in ihrer Person. Wir versuchen ihnen das Gefühl zu geben, gesehen zu werden. Wir nehmen uns Zeit für sie. Ich glaube, dass macht schon so viel aus, da es zahlreiche Menschen gibt, die diese Aufmerksamkeit nicht bekommen. Es ist eine Ehre für mich, helfen zu können.
Es ist spannend zu sehen, wie Kinder Hoffnung aus dem Glaube ziehen und welchen Einfluss er hat. Wenn mich ein Thema belastet, kann ich auch immer mit meinen Teammitglieder darüber sprechen, das hilft mir sehr, da es durchaus sehr emotionale Themen gibt, die mich auch abseits von der Arbeit beschäftigen.
Welche Erfahrungen konnten Sie bisher sammeln?
Das Besondere an meiner Arbeit ist, dass man jeden Tag neue Erfahrungen sammeln kann. Am eindrücklichsten ist es dann jedoch, wenn Kinder und Jugendliche zu dir kommen und dich über deinen Glauben oder deine Motivation befragen.
Ich hatte ein Gespräch mit einem Jungen, der mit sich selbst zu kämpfen hatte, außerdem hatte er dauernd schlechte Noten. Mittlerweile, nach vielen wöchentlichen Sitzungen, hat der Junge sich total entwickelt, schreibt gute Noten und hat persönlich so einen Schritt gemacht.
Es macht glücklich zu sehen, dass die Arbeit, die man macht, Früchte trägt. Natürlich gibt es auch die anderen Erfahrungen. Einmal bin ich zur Schule gefahren und da standen zwei Polizeiwagen vor der Schule, weil es eine Schlägerei gab. Das ist natürlich sehr unschön. Das Wichtigste ist, offen auf die Probleme zu reagieren.
Wie sieht es mit der Freizeitgestaltung aus?
Ich gehe täglich mit einer Freundin ins Fitnessstudio, dass ich fit bleibe. Das ist auch eine gute Abwechslung zu meinem Alltag. Ich habe zwar zweimal die Woche frei, Sonntag und Montag, dennoch beschäftige ich mich auch an diesen Tagen in sogenannten Small Groups. Da rede ich mit Freunden und Fremden, über ihre Verbindung zum Glauben.
Von verschiedenen Mitgliedern der Kirche werden wir auch öfters am Wochenende eingeladen, an solchen Small Groups teilzunehmen. Das ist sehr interessant, da man so viele verschiedene Eindrücke kriegt. Man lernt so unterschiedliche Charaktere kennen, das bereitet mir Freude. Außerdem läuft nebenher noch mein Bibelstudium. Dort sitzen wir, um über verschiedene Bibelstellen zu reden und zu diskutieren.
Man hat natürlich auch mal Zeit, um sich Detroit anzuschauen. Unterstützt werde ich von der evangelischen Kirchengemeinde Wutöschingen, die es mir überhaupt erst möglich machen, diese Reise oder diese Erfahrungen zu machen.
Welche Rolle spielt der Glaube in Ihrem Leben?
Als Christ spielt der Glaube in meinem Leben eine zentrale Rolle. Für mich bedeutet Glaube, an Gott zu glauben, seine Existenz anzunehmen und seine Lehren zu befolgen. Es geht also um eine persönliche Beziehung zu Gott. In meiner Überzeugung ist Glaube nicht nur ein intellektuelles Konzept, sondern auch eine tief empfundene Überzeugung, die mein Handeln und Verhalten beeinflusst.
Der Glaube gibt mir Hoffnung, Trost und Orientierung im Leben. Er schenkt mir Vertrauen in Gottes Liebe und Fürsorge, auch in schwierigen Lebenssituation. Ich glaube auch, dass durch den Glauben an Jesus Christus Vergebung und Erlösung von Sünde und Schuld möglich sind. Dieser Glaube führt dazu, dass ich mein Leben im Einklang mit den Lehren Jesu führe und mich um ein gutes Verhältnis zu Gott und meinen Mitmenschen bemühe. Insgesamt ist der Glaube also ein zentraler Bestandteil meines Lebens und beeinflusst meine Einstellungen, Überzeugungen und Handlungen.
Welche Eigenschaften sollte man mitbringen, um so eine Reise machen zu können?
Das Wichtigste ist denke ich, offen für Neues zu sein, sich nicht davor zu fürchten sein Leben komplett umzustellen, sondern sich darauf einzulassen. Es geht darum, die Menschen so zu akzeptieren wie sie sind, deswegen sollte man auch offen sein, in Hinblick auf verschiedene Persönlichkeiten. Die Kultur ist eine ganz andere. Auch die Sprache lernt man wirklich.
In der Schule bekommt man Englisch zwar eingeflößt, aber wirklich fließend lernt man es, wenn man mal in einem englischsprachigen Land lebt. Ein dickes Fell und ein starkes Durchhaltevermögen sind durchaus auch nicht schlecht, da man auf Situationen stößt, die nicht leicht zu handhaben sind. Aber man wächst an diesen Situationen. Die Motivation kommt von ganz alleine, wenn man Erfolge sieht.
Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Ich kann mir viel vorstellen. Die Reise ist für mich eine Selbstfindungsphase, auch um zu schauen, was für mich passt. Du kriegst so viele verschiedene Eindrücke und lernst so viele verschiedene Menschen mit verschiedenen Ambitionen kennen, was mir insofern weiterhilft, dass ich Kontakte knüpfe.
Ein paar meiner Mitmenschen hier in Amerika, die ich zuvor nicht kannte, sind über die Zeit so enge Freunde geworden, dass ich es mir auch vorstellen könnte, eines Tages eventuell im Laufe meines Studiums, nach Amerika zurückzukehren. Ich fühle mich hier einfach wohl, dadurch, dass die Menschen hier so offen sind. Mein extrovertiertes Wesen hilft mir natürlich in allen möglichen Lebenslagen.
Nichtsdestotrotz plane ich fürs erste, nach Deutschland zurückzukehren, um ein Studium in Richtung Wirtschaftswissenschaften zu starten. Ich werde mich vermutlich auf mehrere Studiengänge bewerben, da ich mir noch nicht sicher bin.