Seit Jahren sind die Wartelisten für einen Kita-Platz in der Stadt Waldshut-Tiengen lang. Die Kapazitäten in den Betreuungseinrichtungen sind derzeit mit 1093 Kinder (Stand Mai 2022) voll ausgeschöpft. Verschärft könnte die Lage weiter werden, wenn mehr Flüchtlingskinder aus der Ukraine in die Stadt kommen und dauerhaft hier leben wollen.
Gibt es viele Anfragen zu Betreuungsplätzen?
Aktuell sind bei der Stadt Waldshut-Tiengen 27 ukrainische Kinder zwischen Null und sechs Jahren registriert, von denen eines einen Platz in einem Kindergarten bekommen hat. Laut Stadt handelt es sich um ein Kind, dessen Mutter bereits vor Kriegsausbruch hier lebte. Weitere Anfragen zur Kinderbetreuung gibt es laut Stadt bisher nur vereinzelt. Jaqueline Scheuch, bei der Stadt zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, gibt aber zu bedenken, dass bei „einer Anfrage für einen Kindergartenplatz keine Nationalität angegeben werden muss, entsprechend können wir hier keine verlässliche Aussage treffen“.
Fest steht aber: Bildungsangebote beuten auch für ukrainische Kinder Stabilität, Entfaltungsmöglichkeiten und die Möglichkeit, Deutsch zu lernen. Auch Mütter können nur arbeiten, wenn ihre Kinder gut betreut werden. Doch welche Lösungsansätze gibt es, wenn selbst für heimische Kinder die Betreuungsplätze kaum reichen?
Haben Kinder aus der Ukraine ein Anrecht auf einen Kita-Platz?
Generell haben Kinder, die aufgrund des Krieges aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet sind, laut Scheuch einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz, weil sie auf der Grundlage der Massenzustrom-Richtlinie nach Deutschland eingereist sind und sich somit rechtmäßig hier befinden. Voraussetzung für einen Betreuungsplatz sei aber, dass die Geflüchteten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nehmen. „Ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben sie an dem Ort, für den erkennbar ist, dass sie dort nicht nur vorübergehend verweilen. Insoweit wäre eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung vorzunehmen“, informiert die Stadt.
Zu wenig Erzieher: Können ukrainische Erzieher helfen?
Allerdings lasse der Fachkräftemangel bei den Erziehern es aktuell nicht zu, ukrainische Kinder, ohne weitere Unterstützungskräfte, aufzunehmen. Eine Möglichkeit könnte sein, mit Unterstützung von ukrainischen Fachkräften, ein kleines Betreuungsangebot zu schaffen. „Jedoch muss berücksichtigt werden, dass gerade die Einrichtungen in den Stadtkernen keine freien Betreuungskapazitäten haben“, betont die Stadt. „Bisher erreichten uns keine Anfragen ukrainischer Flüchtlinge bezüglich einer Tätigkeit in einer Kindertageseinrichtung.“
Brauchen Flüchtlingskinder eine intensivere Betreuung?
Zudem würde die Betreuung von Flüchtlingskinder die Kitas vor ein weiteres Problem stellen. Denn „es gilt zu bedenken, dass ein ukrainisches Kind ohne Deutschkenntnisse und mit möglicherweise psychischen Belastungen durch die neuen Lebensverhältnisse einen erhöhten Betreuungsbedarf haben kann.
Die Kindertageseinrichtungen in Waldshut-Tiengen sind an der Kapazitätsgrenze oder aber es gibt teilweise einen Aufnahmestopp aufgrund mangelnden Personals. Unser größtes Anliegen ist eine verlässliche und qualitativ hochwertige Betreuung der Kinder, die die Einrichtungen besuchen. Dies kann ohne weitere Unterstützung von gegebenenfalls ukrainischen Fachkräften nicht geleistet werden“, erklärt Jaqueline Scheuch.
Wer übernimmt die Kosten für einen Betreuungsplatz?
Laut Stadt besteht die Möglichkeit, beim Landratsamt (Jugendamt oder Jobcenter) die Übernahme der Kindergartengebühren zu beantragen. Über entsprechende Anträge entscheiden dann die jeweiligen Ämter.
Gibt es ein alternatives Betreuungsangebot?
Fast seit Beginn des Flüchtlingszustroms wurde in Tiengen ein Betreuungsangebot von Ehrenamtlichen des Helferkreises geschaffen. Im katholischen Pfarrzentrum im Sailerbergweg gibt es an drei Vormittagen für Kinder und Mütter aus der Ukraine ein Betreuungsangebot/Spielgruppe, die von ukrainischen Müttern (und zwei ehrenamtlichen Begleiterinnen begleitet wird.