Händeschütteln, sich mit kleinen Besuchern abklatschen, Umarmungen entgegen nehmen: Kurz vor 20.45 Uhr hatte der neue Oberbürgermeister von Waldshut-Tiengen Martin Gruner die lange Reihe der Gratulanten abgearbeitet. Wie auch rund eineinhalb Stunden zuvor bei der offiziellen Verkündung des Wahlergebnisses in der Waldshuter Stadthalle wirkte der 55-Jährige noch immer ergriffen von den Eindrücken des Abends und dem eindeutigen Wahlergebnis.

Kleine und große Bürger gratulieren dem neuen Oberbürgermeister der Stadt Waldshut-Tiengen zu seinem Wahlsieg.
Kleine und große Bürger gratulieren dem neuen Oberbürgermeister der Stadt Waldshut-Tiengen zu seinem Wahlsieg. | Bild: Völk, Melanie

67,81 Prozent der Wahlberechtigten (5207 Stimmen) haben dem früheren Beigeordneten ihr Vertrauen ausgesprochen. Für Amtsinhaber Philipp Frank stimmten 31,75 Prozent (2438 Stimmen).

„Ich bin ein bisschen aufgeregt. Ich war es in letzter Zeit nicht. Ich habe mir einen Spickzettel gemacht“, sagte Martin Gruner nachdem er unter tosendem Applaus, lautem Jubel und „Martin, Marin, Martin“-Rufen am Sonntagabend an das Mikrofon trat.

Für seine Rede nach der Verkündung des Ergebnisses braucht der neue OB einen Spickzettel, gesteht er gleich zu Beginn.
Für seine Rede nach der Verkündung des Ergebnisses braucht der neue OB einen Spickzettel, gesteht er gleich zu Beginn. | Bild: Stein, Moritz

Die Rede bei den offiziellen Kandidatenvorstellungen in der Stadthalle in Waldshut und Tiengen hatte er noch frei und neben dem Rednerpult gehalten, am Wahlabend mussten ein Zettel und das Pult als Stütze herhalten. „Ich freue mich unglaublich, dass ich die Wahl gewinnen konnte. Ich weiß, was damit verbunden ist und meine ganze Kraft und Energie reinstecken, um die Stadt weiter nach vorne zu bringen“, sagte er sichtlich gerührt.

Nach rund eineinhalb Stunden Gratulationsmarathon: Der neue Waldshut-Tiengener Oberbürgermeister Martin Gruner (Zweiter von links) mit ...
Nach rund eineinhalb Stunden Gratulationsmarathon: Der neue Waldshut-Tiengener Oberbürgermeister Martin Gruner (Zweiter von links) mit seiner Familie (von links) Tochter Ella, Frau Iris Dörffeldt und Sohn Timon. | Bild: Völk, Melanie

Er dankte seinem Wahlkampfteam und seiner Familie, allen voran seiner Frau. Sie habe ihn, „in Zeiten, in denen es gewackelt hat, Kraft gegeben“. Er versprach, die Bedürfnisse der Bürger zu verstehen und alle Stärken der Stadt herauszuspielen.

Kritik an Wahlbeteiligung

Landrat Martin Kistler blickte auf einen langen und intensiven Wahlkampf und fand deutliche Worte für Wahlbeteiligung von 43,41 Prozent: „Ich hätte mir eine höhere Wahlbeteiligung gewünscht. Wenn es um die Zukunft der Stadt geht, sollten eigentlich deutlich mehr als 50 Prozent der Bürger zur Wahl gehen.“ Er wünschte dem neuen OB „eine glückliche Hand“ und sagte ihm seine Unterstützung zu.

Mit Spannung habe der ganze Landkreis in den vergangenen Wochen nach Waldshut-Tiengen geschaut, das zeige laut Tobias Gantert, Sprecher der Bürgermeister im Landkreis Waldshut, dass Bürgermeister aus Wehr bis nach Jestetten in die Stadthalle gekommen waren. Er erwähnte die großen Aufgaben, die nun auf Martin Gruner zukommen werden und freute sich auf die Zusammenarbeit und den Landkreis gemeinsam nach vorne zu bringen.

Eine Umarmung gibt es für den neuen OB Martin Gruner von Landrat Martin Kistler. Im Hintergrund gratuliert Tobias Gantert, Sprecher der ...
Eine Umarmung gibt es für den neuen OB Martin Gruner von Landrat Martin Kistler. Im Hintergrund gratuliert Tobias Gantert, Sprecher der Bürgermeister im Landkreis, Gruners Ehefrau Iris Dörffeldt. | Bild: Stein, Moritz

Glückwünsche gab es auch von den Bundestagsabgeordneten Felix Schreiner (CDU) und Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) sowie den Landtagsabgeordneten Sabine Hartmann-Müller und Niklas Nüssle, der die OB-Wahl als „längsten Wahlkampf des Jahres“ bezeichnete.

Weil am Rhein feiert mit dem neuen OB

Im hinteren Teil der Stadthalle beobachtete eine Gruppe aus Weil am Rhein die Bewegung der Balken auf der Leinwand. „Es war uns ein Bedürfnis hier zu sein“, sagt Thomas Bayer, Grünen-Gemeinderat der Stadt Weil am Rhein, wo Martin Gruner aktuell Bürgermeister ist. „Wir haben versprochen, dass wir kommen und mit ihm seinen Gewinn feiern. Wenn er verloren hätte, hätten wir gefeiert, dass wir einen so guten Bürgermeister behalten können“, erklärte Bayer, der gemeinsam mit den Gemeinderäten Peter Reinacher (CDU), Johannes Foege (SPD) und Hauptamtsleiterin Annette Huber nach Waldshut gekommen war. „Er war ein großer Gewinn für uns. Die Stadt Waldshut-Tiengen kann sich glücklich schätzen, dass sie eine so passende Person für das Amt bekommen hat.“

Unterstützung für Martin Gruner aus seiner derzeitigen Wirkungsstätte in Weil am Rhein (von links): Hauptamtsleiterin Anette Huber, ...
Unterstützung für Martin Gruner aus seiner derzeitigen Wirkungsstätte in Weil am Rhein (von links): Hauptamtsleiterin Anette Huber, Grünen-Gemeinderat Thomas Bayer, CDU-Gemeinderat Peter Reinacher, SPD-Gemeinderat Johannes Foege sowie Gabriele Foege von der Orchestergesellschaft Weil am Rhein (von links). | Bild: Völk, Melanie

Unter den Gästen in der Waldshuter Stadthalle war auch der frühere OB Martin Albers (1991 bis 2015). Vor der Verkündung des Ergebnisses gestand er, aufgeregter zu sein als bei seiner eigenen Wahl. Am Ende lautete sein Statement: „Ich freue mich für die Stadt, dass sie mit Martin Gruner wieder einen guten OB hat.“

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Anerkennung und Dank für den unterlegenen Amtsinhaber

Der amtierende Oberbürgermeister Philipp Frank war einer der ersten Gratulanten auf der Bühne der Waldshuter Stadthalle. Im Anschluss zog er sich schnell aus dem Geschehen zurück und bekam nur wenig von den respektvollen und aufmunternden Worten auf der Bühne mit. Landrat Martin Kistler dankte etwa für einen engagierten Wahlkampf und das viele Herzblut, das er für seine neue Heimat an den Tag gelegt habe.

Er lobte, wie Frank die Herausforderungen der vergangenen Jahre für die Stadt angegangen sei und schloss mit den Worten: „Wo eine Tür zu geht, geht auch immer eine auf.“ Dieses Bild griff auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter auf, die aus eigener Erfahrung weiß, wie sich eine politische Niederlage anfühle, als sie 2009 die Wiederwahl in den Bundestag verfehlt habe,wie sie ausführte.

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Bürgermeister-Sprecher Tobias Gantert dankte für die Zusammenarbeit und wünschte viel Kraft und Stärke. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner erinnerte daran, dass Philipp Frank viel für die Region bewegt habe und bezeichnete den Wahlkampf als große Kraftanstrengung für die Familie. Auch die CDU-Landtagsabgeordnete Sabine Hartmann-Müller dankte für die gute Zusammenarbeit für die Bürger der Doppelstadt.

Am Montag dankte Philipp Frank auf seiner Facebookseite seinen Unterstützern und kündigte einen zweiwöchigen Rückzug aus der Öffentlichkeit an: „Der Wahlausgang ist für mich persönlich wie für uns als Familie keine einfache Situation. Deshalb nehmen wir uns diese Woche die erforderliche Zeit, um gemeinsam den Blick nach vorne zu richten. Ab kommender Woche war ohnehin Urlaub geplant, sodass ich mich nun für zwei Wochen im Urlaub befinde.“

Alles rund um die OB-Wahl und der Wahlabend zum Nachlesen:

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