Grafenhausen – Die Ehrenbürgerwürde ist die höchste Auszeichnung, die eine Gemeinde verleihen kann. Eine Ehre, die nur einer Person zuteil werden kann, die sich in herausragender Weise um das Ansehen des Ortes verdient gemacht hat. Jetzt wurde der Soziologe Hartmut Rosa auf diese Weise ausgezeichnet.
In Grafenhausen wird mit dem Verleihen dieser Auszeichnung nicht inflationär umgegangen – bisher gab es lediglich drei Ehrenbürger. Die erste Auszeichnung erhielt der ehemalige Bürgermeister Berthold Fritz im Jahr 1913 und die Zweite im Jahr 1979 der ebenfalls verstorbene Domkapitular Julius Schäuble. 2010 wurde der ehemalige Rathauschef Erich Kiefer, der 32 Jahre lang für die Geschicke der Gemeinde verantwortlich gezeichnet hatte, zum dritten Ehrenbürger ernannt.
In diesem Jahr hat der Gemeinderat einstimmig beschlossen, Hartmut Rosa die Ehrenbürgerschaft zu verleihen. Im Rahmen eines würdigen Festaktes überreichte Bürgermeister Christian Behringer die Urkunde an den nun vierten Ehrenbürger in Grafenhausen.
In seiner Ansprache rief der Rathauschef die beruflich bedingten Würdigungen des renommierten Soziologen, zu denen auch die Verleihung des Gottlieb-Leibnitz-Preises gehört, in Erinnerung. Laut der Deutschen Forschungsgesellschaft gelte Rosa weit über Deutschlands Grenzen hinaus als einer der bedeutendsten Gesellschaftsdenker unserer Zeit.
Trotz seiner knapp bemessenen Zeit als Professor für allgemeine und theoretische Soziologie an der Universität Jena und Direktor des Max-Weber-Kollegs in Erfurt, beteilige sich der Geehrte aktiv am Ortsgeschehen. Behringer nannte als Beispiel die Vorstandsposten beim Tennisclub und den Vorsitz bei der evangelischen Gemeindeversammlung. „Wenn Hartmut Rosa in seiner Heimatgemeinde ist, spielt er auch leidenschaftlich die Orgel in der evangelischen Kirche“, hob der Rathauschef hervor.
Auch sei er Hobbyastronom und ein Heavy-Metall-Fan. Gemeinsam mit dem Künstler Simon Stiegeler und Matthias Wild zeichne Rosa für die inhaltliche und künstlerische Konzeption des Zeit- und Resonanzraumes im Schwarzwaldhaus der Sinne verantwortlich. „Sicher ist auch, dass der neue Ehrenbürger bodenständig, ganz normal und unproblematisch ist“, stellte Behringer fest.
Lange Liste von Laudatoren
Die Rednerliste beim Festakt zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde, die von Michael Neymeyer mit Hightech-Instrumenten musikalisch umrahmt wurde, war lang. „In welchem Erdteil Hartmut auch unterwegs ist, er kommt immer in sein Heimatdorf zurück: Grafenhausen ist für ihn der Nabel der Welt, oder wie er sagt, seine Resonanzoase“, sagte Laudator Wolfgang Endres aus St. Blasien, der gemeinsam mit Rosa das Buch „Resonanzpädagogik. Wenn es im Klassenzimmer knistert“, geschrieben hat. Landrat Martin Kistler gratulierte ebenfalls zu dieser ehrenvollen Auszeichnung und bezeichnete den neuen Ehrenbürger der Gemeinde, der seine Wurzeln immer noch in Grafenhausen habe, als einen „hervorragenden Botschafter unserer Region“.
Professor mit Sprachfehler
Professor Michael Behr von der Universität Jena erntete für seine launige Laudatio viel Applaus. „Hartmut ist als Professor für Thüringen ein Gewinn. Er neigt aber zu einem gefährlichen Sprachfehler – er kann nicht Nein sagen“, betonte Hartmut Rosas Weggefährte. Der neue Ehrenbürger sei auf charmante Art stur, selten zornig und gelte in wissenschaftlichen Kreisen als „Entschleunigungs-Guru“, bei dem Zeit eine seiner knappsten Ressourcen sei. Herzliche und amüsante Worte über die Grundschulzeit von Hartmut Rosa fand Lehrerin Christel Schöppach.
„Ich liebe Grafenhausen und ich spüre, Grafenhausen liebt mich zurück“, erklärte der Geehrte im Rahmen seiner persönlichen Schlussworte.