Laufenburg/CH (von) Am Laufenburger Rheinufer kann am Donnerstag, 14. Juli, zur Mittagszeit ein seltenes Ereignis beobachtet werden: Die sogenannte Hirsebreifahrt macht Station am Laufen. 84 teils in farbenprächtigen historischen Gewändern bekleidete Personen, darunter Vertreter der Zürcher Stadtregierung, fahren in hölzernen Ruderbooten bis nach Straßburg. Sie erinnern alle zehn Jahre mit den Fahrten an Flussreisen 1456 und 1576, mit denen die Zürcher unter Beweis stellten, dass sie das verbündete Straßburg schneller erreichen konnten, als ein mitgeführter frisch gekochter Hirsebrei erkaltete.
Eine aus mit zwei 15 Meter langen Langschiffen und zwei Übersetzbooten bestehende kleine Flotille startet am Mittwoch, 13. Juli, in Zürich zur Fahrt nach Straßburg auf den Flüssen Limmat, Aare, Reuss, Rhein und Ill. Anders als vor 560 Jahren dauert die Reise statt 20 Stunden mittlerweile dreieinhalb Tage: 29 Wehre, Kraftwerke und Schleusen haben die Fließgeschwindigkeit des Wassers verringert und machen alle paar Kilometer ein zeitaufwendiges Umladen der Boote erforderlich.
Im schweizerischen Laufenburg wird die Ankunft der Hirsebreifahrer gegen 12.30 Uhr erwartet. Laufenburger Pontoniere empfangen die Zürcher am Kraftwerk Albbruck-Dogern und eskortieren sie auf dem Rhein bis zur Stadt. Hier heißen Stadtammann Herbert Weiß und Bürgermeister Ulrich Krieger als Vertreter des offiziellen Laufenburg zusammen mit Pontonieren, Trachtenfrauen und Tambouren die Hirsebreifahrer willkommen. Nach dem Mittagessen setzen die Boote ihre Reise um 14.30 Uhr rheinabwärts fort und werden etwa um 15 Uhr die Kraftwerkschleuse durchfahren.
Mit der ersten Hirsebreifahrt wollten die Zürcher 1456 beweisen, dass sie innerhalb eines Tages von Zürich nach Straßburg fahren konnten, um der verbündeten Stadt im Ernstfall militärische Unterstützung zu geben. 1576 wurde die Fahrt wiederholt. Die Chroniken berichten, dass beide Male der Brei noch so heiß gewesen sei, dass er an den „Lefzen“ gebrannt habe. Heutzutage wird der Brei nicht mehr die ganze Strecke auf den Booten mitgeführt. Die Zürcher Konditorei Sprüngli fährt ihn nach Kehl, wo die Boote ihn dann für die letzten Kilometer aufnehmen.
Um im 13. und 14. Jahrhundert die hohe Reisegeschwindigkeit erreichen zu können, waren die Zürcher am Laufen auf die Unterstützung der Laufenburger angewiesen. Die Felsschwelle mit etwa zehn Meter Höhenunterschied konnte nur talwärts befahren werden, und auch das war sehr gefährlich. Deshalb brachten die Laufenknechte bei den Rekord-Hirsebreifahrten 1456 und 1576 ein Langschiff schon am Vortag über den Laufen, die ankommenden Zürcher konnten dann in das unterhalb der Stromschnellen bereitliegende Schiff wechseln.
In neuerer Zeit finden die Hirsebreifahrten seit 1946 alle zehn Jahre statt, mit Ausnahme von 1966. An der Fahrt beteiligt ist jeweils der Zürcher Stadtpräsident und eine Stadtratsdelegation. Der Limmat-Club Zürich organisiert die Fahrt zusammen mit der Zunft zur Schiffleuten Zürich, der Schützengesellschaft der Stadt Zürich, der Gesellschaft der Bogenschützen in Zürich und der Stadtmusik Zürich.
Hirsebrei
Historisches Rezept aus dem 15. Jahrhundert für vier bis fünf Personen, degustiert, verfeinert und gekocht durch die Confiserie Sprüngli Zürich: 1 Liter Milch, 5 Gramm Salz, 100 Gramm Butter zusammen aufkochen, 200 Gramm fein gemahlene Hirse zugeben, unter gelegentlichem Rühren bei schwacher Hitze zirka 1 Stunde quellen lassen, 50 Gramm Honig und eine Prise Zimt zugeben, zum Verfeinern 100 Gramm Sultaninen und 100 Gramm gebrochene Haselnüsse beigeben.