Paddy Tinsley ist herausgeputzt – weißes Hemd, Weste, Cordhose. Das Outfit in Einklang mit seinem wallenden weißen Haar und dem Rauschebart verfrachtet den Bonndorfer vor dem geistigen Auge zunächst vor einen englischen Kamin, die rechte Hand an der Pfeife, die linke auf dem Kopf einer neben dem Sessel sitzenden Bulldogge. So ähnlich soll der Ire, der in Bonndorf seine Heimat gefunden hat, auch wirken – nur nicht ganz so gemütlich.
„Ausgerechnet Paddy spielt unseren Bösen“, sagt Dietmar Schlau, Schauspieler und Stückeschreiber des Rollmopstheaters in Villingen und spielt damit auf dessen Wesen an, das eher an einen gutmütigen Bären erinnert. Aus Schlaus Feder stammt das Stück „Sally“, das in einer irischen Bar spielt. Paddy Tinsley ist darin ihr Besitzer, reich und fordernd.
Und er ist Liedermacher der Songs, die die Grundlage zum Stück geliefert haben. „Ich habe nach dem Tod eines Freundes ein Lied für seine Frau geschrieben, die trauernd vor dem Spiegel steht“, erläutert Paddy Tinsley den Ursprung seiner Idee. Eigentlich hätte das ein Musical werden sollen. Es sei auch ein Lied nach dem anderen entstanden. „Ich habe das nur nicht zusammengebracht in eine Handlung“, erläutert er in einem charmanten Mix aus Deutsch und Englisch.
Als Straßenmusiker durch Europa
Paddy Tinsley verließ mit 22 Jahren seine Heimat Irland und verdiente sein Geld mit Straßenmusik. Er tingelte Jahrzehnte in den Niederlanden, Frankreich, Belgien und Deutschland, bis er Doris Schweizer in Freiburg kennenlernte. Sie stammt aus Bonndorf, als Tochter der Familie, die das Kaufhaus Lüber führte. Die beiden heirateten, und mit ihr zog Paddy Tinsley vor einigen Jahren in die Löwenstadt, womit er näher an Villingen ist.
Nachdem nämlich mit der Berliner Maueröffnung in der Breisgaumetropole die Straßenmusiker überhandgenommen hatten und sich die Musiker allzu dicht nebeneinandersetzten und gegenseitig das Publikum abspenstig machten, wich er aus: Nach Lahr, Offenburg, Staufen, Pforzheim, Stuttgart und eben auch Villingen. Dort kennt man Paddy Tinsley seit vielen Jahren als Straßenmusiker.
„Paddy Tinsley, der irische Sänger und Songwriter aus der Fußgängerzone, hat die Lieder geschrieben, die Theaterautoren die Geschichte. Zusammen ergibt das ein romantisches Theaterstück mit live gespielten und gesungenen Irish-Folk-Balladen“, heißt es in der Ankündigung des Rollmopstheaters.
Zweisprachige Regieanweisungen
Urige Stimmung in dem wohnzimmergroßen Zuschauerraum in der Villinger Färbergasse ist bei rund 40 Stühlen, die hier Platz finden, quasi schon garantiert. Die kleine Bühne mit Auf- und Abgang über den winzigen Vorraum, der bei den Vorstellungen als Garderobe fungiert, ist – zum Stück passend – voll wie ein Pub, wenn die fünf Darsteller gemeinsam auftreten.
„Paddy, Du musst in der Szene hinter den Tresen. In the moment there are all bottles on the bar, your job is to put them on it“, mischt auch die Regisseurin Maxi Fleig ihre Anweisungen in beiden Sprachen (deutsch: „Momentan gibt es alle Flaschen an der Bar. Dein Job ist es, sie dorthin zu stellen“). „Es war schon OK, den Text zu lernen, but this is a long line“, erläutert Paddy Tinsley (deutsch: „...aber das ist eine lange Passage.“) und gibt sich in der Folge alle Mühe, fehlerfrei über seinen Einsatz zu kommen. Noch wird getüftelt.
„Du must mit dem Tablett dann zum Publikum gehen“, weist die Regisseurin Alexandra Birke an, die die Sally gibt. Die Gitarre wird nochmal an die richtige Stelle gerückt, damit Dietmar Schlau sie dann aufnehmen und sich beim Abschlusssong der Szene damit begleiten kann. In den höchsten Tönen lobt er Saskia Manzi: „Sie hatte den schwersten Job, sie musste uns das Singen beibringen.“ Wobei er seine Autorentätigkeit, bei der Maxi Fleig geholfen hat, herunterspielt: „Das Schreiben ging super. Die Lieder von Paddy sind Mega gut und haben ein tolles Fundament gebildet, so konnte es sehr leicht zu einem großen Ganzen zusammenwachsen.“
Premiere am 19. Oktober
Vermutlich wird es zur Premiere am Freitag, 19. Oktober, letztlich auch die Begeisterung, der Laienakteure sein, die dieses Musiktheater zu einem Gesamtkunstwerk macht. Der Heilpraktiker und Psychotherapeut Dietmar Schlau, findet Worte dafür: „Wir sind für zwei Stunden im Hier und Jetzt, das ist unheimlich intensiv. Auch die Interaktion mit dem Publikum und die Sympathie, die einem entgegen kommt, tut einfach gut.“
Für den Bonndorfer Paddy Tinsley ist das neben seiner Musikerlaufbahn und der als Maler, die er vor einigen Jahren begonnen, und die ihn auch schon im Bonndorfer Rathaus zum Aussteller gemacht hat, das dritte künstlerische Standbein. „Es macht einfach Spaß, mit diesen Menschen auf der Bühne zu stehen“, so Paddy Tinsley.
Mehr Infos im Internet:
http://www.rollmops-theater.de