Susanne Kanele

Bad Säckingen – Der Höhepunkt des großen Zustroms Tausender Flüchtlinge ist längst bewältigt – und damit ist auch die Zeit der Akuthilfe für die Menschen aus den Krisengebieten vorerst vorbei. Doch für die Mitglieder des Vereins Refugees Integrated geht die Arbeit weiter. Bis heute unterstützen die Mitglieder Flüchtlingsfamilien in Bad Säckingen und helfen ihnen dabei, die Sprache zu lernen und ebnen ihnen den Weg, um Arbeit zu finden und um heimisch zu werden. „Wir führen vor allem administrative Aufgaben durch“, erklärt Alexander Müller. Der pensionierte Lehrer und seine Frau Anne sind bereits seit der Gründung des Vereins Mitglied und haben sich vor knapp zwei Jahren einer Familie aus Syrien angenommen. Layla Alsaleh und Adeeb Kharmanda kamen 2015 gemeinsam mit ihren beiden Töchtern Nada und Jana nach Deutschland. Hier wurde vor einem Jahr die dritte Tochter Tasmeen geboren.

Post von der Kindergeldkasse, Gänge zu Ämtern und Behörden oder Arztbesuche. Fast tägliche Dinge, die selbstverständlich erledigt werden. Allerdings fast unmöglich in einem fremden Land, wo man kaum die Sprache spricht und sich überhaupt nicht auskennt. Die berufliche Situation muss geklärt und ein Deutschkurs organisiert werden. Denn ohne den Kurs gibt es keine Arbeit. Hier greift der Verein Refugees Integrated unter die Arme.

Die Großmutter der Familie Kharmanda ist an den Verein herangetreten und hat um Hilfe für ihre Familie gebeten. Vier Monate war die damals noch vierköpfige Familie unterwegs über die Balkanroute bis nach Bad Säckingen. Passau, München, Hamburg und Wertheim. Dazwischen noch eine unfreiwillige Reise nach Schweden. Unfreiwillig, weil die Eltern unterwegs von den Kindern getrennt worden sind. Die Eltern standen bereits auf dem Bahnsteig und bevor die Kinder mit ihrer Tante aus dem Zug aussteigen konnten, fuhr dieser weiter. Zwei Monate waren die Eltern von ihren Kindern getrennt, bis die damals bereits schwangere Layla Alsaleh und Adeeb Kharmanda selbst nach Schweden reisen durften und ihre Kinder wieder mit nach Deutschland nehmen durften.

Von Wertheim aus kam die Familie nach Stühlingen, wo sie mit vielen weiteren Flüchtlingen in einer Sporthalle untergebracht waren. Dann kam die Familie in die Containersiedlung im Bad Säckinger Trottäcker. Die Familie ist damals vor dem Krieg geflüchtet. „Wir wollten das Elend nicht mehr haben“, erzählt Adeeb Kharmanda, der in seiner syrischen Heimat als Laborant in einem Krankenhaus gearbeitet hatte. „Wenn die Kinder auf der Straße unterwegs waren, fragten sie uns immer, warum diese Männer hier auf der Straße schlafen würden, dabei waren sie tot“, erinnert sich der Familienvater. „Überall war Blut.“

Seit die Familie jetzt in Bad Säckingen ist, wird sie vom Ehepaar Müller betreut. Neben den Gängen zu den Behörden oder zu den Ärzten, treffen sich die beiden Familien hin und wieder auch privat. „Im Sommer haben wir bereits zusammen gegrillt oder wir bekochen uns gegenseitig mit den Speisen aus der Heimat“, erzählt Alexander Müller. Inzwischen lebt die Familie nicht mehr in der Containersiedlung, sondern hat eine eigene Wohnung gefunden. Die beiden älteren Kinder besuchen jetzt die Grundschule. Die Eltern lernen inzwischen Deutsch und auf gemeinsamen Spaziergängen mit dem Ehepaar Müller lernt die Familie ihre neue Heimatstadt kennen.

Trotz der gemeinsamen Unternehmungen muss die Zeit kommen, in der die Familie alleine zurechtkommen muss. „Ich lasse die Familie immer mehr Aufgaben selbst erledigen“, erzählt Alexander Müller. Das heißt, der Vater übernimmt gewisse Telefonate selbst und die Kinder machen sich inzwischen alleine auf den Weg in die Schule oder zu ihrem neuen Hobby Handball. Wie lange die Familie hier in Deutschland leben wird, steht noch nicht fest. „Wenn irgendwann wieder Frieden in unserer Heimat ist, braucht Syrien Menschen, die das Land wieder aufbauen“, rechnet Adeeb Kharmanda mit einer Rückkehr nach Syrien. Doch bis es soweit ist, ist Deutschland ihre neue Heimat geworden.