Wenn die Donaueschinger Stadtkapellenmusiker Michael Schlatter und Erwin Wilhelm zusammenkommen, dann können sie nicht anders, als sich gegenseitig aufzuziehen. Als der SÜDKURIER wissen will, wie das denn damals mit der Wette war, die den legendären Bachmarsch am 15. August 1987 zur Folge hatte, meint Michael Schlatter ganz trocken: „Das mit der Wette hat sich der Erwin bei der schriftlichen Gesellenprüfung ausgedacht, weil ihm da sonst nichts eingefallen ist.“ Mittlerweile sind die beiden jungen Kerle von einst gestandene Mannsbilder, spielen natürlich immer noch in der Stadtkapelle Donaueschingen mit und auf die Frage, ob sie sich für die Serie „Gedächtnis der Region“ noch einmal nasse Füße holen würden, da mussten sie nicht lange überlegen: „Natürlich!“

Die Wette ging um ein 50-Liter-Fass Bier. Wilhelm sagte, dass er es schaffen werde, 20 Musikerkollegen zu einem Marsch mit Marschmusik durch die Brigach überreden zu können. Schlatter hielt dagegen: Der erste Brigach-Marsch war geboren.
Am großen Tag waren es dann nahezu alle Mitglieder der Stadtkapelle, die bei ihrem Probelokal, der Stadtmühle, in die Brigach einmarschierten. Auch einige Musiker befreundeter Vereine ließen es sich nicht nehmen, mitzumachen. Gespielt wurde das Badner-Lied, so wie es sich für Lokalpatrioten gehört. Obwohl Wilhelm und Schlatter eigentlich eher an einen vereinsinternen Jux-Termin dachten, hatte sich die Wette in Donaueschingen ruckzuck herumgesprochen, und so säumten 2500 Zuschauer das Brigachufer. Sogar das Fernsehen schickte ein Kamerateam nach Donaueschingen.

An Requisiten führten die Wassertreter ein Rettungsboot mit sich, symbolisch hatte ein Musiker ein leeres und damit schwimmfähiges Bierfass an der Leine und der Schlussmann hatte zwei Plastikenten im Gefolge. Raus aus den Fluten ging es nach rund 1,2 Kilometern an der Schützenbrücke. Geplant war nun, trockenen Fußes zurück zum Alten Festhallenplatz zu laufen, um dort das 50-Liter-Fass von voll in leer zu verwandeln. Nur: Die vielen Zuschauer folgten den Musikern und wollten mitfeiern. Was tun?

Nun ist es so, dass die Stadtkapellen-Mitglieder in Donaueschingen gut vernetzt sind: Einer wusste, wie man an einem Samstagnachmittag schnell an ausreichend Bier kommt, ein anderer ließ seine Kontakte zu einem Metzger zwecks Grillwürsten und Steaks spielen und ein Dritter wiederum organisierte Bräter und Biertischgarnituren. „So ein spontanes Fest könnte man heute bei den vielen Auflagen nicht mehr auf die Beine stellen“, sagt Schlatter. Und so kam die Stadtkapelle an diesem denkwürdigen Tag sogar noch zu Einnahmen, die an die Jugendkapelle flossen.
20 Jahre später wiederholten die Stadtkapelle ihren Bachmarsch. Die Neuauflage wurde zu einer wahren Wasserschlacht, denn dieses Mal machten sechs Kapellen mit und eine Jury bewertet die Auftritte. Kriterien waren aber nicht nur Klangreinheit oder Intonation, sondern Originalität und der optische Gesamteindruck. Es war halt auch eine Spaß-Veranstaltung. 2037 jährt sich der Bachmarsch zum 50. Mal. Mal sehen, ob Michael Schlatter und Erwin Wilhelm, dann im Großvater-Alter, zusammen mit ihren Stadtkapellen-Freunden wieder ein musikalisches Fußbad in der Brigach nehmen. Man kann‘s sich für die beiden und die Donaueschinger nur wünschen.
