Herr Schüttler, am 10. September um 11 Uhr soll eine Probewarnung an alle Warnmultiplikatoren geschickt werden. Was bedeutet das?
Am bundesweiten Warntag soll die Warninfrastruktur in Deutschland mit einer Probewarnung getestet und das Bewusstsein der Bevölkerung gestärkt werden. Diese Aktion in der aktuellen Pandemiezeit mag bei manchen für Kopfschütteln sorgen, doch genau die letzten Monate haben auch gezeigt, dass es wichtig ist, die Bevölkerung zeitnah über Maßnahmen und Änderungen der Verordnungen gezielt zu informieren. Da es im Land, wie auch in der Singener Kernstadt keine Sirenen mehr auf den Dächern gibt, muss eine Alternative geschaffen werden.
Die Warn-App ist hier ein Mittel, welches in Zukunft sicher Einzug bei der Bevölkerung halten wird. Die Warn-App NINA kann sich jeder Bürger frei auf sein Smartphone laden. NINA informiert zusätzlich mit Handlungsempfehlungen entsprechend ihrem Standort – auch bei Wettereignissen. Wir haben NINA auch schon zur lokalen Information der Bevölkerung in Singen zu einem Brandereignis mit starker Rauchentwicklung genutzt. NINA ist ein Muss für jeden Bürger mit einem Smartphone.
Die Sirenen informieren den Bürger über ein Ereignis. Um was es sich handelt und welche Maßnahmen getroffen werden müssen, muss sich der Bürger dann über die Rundfunksender und über das Internet einholen. Sicher ein guter Weg, aber über die Warn-App bin ich gezielt und direkt informiert.
Die Landkreise lösen an diesem Tag alle verfügbaren kommunalen Warnmittel aus. Welche sind das konkret in Singen?
Wir werden in Singen erst mal kleinere Handlungen vornehmen. Da wir in Singen nur noch auf den Ortsteilen Sirenen haben, werden wir diese in der Kernstadt nur am Rande bemerken. Die Warnungen über die App werden nicht von uns, sondern zentral gesteuert und versendet. Auf Durchsagen mit Lautsprecherwagen werden wir ganz verzichten. Wir sind aufgrund der Corona-Situation derzeit noch mit allen Aktivitäten, wie Übungsdienst und Fortbildungen, eingeschränkt.
Von daher werden wir uns auch zu dem Thema Lautsprecherfahrzeuge zurückhalten müssen. Wir führen diesen Tag ja jetzt zum ersten Mal durch. Im kommenden Jahr können wir das Thema gerne erweitern. Die Öffentlichkeit wird derzeit über die sozialen Medien und die örtliche Presse über den Warntag informiert. Weiter bekommen die Bürger von Singen die Warninformationen über die entsprechenden Rundfunksender.
Inwieweit ist die Feuerwehr in den Warntag eingebunden?
Die Feuerwehr selbst ist zu diesem ersten bundesweiten Warntag gar nicht eingebunden. Die Feuerwehr ist neben weiteren Organisationen im Bevölkerungsschutz tätig, aber der Warntag ist auf Ebene des Bundes, der Länder, der Kreise und der Kommunen organisiert.
Gibt es so etwas wie einen runden Tisch des Landkreises, wo alle Organisationen vorab zusammengekommen sind?
Im Landkreis selbst gibt es keinen Arbeitskreis zum bundesweiten Warntag. Sicher laufen Vorbereitungen im Landratsamt bei den Zuständigen zum Katastrophenschutz, aber da geht es weitgehend um das Administrative. Der Warntag selbst eine bundesweite Angelegenheit und wird zentral vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe organisiert.
Sie sind auch für den Katastrophenschutz in Singen zuständig. Welche Aufgaben haben Sie da genau?
Ich mag in diesem Zusammenhang den Begriff „Katastrophenschutz“ nicht. Ich nenne es lieber Bevölkerungsschutz und Krisenmanagement. Eine Kommune hat sich nicht nur auf eventuelle Katastrophen vorzubereiten, sondern das beginnt schon viel, viel früher. Wir haben gerade das allerbeste Beispiel. Die Kommune arbeitet seit Monaten im Krisenmodus Corona. Und schon sind wir bei meinen Aufgaben. Für mich gilt es, einen Verwaltungsstab zu organisieren und diesen Stab auch in Übungen einzubinden. Der Verwaltungsstab der Stadt Singen hat im März seine Tätigkeiten aufgenommen und arbeitet sehr professionell. Weitere Aufgaben sind, die Kommune auf eventuelle Ereignisse vorzubereiten und Einsatzpläne zu verschiedenen Szenarien zu erstellen.
Dies muss eben nicht die Katastrophe sein, sondern zum Beispiel auch ein flächendeckender Stromausfall, ein Extremwetter wie Hochwasser, ein großes Brandereignis oder die Entschärfung einer Fliegerbombe, wie es jüngst in anderen Städten schon vorkam. Es gilt für mich auch, Infrastrukturen zu organisieren. Eigentlich denkt man, dass man zum Bevölkerungsschutz und Krisenmanagement viel Arbeit für die Schublade macht und diese vermutlich nie benötigt. Doch weit gefehlt. Auch da hat uns die Pandemie etwas anderes gezeigt.
Sind alle Blaulicht-Organisationen am Warntag im Einsatz?
Es sind keine Blaulichtorganisationen im Einsatz. Es geht an diesem Tag einzig und allein darum die Bevölkerung auf die Möglichkeiten der Warnmöglichkeiten und deren Wirkung zu sensibilisieren und den Verantwortlichen auch Defizite in den Warnmöglichkeiten aufzudecken.
Die bundesweit einheitlichen Sirenensignale sollen durch diesen Tag bekannter werden. Gibt es verschiedene Signale für verschiedene Ereignisse?
Ja, es gibt ja zunächst mal das Signal „Alarmierung Feuerwehr„, wie wir es bei den Ortsteilen auch nutzen. Dies ist dann eine Minute Dauerton zweimal unterbrochen. Eine Minute Dauerton auf- und abschwellend warnt die Bevölkerung vor einem Ereignis. Eine Minute Dauerton durchgehend ist die Entwarnung.
Früher gab es regelmäßig Sirenenalarm, oder? Warum ist das nicht mehr so?
Ja, dies war auch bei uns früher so üblich. Ich kenne das als Kind auch noch sehr gut. Wie bereits schon gesagt, hatten die Sirenen während dem kalten Krieg ihren Bestand. Heute sind die meisten Sirenen abgebaut und wenn es noch welche gibt, wie bei uns auf den Ortsteilen, dann zur Alarmierung der Feuerwehr.
Zu Person und Aktion
- Stefan Schüttler ist 49 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei Kindern. Seit über 30 Jahren ist er bei der Feuerwehr Singen aktiv und hat er dort alle Ausbildungen bis zum Verbandsführer durchlaufen. Nach 15 Jahren als stellvertretender Abteilungskommandant wurde er 2016 zum Abteilungskommandanten der Abteilung Stadt gewählt. Im Jahr 2018 wurde ihm neben weiteren beruflichen Aufgaben das kommunale Aufgabengebiet „Bevölkerungsschutz und Krisenmanagement“ anvertraut. Nach seiner Meinung sollte sich jeder Bürger die Warn-App NINA auf sein Smartphone herunterladen.
- Der bundesweite Warntag findet am Donnerstag, 10. September um 11 Uhr statt. Der Tag ist ein Bund-Länder-Projekt und soll zukünftig immer am zweiten Donnerstag im September stattfinden. Zeitgleich werden dann in allen Bundesländern Warnmittel wie Sirenen und Lautsprecherwagen ausgelöst und auch eine Probewarnmeldung über die Warn-App NINA (Notfall-Informations- und Nachrichten-App des Bundes) ausgelöst. Die Bürger sollen damit lernen, Notlagen zu erkennen und zu wissen, was nach einer Warnung zu tun ist. Gewarnt wird über Naturgefahren wie Hochwasser oder Erdbeben, Unwetter, Schadstoffaustritte, Ausfall der Versorgung wie Energie, Wasser oder Telekommunikation, Krankheitserreger, Großbrände, Waffengewalt und Angriffe oder akute Gefahren wie Bombenentschärfung. Die Warnung wird auf folgenden Kanälen verbreitet: Radio und Fernsehen, Internetseiten, Warn-Apps, soziale Medien, Sirenen, Lautsprecherwagen, digitale Werbetafeln und über Freunde, Nachbarschaft oder Behörden.
- Weitere Informationen im Internet unter www.bundesweiter-warntag.de