Rolf Hirt

Das Bohlinger Gasthaus Sternen, direkt an der Aach gelegen, hat in 500 Jahren Geschichte viele Aufs und Abs erlebt. Jetzt soll es wieder aufwärts gehen. Anlässlich des Tages des offenen Denkmals am Sonntag, 8. September, steht das Kulturdenkmal im Singener Stadtteil Bohlingen für Besucher offen.

„Von 13 bis 19 Uhr wird es jeweils zur vollen Stunde Führungen mit Fachleuten durch die Zimmer im Alt- und Neubau des Sternen geben“, kündigt Tilo Brügel von der Denkmalschutzbehörde der Stadt Singen an.

Wohnraum direkt neben einem Flusslauf bietet das neu gebaute Aparthotel Sternen an der Bohlinger Dorfstraße.
Wohnraum direkt neben einem Flusslauf bietet das neu gebaute Aparthotel Sternen an der Bohlinger Dorfstraße. | Bild: Rolf Hirt

Wirtshausschild ist wieder da

Dazu gibt es ein Rahmenprogramm mit Wiener Kaffeehausmusik und historischem Klavier sowie eine Bewirtung mit Kaffee, Kuchen und Bohlinger Wein. Eine Attraktion soll die Montage des inzwischen sanierten, historischen Wirtshausschildes an der Dorfstraße werden.

Das Schild war während der Bauzeit lange spurlos verschwunden. Das Denkmal-Programm rundet außerdem eine historische Fotoausstellung mit verschiedenen Ansichten rund um den Ortskern des Kulturdenkmals Sternen ab.

Das alte Wirtshausschild des Sternen ist inzwischen saniert.
Das alte Wirtshausschild des Sternen ist inzwischen saniert. | Bild: Rolf Hirt

Ungewöhnlich gute Infrastruktur

Denn das Dorf Bohlingen hat, was andernorts schon verschwunden ist: Laden, Wirtshaus, Arzt. „Nur wenige Dörfer im Umkreis können mit einer guten Infrastruktur punkten, der Singener Stadtteil Bohlingen gehört zweifelsfrei dazu“, betont Ortsvorsteher Stefan Dunaiski.

Und er weiß, dass für die Belebung der Dörfer neben den Kommunen auch das Engagement einzelner Bürger gefragt ist – so konnte der Umbau des Bohlinger Dorfkerns mit der Sanierung des Gasthaus Sternen aktiv in die Hand genommen werden. Das Ergebnis kann sich nach einjähriger Bauzeit sehen lassen: Das markante Gebäude aus der Barockzeit wurde von innen und außen grundlegend saniert. In den Obergeschoßen wurde das historische Fachwerk freigelegt, daneben ein moderner Neubau erstellt.

Alt und Neu ergänzen sich

Zukunftsmusik ist noch der Plan der Bauherren, im Erdgeschoss von Alt- und Neubau ein Gasthaus zu etablieren. Die Suche nach geeigneten Wirtsleuten hält unterdessen noch an. „Alte Bausubstanzen mit etwas Neuem zu ergänzen und so eine Verbindung von Wasser, Mensch und Natur zu schaffen, das ist die spannende Herausforderung aller Beteiligten gewesen, es ist uns gut gelungen“, erklärt Thomas Relling als Leiter der Bauherrengemeinschaft.

In direkter Nachbarschaft ist zeitgleich das Haus mit der ehemaligen Bäckerei saniert worden. „Die Mischung zwischen Alt und Neu ist gut gelungen, auch wenn man spürt, dass der Verkehr im Ort nun zugenommen hat. Der Dorfkern von Bohlingen hat mit dem neuen und sanierten Gebäude einen riesigen Gewinn bekommen“, sagen Anja und Roberto Capalbo als direkte Nachbarn des Aparthotel.

Belebter Dorfkern: Im historischen Gasthaus Sternen neben der Aachbrücke und dem angrenzenden modernen Neubau sind insgesamt 13 ...
Belebter Dorfkern: Im historischen Gasthaus Sternen neben der Aachbrücke und dem angrenzenden modernen Neubau sind insgesamt 13 Apartments des Aparthotels entstanden. | Bild: Rolf Hirt

Mehr als 500 Jahre Geschichte

Zum Tag des Denkmals sollen das Gasthaus, das barocke Wirtshausschild und historische Fotos im Zentrum stehen. „Alle drei erzählen Geschichten, die nicht im Geschichtsbuch stehen“, erklärt Brügel. Die Geschichte des traditionsreichen Gasthauses Sternen in Bohlingen geht mehr als 500 Jahre zurück.

An diesem Platz neben der Aach wurde um 1450 ein Gemeinde- und Rathaus erstellt, es brannte im Bauernkrieg 1525 nieder. Nach dem Wiederaufbau durfte auch die Herrschaft des Ortes den Wein vom Galgenberg in diesem Haus ausschenken, im Dreißigjährigen Krieg brannte dieses Gemeindehaus erneut aus. Im Jahre 1667 wurde an gleicher Stelle ein neues Gebäude mit Stallungen und Scheuer aufgebaut, diese Jahreszahl ist im kunstvollen Wirtshausschild heute noch zu sehen.

Fachwerk seit den 70ern wieder sichtbar

Das heutige Gebäude aus der Barockzeit ist um das Jahr 1790 entstanden, darin waren Gemeinde-, Rat- und Schulhaus sowie ein Wirtshaus untergebracht. Jahrhundertelang blieb der Sternen verputzt, erst in den 1970er Jahren das herrliche Fachwerk wurde nach einer grundlegenden Sanierung wieder sichtbar gemacht.

Belebter Dorfkern: Im Gasthaus Sternen neben der Aachbrücke und dem angrenzenden modernen Neubau sind insgesamt 13 Apartments entstanden.
Belebter Dorfkern: Im Gasthaus Sternen neben der Aachbrücke und dem angrenzenden modernen Neubau sind insgesamt 13 Apartments entstanden. | Bild: Rolf Hirt

Zu Beginn dieses Jahrzehnts war das 1790 erbaute und früher auch schon als Schulhaus genutzte Gasthaus wieder in einem erbärmlichen Zustand. Viel hätte nicht gefehlt und die Deckenkonstruktion hätte wegen erheblicher konstruktiver Mängel nachgegeben. Für Baustatiker Thomas Relling kein Grund zur Sorge, sondern eher Herausforderung: „Solche Überraschungen machen den Umgang mit einem alten Haus erst so richtig spannend und interessant.“

Fotos zeigen Leben von einst

Das Wirtshausschild, das einige Monate lang verschwunden war, soll zum Aktionstag von einer Metallrestauratorin erläutert werden, und in historischen Fotos wird das Bohlinger Dorfleben von einst gezeigt.

„Das öffnet den Blick auf Lebensverhältnisse, die wir uns als moderne und vielleicht sogar ein wenig verwöhnte Menschen schon fast nicht mehr vorstellen können“, kündigt Tilo Brügel an und lädt ein zu schauen, ob Susann Graf vom Singener Architekturbüro Graf und Moest das Projekt Barock trifft auf Moderne geglückt ist.