Ich gebe es ehrlich zu: Zum Start der Gültigkeit des Neun-Euro-Tickets habe ich mit Chaos in den öffentlichen Verkehrsmitteln gerechnet. Mit weitaus mehr Personen, als Bus und Bahn überhaupt fassen können, und mit voll besetzten Sitzen und stehenden Reisegästen in den Gängen. Tatsächlich erlebt habe ich davon: nichts. An den Bahngleisen und Bushaltestellen warteten nicht mehr Personen als sonst, in den öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Weg von Rielasingen nach Stockach blieben sogar Plätze frei. Es gab Zeiten, in denen ich trotz höherer Fahrtkosten schon mehr Gedränge erlebt habe.
Wo sind die Menschenmassen?
Natürlich mag es am bewölkten Himmel und dem Wochentag gelegen haben, dass sich zumindest die Ausflügler in Grenzen hielten. Vielleicht war ich auch einfach zur falschen Zeit unterwegs – den schlimmsten Berufsverkehr habe ich um 8 Uhr jedenfalls verpasst. Dennoch habe ich irgendwie mit etwas anderem gerechnet.
Wo sind denn die unzähligen Reisenden, die im Vorfeld sogar dafür gesorgt haben, dass die Internetseite der Deutschen Bahn überlastet war? Wohnen sie einfach nicht im Kreis Konstanz? Oder lockt vergünstigter Sprit doch wieder die Autofahrer auf die Straßen? Wo ist das Verkehrschaos, für das normalerweise schon eine gestörte Signalanlage oder zu wenige Waggons zur Hauptverkehrszeit sorgen? Kann es tatsächlich sein, dass auf einmal alles glatt läuft bei der Bahn – und das pünktlich dann, wenn die große Zeit der öffentlichen Verkehrsmittel geschlagen hat? Sogar die Schwarzwaldbahn zwischen Konstanz und Karlsruhe hat ihren Stundentakt wieder aufgenommen.

Kommt der große Andrang noch?
Irgendwie ist das ja fast schon ein bisschen enttäuschend. Auch wenn ich mich über reibungslose Abläufe nicht beschweren möchte: Vielleicht wäre es ja ein deutliches Zeichen an die Politik gewesen, wenn auf einmal der ganze Landkreis in die Busse und Bahne drängen würde, sobald eine Fahrt von Singen nach Stockach nicht mehr fast 80 Euro im Monat kostet.
Tatsächlich ist – Achtung, Wortspiel – der Zug aber noch nicht abgefahren. Um endgültige Aussagen zu treffen, ist es noch etwas zu früh. Ob sich das Chaos nur ein wenig verspätet, wird sich in den nächsten Tagen und Wochen zeigen. Vor allem das Pfingstwochenende dürfte bei entsprechendem Wetter zu einer Belastungsprobe führen. Und vielleicht sieht es ja auch schon auf der Heimfahrt heute Abend schon ganz anders aus.