Lehrer zu werden oder einen Beruf im Sozialbereich zu ergreifen – das hätte sich Daniel Lis aus Sigmaringen gut vorstellen können. Doch es kam anders. Heute arbeitet der 27-Jährige als Projektmanager bei einem IT-Dienstleister und verbringt viel Zeit im Homeoffice. Sozial engagiert ist er trotzdem. Oder besser: gerade deshalb. Für den Lern- und Jobpatenverein „Engagement für die berufliche Zukunft“ (EfbZ) unterstützen Lis und rund 30 weitere Lern- und Jobpatinnen und -paten junge Menschen auf ihrem Weg ins Berufsleben, heißt es in einer Pressemitteilung des Landratsamts. Für den Projektmanager eindeutig die richtige Wahl: „Schon nach wenigen Monaten habe ich selbst gemerkt, dass wir richtig etwas bewirken können. Etwas, das den jungen Leuten tatsächlich hilft“, wird er zitiert.

Lern- und Jobpatenverein existiert im Landkreis seit fast 15 Jahren

Die Umsetzung erfolgt inzwischen über eine enge Zusammenarbeit des Vereins mit einer pädagogischen Mitarbeiterin beim Landratsamt. Seit Beginn des Jahres ist diese Stelle mit Sozialpädagogin Karoline Bantle besetzt, heißt es in der Mitteilung weiter. Bantle koordiniert die Einsätze der Lern- und Jobpatinnen und -paten, berät und unterstützt sie und wirbt um weitere Frauen und Männer, die sich ehrenamtlich betätigen möchten. Zu diesen Menschen zählt auch Helmut Abele aus Bad Saulgau, der nicht nur als Lern- und Jobpate aktiv ist, sondern sich im Verein auch als stellvertretender Vorsitzender engagiert, heißt es weiter. Bevor er in den Ruhestand ging, machte er sich Gedanken darüber, was er mit der neu gewonnenen Zeit würde anfangen können. Ein Freund brachte schließlich den Einsatz als Lern- und Jobpate ins Spiel. „Der meinte: Das wäre doch etwas für Dich! Du kannst doch gut mit jungen Leuten“, sagt Abele, der sich beim Bad Saulgauer FC lange Zeit im Vorstand engagierte.

Verein „Engagement für berufliche Zukunft“

Im November 2021 nahm Helmut Abele Kontakt zum Verein „Engagement für die berufliche Zukunft“ auf. Wenige Monate später startete seine erste Patenschaft. Sein Schützling: ein aufgeweckter Achtklässler aus Bad Saulgau, der sich im Unterricht allerdings oft ablenken ließ. In Abstimmung mit den Eltern und der Schule trafen sich Abele und der Jugendliche fortan regelmäßig, um den Stoff zu vertiefen: Mathematik, Deutsch, Geschichte.

„Wir haben immer das gelernt, wo es Probleme gab oder Arbeiten anstanden“, berichtet der Lern- und Jobpate. Aber eben nicht nur das: „Wir haben uns auch privat unterhalten – zum Beispiel darüber, was er beruflich erreichen möchte.“ So erarbeiteten beide einen Plan B, nachdem es mit einem Ausbildungsplatz als Gas- und Wasserinstallateur nicht geklappt hatte. Gemeinsam tüftelten sie an einer Bewerbung für die Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker. Und siehe da, es klappte: Abeles Schützling fand tatsächlich eine Stelle bei einem entsprechenden Betrieb in Mengen. „Jetzt stehen wir weiterhin in Kontakt, wirklich helfen muss ich aber nicht mehr“, sagt Abele.

Helfer unterstützt Flüchtling aus Afghanistan

Andere Formen der Unterstützung sind bei Daniel Lis gefragt, der sich seit gut vier Monaten um einen jungen Mann aus Afghanistan kümmert. Dieser lebt seit einigen Jahren in Sigmaringen und beginnt nun eine Ausbildung zum Textilreiniger in Bad Saulgau. Gemeinsam arbeiten beide daran, sein Deutsch weiter zu verbessern. „Zum Beispiel Fachbegriffe rund um die Ausbildung und die Berufsschule“, sagt Lis. Um die Anfahrt seines 19-jährigen Schützlings zur zukünftigen Arbeitsstelle zu verkürzen, suchen beide außerdem nach einer Wohnung für ihn in Bad Saulgau. „Bei alledem kommen wir aber auch richtig ins Gespräch miteinander. Das ist das Coole“, sagt Lis. „Und allein einen Dank für meine Hilfe zu hören – das motiviert mich und gibt mir das Gefühl, meine Zeit richtig zu investieren.“

Paten wollen junge Leute unterstützen

Die freie Zeit sinnvoll investieren – das möchte auch Harald Müller aus Hohentengen, der vor rund einem Jahr in den Ruhestand gegangen ist. Zuvor leitete er unter anderem das Zentrum für Aus- und Fortbildung beim Technischen Hilfswerk (THW). „Ich glaube, ich kann gut mit Menschen umgehen, sie motivieren und mich in ihre Lage hineinversetzen“, sagt Müller. „Außerdem möchte ich jungen Leuten gerne bestimmte Werte vorleben: Pünktlichkeit, Disziplin, Empathie.“ Einen Einsatz als Lern- und Jobpate, aber auch ein Ehrenamt im Verein „Engagement für die berufliche Zukunft“ kann er sich daher gut vorstellen. „Unsere Gesellschaft verändert sich, entwickelt sich weiter. Das Gleiche gilt für den Verein, der einen wichtigen sozialen Auftrag übernimmt“, sagt Müller. „Dazu möchte ich gerne einen Beitrag leisten.“

Arbeit ist mehr als klassische Nachhilfe

Welche Eigenschaften ein/e Lern- und Jobpatin für diese Tätigkeit mitbringen muss, lässt sich dabei nicht pauschal festlegen, sondern das hängt immer von den Bedürfnissen des jeweiligen Schützlings ab. Deshalb werden auch stets individuelle Ziele festgelegt, die diese gemeinsam mit ihren Paten erreichen wollen. Lern- und Jobpatinnen und -paten leisten laut Mitteilung des Landratsamts deutlich mehr als klassische Nachhilfe: Sie sind demnach auch Türöffner, Brückenbauer sowie Bezugs- und Vertrauenspersonen im Übergang zwischen Schule und Beruf. „Das Wichtigste ist, dass jemand gerne mit Jugendlichen zusammenarbeitet“, sagt die Sozialpädagogin Karoline Bantle.