Tiengen Mit dem Besuch des jüdischen Friedhofs hat in Tiengen der Europäische Tag der jüdischen Kultur geendet. Der Freundeskreis jüdisches Leben Waldshut-Tiengen hatte ein Programm zusammengestellt, das wie in 30 anderen Ländern dazu beitragen sollte, das europäische Judentum, seine Geschichte, Traditionen und Bräuche bekannter zu machen. Am Nachmittag war das jüdische Zimmer im Heimatmuseum im Schloss Tiengen geöffnet. Ein knappes Dutzend Interessierte folgte der Einladung des Freundeskreises, auf zwei Rundgängen die Spuren der einstigen jüdischen Gemeinde zu erkunden. Mit Gebhard Kaiser ging es vom Schloss durch das westliche Tiengen zum jüdischen Friedhof. Bei der Johann-Peter-Hebel-Schule sprach er über die Veränderungen an der Volksschule nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933.

Kaiser erläuterte: „Für die Juden sind Friedhöfe ganz besondere Orte, sie sind gleichzeitig Orte des Lebens und der unantastbaren Totenruhe.“ Er sprach auch über das Vorhaben des Freundeskreises, dem Friedhof sein „Gesicht“ zurückzugeben. „Auf dem gesamten Gelände verteilt werden 20 grabsteinförmige Stelen aus rostendem Stahl aufgestellt, die auch unsere Vergänglichkeit zum Ausdruck bringen sollen.“

Das Gelände an der Feldbergstraße wurde um 1760 von der Jüdischen Gemeinde Tiengen zur Totenbestattung gepachtet. In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurde der Friedhof von den Nationalsozialisten zerstört. Beschädigte Grabsteine wurden zum Bau einer Stützmauer im Seilerbergweg verwendet. Aus diesen Grabsteinfragmenten wurde 2000, im Jahr der Wiedereröffnung des Friedhofs, ein Mahnmal errichtet.

Monika Geng führte ihre Gruppe zur früheren Synagoge, zum Frauenbad, zur früheren israelitischen Schule, zur hebräischen Druckerei und zur jüdischen Metzgerei. Beim Marienbrunnen war ein jüdisches Geschäftsviertel mit Pferde- und Geflügelhändler. Dort gab es auch Möbel, Aussteuer, Lederwaren und Schuhmacherbedarf zu kaufen.