Ingrid Böhm-Jacob

Frau Klein, die Mehrheit im Gemeinderat hält den öffentlichen Nahverkehr für so leistungsfähig, dass sie keinen zusätzlichen Bürgerbus in Gang setzen möchte. Warum ist die SPD-Fraktion dennoch davon überzeugt, dass dieses Angebot Sinn macht und ins Laufen kommt?

Weil ein Bürgerbus oder -Mobil eine Ergänzung zum öffentlichen Linienbusverkehr ist. Wir denken, es gibt einen Bedarf oder Zielgruppen, die auch wenn der Nahverkehr mit vielen Haltestellen und mehreren Linien gut ausgebaut ist, dieses Angebot nicht nutzen können. Zum Beispiel sind einige Haltestellen und Busse nicht barrierefrei. Es nützt nichts, selbst wenn jede Stunde ein Bus fährt, wenn man ihn nicht benutzen kann.

Was denken Sie, was gerade in den Dinkelbergorten fehlt?

Wenn ich zu älteren Leute gehe, um als Ortsvorsteherin zum Geburtstag zu gratulieren, wird mir oft gesagt: Es ist schwierig, ich möchte hier wohnen bleiben, aber ich komme gar nicht in die Stadt, weil ich nicht mobil bin, den Bus nicht nehmen kann, oder mit Rollator oder Stöcken unterwegs bin. Deshalb muss ich immer meine Familie oder Freunde oder Bekannte fragen. Die helfen zwar gerne, wenn es geht, aber die haben halt auch nicht so viel Zeit. Es wäre einfach schön, wenn man die Möglichkeit hätte, einfach so in die Stadt zu kommen.

Das müsste dann ein Bus sein, der individuell und auf Abruf im Einsatz ist?

Genau. So stellen wir es uns vor. Es gibt ja über 70 verschiedene Bürgerbusmodelle in Baden-Württemberg, die funktionieren. Jedes ist aber ein bisschen anders und auf den Bedarf zugeschnitten. Uns schwebt ein Modell vor, wie es in Efringen-Kirchen gehandhabt wird.

Was ist daran besonders?

Man meldet die Fahrt an, die man wünscht, spätestens am Tag vorher und wird direkt an der Haustür abgeholt. Da kann auch mal der Fahrer oder die Fahrerin beim Einsteigen helfen. Man bekommt auch Hilfe, wenn man eine schwere Tasche hat. Und hinterher wird man auch wieder zurückgebracht und vor die Haustüre gefahren.

Wie muss das Ergebnis der Befragung aussehen, damit es Sinn macht, das Projekt weiterzuverfolgen?

Wir lassen uns da selber überraschen, glauben aber, dass sich ein Bedarf zeigen wird. Wir fragen nicht nur ab, wer ein Dinkelbergmobil benutzen würde, sondern auch, wer sich vorstellen kann in einer Trägerorganisation mitzumachen, oder ein paar Stunden im Monat so einen Bus zu fahren. Wir fragen auch ab, wie oft jemand so ein Bürgermobil benutzen würde und an welchen Tagen es am ehesten fahren soll.

Im Gemeinderat hat der Nahverkehrsexperte Grosse als größte Schwierigkeit bei allen bürgerschaftlich organisierten Bussen die Verlässlichkeit des ehrenamtlichen Betriebs genannt. Warum sind Sie dennoch zuversichtlich, dass sich dafür genügend Fahrer finden?

Wir sehen, dass es in vielen Gemeinden sehr gut funktioniert. Wir haben uns bei anderen Initiativen informiert und speziell nach Fahrern gefragt. Man hat uns gesagt, das läuft sehr gut. Die haben auch keinen großen Wechsel. Die Leute, die anfangen, bleiben auch in der Regel dabei. Es wurden nur positive Erfahrungen geschildert. Es war sogar die Rede davon, dass in einer Initiative eine regelrechte Warteliste besteht. Da beschweren sich Fahrer, dass sie so selten fahren dürfen.

Die Fahrer zu finden, stellt demnach keine hohe Hürde dar?

Es ist sicherlich eine Aufgabe, aber wir denken, dass das lösbar ist. Ich kenne selber jemanden, der einen Bürgerbus gefahren hat, der hat das gern gemacht. Man setzt sich für die Allgemeinheit ein, hilft anderen, bleibt aktiv und verbringt seine Freizeit sinnvoll und hat Kontakte mit anderen Menschen. Ich denke, das ist für viele eine Motivation das zu machen.

Wie viele Fahrer werden Sie für das Modell Dinkelberg brauchen?

Das Modell lässt sich nicht so einfach abgrenzen. Das Einsatzgebiet wird das Stadtgebiet sein, die Kernstadt und die Ortsteile. Wenn jemand in die Stadt fährt, fährt der Dinkelbergbus auch wieder zurück. Das heißt somit nicht, dass es ein Modell nur für den Dinkelberg ist. Wir fangen da mal an. Das lässt sich aber erweitern. Zur Zahl der Fahrer kann ich noch nichts sagen. Das hängt von ganz vielen Dingen ab. Zum Beispiel davon, wie oft man überhaupt fährt. Es ist nicht gesagt, dass dieses Bürgermobil jeden Tag fährt. Man kann ja mit zwei Tagen pro Woche anfangen. Mal sehen, was der Fragebogen sagt. Ist es dann sinnvoll weiter zu machen am Projekt. Wenn ja an welchen Wochentagen. Eine Fahrerin hat sich übrigens schon gemeldet.

Damit das Mobil fährt, brauchen sie auch ein Fahrzeug. Wie soll das angeschafft werden, das Mobil soll sich ja wirtschaftlich selbst tragen.

So kann man es nicht sagen. Nach unserem Modell würden die Fahrten kostenlos sein. Es gibt aber eine Spendenkasse. Viele Initiativen arbeiten so. Es hat Vorteile, wenn man es so macht und keinen festen Fahrpreis verlangt. Für die Anschaffung des Busses gibt es Fördermöglichkeiten übers Land und auch sehr gute Informationen dazu bei der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg. Man staunt, was alles möglich ist. Es wären auch Sponsoren gefragt. Der Bus kann Werbeträger sein. Und wir hoffen schon auch auf eine Form der Unterstützung durch die Stadt. Auch da gibt es ganz verschiedene Modelle. In manchen Gemeinden übernimmt die Stadt die Benzinkosten. Ich finde es wichtig, dass man optimistisch an die Sache geht. Wenn man so viele positive Beispiele sieht, wie es funktioniert, dann sollten wir uns in Rheinfelden die Chance geben, es zumindest auszuloten. Wir wollen motiviert an die Sache herangehen.

Wenn der Rücklauf dies unterstützt, gehen Sie dann gleich an den Start. Wann könnte der sein?

Es gibt noch viele Vorarbeiten. Die Erfahrung zeigt: Von der ersten Planung, bis ein Bus dann fährt, muss man mit einem Jahr rechnen, es können auch zwei werden. Das ist so der Richtwert. Wenn der Rücklauf sich sehr positiv gestaltet, werden wir sicherlich die Werbetrommel rühren – auch in der Innenstadt natürlich. Wir würden eine Trägerorganisation gründen. Das muss nicht unbedingt ein Verein sein. Wir würden einen Pool mit Fahrerinnen und Fahrern aufbauen, alle Fördermöglichkeiten abklären, Unterstützer und Sponsoren suchen. Wir würden Infoveranstaltungen organisieren für alle, die mitmachen.

Wir heißt, das ist ihre SPD?

Wir würden alles anstoßen, aber Ziel ist, dass man eine Trägerorganisation gründet. Wir wollen nicht als SPD Minseln/Dinkelberg diesen Bus betreiben.

Fragen: Ingrid Böhm-Jacob