StadtarchivarMartin Blümcke

Um das Jahr 500 haben alemannische Adelige ihrem Schutzherrn, dem ostgotischen König Theoderich im norditalienischen Ravenna, Rheinlachse zukommen lassen, im Sommer in Salzfässern, im Winter mit Eisbrocken. Woher man das weiß? Der spätlateinische Schriftsteller Cassiodorus hat es überliefert. Ganz sicher wurden die Lachse am Hochrhein gefangen, vielleicht sogar in dem Fischerdorf links des Rheins, wo um 1200 die Stadt Laufenburg gebildet wurde.

Die Vermutung liegt nahe, denn im Bereich des Laufens, der Stromschnelle unter der Laufenbrücke, war das Wasser mit Sauerstoff angereichert. Hier ruhten sich die Salme aus, bevor sie gegen den drängenden Strom nach oben schwammen, um in die Aare mit ihren Zuflüssen, um in die Thur und bis zum Rheinfall zu gelangen, wo sie in klaren Bergbächen laichen wollten.

18. Jahrhundert: Diese Karte wurde anno 1785 von dem vorderösterreichischen Geometer Fridolin Leimgruber aufgenommen und gezeichnet. Sie ...
18. Jahrhundert: Diese Karte wurde anno 1785 von dem vorderösterreichischen Geometer Fridolin Leimgruber aufgenommen und gezeichnet. Sie zeigt die Fischwaagen unterhalb des Laufens. | Bild: Repro Richard Kaiser
Der elegante stromlinienförmige Salm, mit der Gattungsbezeichnung salmo solaris, den scharf geschnittene Flossen bewegen, ist eine Besonderheit, ein Lebewesen, das sowohl im Süßwasser wie im salzigen Meerwasser zu Hause ist. Im Spätherbst baut die Liedere, der weibliche Salm, mit Schwanzschlägen in den Bergbächen eine Laichgrube, in die sie ihren Rogen ablagert, während der männliche Salm seinen milchigen Samen darüber ausbreitet. Bei der Begattung verlieren die Fische bis zu 40 Prozent ihres Gewichts. Gerade einmal sechs Prozent der Eltern schaffen es als Kelt, wieder das Meer zu erreichen, erholen sich und schwimmen erneut rheinaufwärts.

Ein bis drei Jahre entwickelt sich der junge Lachs im heimischen Süßwasser als Brütling zum Parr, um dann als Smolt ins Meer abzuwandern. In den Weidegründen auf hoher See wächst der Salm rasch heran, vervielfacht sein Gewicht und wird geschlechtsreif. Das Meer erreicht der Smolt mit 30 bis 40 Gramm, nach drei Jahren wiegt der Fisch im Durchschnitt zehn Kilogramm. Bis zum Doppelten ist möglich bei einer Länge von 70 bis 110 Zentimetern. Dann zieht der Salm wieder zurück in seine Bergheimat. Der Aufstieg, meistens bei Nacht, geschieht in Gruppen von 30 bis 40 Stück ohne jegliche Nahrungsaufnahme im Süßwasser in rund acht Wochen. Dabei verlässt sich der Fisch auf seinen Geruchssinn.

Zwischen Basel und dem Rheinfall wurde dem Salm nachgestellt, besonders jedoch in Laufenburg. Vor der Laufenbrücke mit der Stromschnelle und in der felsigen Enge ruhten sich die Fische aus. Ende Juni und im Juli und August kamen die ersten Salme an, wie man sie vom längsten Tag am 21. Juni bis zur längsten Nacht am 21. Dezember nannte. Sonst hieß der Fisch – nach dem Ablaichen – Lachs und war keine Delikatesse mehr. Nach dem Sommersalmen erreichten im Herbst die Laichlachse ihre nasse Heimat.

Die Niederländer fingen die Salmen in der Rheinmündung mit bis zu 50 Meter breiten Netzen. Solche Fangmethoden mit Garn, wie man am Hochrhein sagt, kannte man auch, zum Beispiel mit Stangengarn, wobei die zwei Fischer in ihrem Weidling mit einer Stange das Netz hielten. In Laufenburg liefen die Fischer mit Bähren über die Felsen am Ufer in der Hand eine bis zu fünf Meter lange Stange, an der Eisenring und Netz befestigt waren. So spürten sie die wartenden Salme auf.

Am Laufen und in der Enge gab es 22 Salmenwaagen, mundartlich Wooge. Das waren Plätze, die man kaufen und vererben konnte. Hier legte man Reusen aus, die an den besten Plätzen sogar aus Eisen geschmiedet waren. Am Schweizer Ufer am Zollhaus hängt noch eine solche. Man hatte auch Salmenhügen, bei denen das Netz mit einem hölzernen Holzfisch im Wasser lag. Schwamm ein Salm darüber, so konnte das Netz mit einer Hebelwirkung plötzlich nach oben geschnellt werden, wo der Fisch mit einem Käscher eingefangen wurde. Der größte Hügen hinter dem Mittelpfeiler gehörte der Fischerfamilie Rueb.

Schon vor dem Bau des Kraftwerks war die Zahl der wandernden Salme zurückgegangen. Nachdem man 1908 mit dem Bau einer steinernen Sperre von Ufer zu Ufer begonnen hatte, entschädigten die Aktionäre auf der Schweizer Seite drei Berufsfischer mit je 10 000 Franken, auf badischer Seite erhielt Adolf „Götti“ Rueb als letzter Salmenfischer 10 000 Goldmark. 1912 war die Sperrmauer des Kraftwerks geschlossen, für die Laichzügler gab es kein Durchkommen mehr. Da sie die Fischtreppe nicht annahmen, war das Kapitel Salmenfang von Laufenburg bis zum Rheinfall ein für alle Mal beendet.

Literaturtipp

Soeben erschienen: Heiner Matzinger „Der letzte Lachs am Rheinfall – Lachsfischerei am Hochrhein im Zeitalter der Industrialisierung“. Meier Buchverlag Schaffhausen, 192 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, Preis: 49 Franken.